07.05.2015

200 Jahre Provisorium

Von Anne Burgmer

«Ein ideales Bistum ist nicht zu gross und nicht zu klein und hat sein Zentrum in der wichtigsten Stadt» wird Walter Müller, Sprecher der Schweizer Bischofskonferenz am 3. Mai 2015 in der Zentralschweiz am Sonntag zitiert. Das Thema der Neueinteilung der Schweizer Bistümer geistert derzeit durch die Medien.

Im März erschien ein Artikel in der Schweiz am Sonntag: Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) prüfe derzeit eine Neueinteilung der Bistümer. Bereits in den 1970er Jahren hatte eine Kommission im Auftrag der SBK verschiedene Vorschläge vorgelegt. Ebenso richteten die Zürcher Katholiken 1990 an die SBK ein Gesuch, die Errichtung eines eigenen Bistums zu prüfen. Wohlgemerkt: Mit Unterstützung des damaligen Bischofs von Chur, Johannes Vonderach. Erneut aufgegriffen wurde dieses Anliegen 2011, bislang ohne konkrete Ergebnisse.

Motion im Thurgau
Im Thurgau gab es im Jahr 2014 eine Motion, die einen Anschluss des Thurgau an das Bistum Sankt Gallen, ein neues Bistum Zürich oder ein neues Bistum Nordostschweiz vorschlug. Der Kirchenrat empfahl die Motion zu Ablehnung. Es sei nicht Aufgabe der Landeskirche, aktiv eine Veränderung zu fordern, die erheblichen Einfluss auf das Verhältnis der Kirche zu den Kantonen habe. Detlef Kissner, leitender Redaktor des Pfarreiblatts der Bistumskantone Thurgau und Schaffhausen, meint dazu: «Ich habe den Eindruck, dass viele im Thurgau und Schaffhausen offen einem Bistumswechsel gegenüberstehen, es aber nicht als ihr Aufgabe ansehen, die Initiative dafür dazu ergreifen.» Die Synode folgte der Empfehlung des Kirchenrates und lehnte die Motion ab.

Zwei Fragen
Dennoch: Die Frage steht im Raum. Die SBK bestätigt, dass sie sich mit dem Thema beschäftigt. Den Bischöfen sei bewusst, dass die derzeitige, 200 Jahre alte und ursprünglich provisorische Aufteilung, ein Ungleichgewicht aufweise. «Es geht konkret um zwei Fragen», erklärt Werner Müller auf Anfrage. «Einerseits steht die Anfrage aus Zürich im Raum. Andererseits wird geprüft, ob Genf als eigenes Bistum errichtet wird. Bischof Charles Morerod führt dazu derzeit Konsultationen durch. Auch, weil der derzeitige Weihbischof bald die Altersgrenze erreicht. Es stehen klar pastorale Überlegungen im Vordergrund. Auch, wenn eine Errichtung strukturelle und finanzielle Rückwirkungen mit sich bringen würden.» Noch nicht entschieden sei derzeit, ob es beim Studium der zwei Einzelprojekte bleibt, oder ob eine schweizweite Neueinteilung der Bistümer näher geprüft werden soll.

Bischof Felix ist zufrieden
Und das Bistum Basel? Zumindest der Artikel in der Schweiz am Sonntag, der sich auf alte Pläne von 1986 bezieht, weist unter Anderem ein Bistum Luzern aus, das Bistum Basel würde demnach nicht nur im Osten territorial kleiner. Tobias Fontein, Bistumsregionalverantwortlicher der Region Sankt Urs, zeigte sich überrascht über den entsprechenden Artikel: «Mein Kenntnisstand ist, dass eine Neufestlegung von Bistumsgrenzen im Bistum Basel überhaupt kein Thema ist.» Und Bischof Felix stellt in einer Medienmitteilung klar, er sei mit dem Bistum Basel, wie es ist, zufrieden.

Überschaubares Bistum
Dennoch: Das Bistum Basel ist gross, erstreckt sich über zehn Kantone. Wäre es nicht praktischer, wenn es überschaubarer wäre? Der Kommunikationsverantwortliche des Bistums Basel, Hansruedi Huber, sagt dazu: «Das Bistum Basel ist sehr überschaubar. In anderen Ländern sind die Bistümer viel grösser. Der Vorteil eines grossen Bistums ist der Austausch zwischen den einzelnen Regionen. Ausserdem funktioniert die Zusammenarbeit mit den staatskirchenrechtlichen Körperschaften gut, es gibt also grundsätzlich keinen Anlass, die Bistumsgrösse zu verändern.»

Strukturen sind reformbedürftig
Auch im Aargau ist die Frage nach einer Neuregelung kein Thema. «Wir fordern das nicht proaktiv. Auch, weil wir sonst unserer Mitbestimmungsrechte verlustig gehen könnten. Praktischer wäre ein kleineres Bistum bestimmt, denn die Strukturen sind auf die heutige Zeit umgesetzt durchaus reformbedürftig. Unabhängig davon, welche Grenzen wo gezogen würden, müsste mitangedacht werden, welche diözesanen Dienste in welchen neuen Bistümern zwingend verankert werden müssten», gibt Luc Humbel, Kirchenratspräsident der Landeskirche Aargau, zu bedenken.

Mitbestimmung erhalten
Die Frage nach der Mitbestimmung wird durchweg als wichtiger Punkt genannt. Würden die Grenzen eines Bistums verändert, müssten die Konkordate, also die Verträge zwischen der Kirche und den einzelnen Kantonen, aufgelöst werden. Das berührt in den Bistümern Basel und Sankt Gallen die Bischofswahl, und darüber hinaus die Mitbestimmung auf allen Ebenen und damit einen zentralen Punkt der Katholischen Kirche Schweiz. Es ist fraglich, ob diese Mitbestimmung im Fall der Fälle erhalten werden könnte.

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