12.10.2016

Da, wo du bist, ist Leben für alle

Von missio/cf

Der Oktober ist Weltmissionsmonat. Und seit 1926 wird am vorletzten Sonntag im Oktober der Weltmissionssonntag gefeiert. Die Idee dahinter: Die Gläubigen sollen sich bewusst werden, dass die Kirche weder an der Pfarrei-, Bistums- noch an der Landesgrenze endet, sondern eine weltweit vernetzte Gemeinschaft bildet.

Erstmals in der Schweiz wurde am 1. Oktober 2016 der Weltmissionsmonat mit einem Gottesdienst eröffnet. Als Ort des Feierns wurde die Kirche St. Theres in Freiburg gewählt, denn die Heilige Thérèse von Lisieux ist Patronin der Weltmission. Sie verstand ihre Lebensaufgabe darin, nicht das Aussergewöhnliche, sondern das Gewöhnliche aussergewöhnlich gut zu vollbringen.

Katholisch – alle umfassend

Der Weltmissionssonntag führt zur Mission, dem grundlegenden Auftrag der Kirche, das Leben zu mehren. Martin Brunner-Artho, Direktor von Missio Schweiz, dem internationalen katholischen Missionswerk: «Wenn Menschen sich berühren lassen vom Schicksal des anderen, wird das Nebeneinander zum Miteinander. Oder wie es das Leitthema der diesjährigen Aktion ausdrückt: Da, wo du bist, ist Leben für alle. Denn auch die Liebe Gottes endet weder an der Pfarrei-, noch an der Bistums- oder Landesgrenze.»

Geben und Nehmen

«Tatsächliche Freundschaft ist Freundschaft in der Tat», besagt ein kenianisches Sprichwort, das zum Weltmissionsmonat beziehungsweise Weltmissionssonntag passt. Denn zur Feier der Gemeinschaft gehört die Feier der Solidarität. Weil der Weltmissionssonntag rund um den Globus stattfindet, wird auch in allen Pfarreien dieselbe Kollekte aufgenommen, ob sie nun arm oder reich ist, im Norden oder Süden liegt.

Gastkirche Kenia

Zudem stellt Missio jedes Jahr im Monat der Weltmission die Kirche eines bestimmten Landes ins Zentrum. Im 2016 ist es Kenia. Die katholische Kirche ist erst seit gut 50 Jahren in Kenia präsent und wurde anfänglich als Hilfsorganisation gesehen. Die Herausforderungen, mit denen die Menschen in Kenia konfrontiert sind, sind existentieller Natur. Deshalb ist die Kirche gefordert, existentiell relevante Antworten zu geben. Bildung ist einer der Schwerpunkte der dortigen kirchlichen Arbeit. Sie eröffnet Männern und Frauen Räume, um Verantwortung in Kirche und Gesellschaft zu übernehmen.

Chefin werden

«Heute gibt es Frauen, die in ihren Volksgruppen Chiefs oder Assistent Chiefs sind.» erklärt Yolanda Mavasa stolz. «Nicht so wie früher, als eine Frau keine Chance hatte, ein solches Amt inne zu haben.» Die zierliche Frau gehört zur Ethnie der Turkana, einem traditionellen Nomadenvolk im Norden Kenias. Zusammen mit weiteren Frauen und Männern aus fünf verschiedenen Ethnien nimmt sie an einer Weiterbildung der katholischen Kirche im Bistum Maralal teil. Hier im Norden Kenias ist eine funktionierende Infrastruktur kaum vorhanden. Es fehlen Schulen, Gesundheitsstationen und andere soziale Einrichtungen. Umso wichtiger ist deshalb das Bildungsangebot der Kirche.

Entscheidungen treffen

Vom Bildungsprogramm profitieren vor allem Mädchen und junge Frauen. «Wenn du eine Ausbildung erhältst, kannst du selber Entscheidungen treffen», unterstreicht Francisca Serianae selbstbewusst das Engagement der Kirche. Francisca, eine Samburu-Frau, weiss, wovon sie spricht. In der Kultur ihrer Ethnie gibt es die Beschneidung von Mädchen und die Kinderehe: «Manchmal wurden zwölfjährige Mädchen 35-jährigen Männern gegeben.» Aber hier vollzieht sich ein Wandel, wenn auch nur langsam.

Es sind zum Beispiel die Ordensfrauen der Mary Immaculate Kongregation, die betroffene Mädchen in einem Zentrum aufnehmen und vor einer Kinderehe schützen. «Sie helfen wirklich», sagt Francesca über die Arbeit der Schwestern und resümiert: «Durch Bildung und das Christentum verändern sich die Dinge Schritt für Schritt zum Besseren.»

Die Früchte der Arbeit sehen

Der italienischstämmige Bischof Virgilio Pante aus dem Bistum Maralal in Nordkenia erzählt – nicht ohne Stolz – von den Erfolgen der Bildung: «Diejenigen, die vor dreissig Jahren in unseren Schulen waren sind heute Führungspersonen. Viele, die sich in der Politik hier engagieren, waren unsere Schüler.» Überdies hilft der gemeinsame Glaube auch, die Grenzen zwischen den Ethnien zu überwinden. Francisca Serianae: «Wir sind viele aus unterschiedlichen Gemeinschaften, doch im Moment, wenn wir zur Kirche kommen, werden wir eins.»

Stärker und aktiver werden

Ruth Soo Oloko ist den kirchlichen Schulen dankbar, da sie ihr die nötige Bildung ermöglicht haben: «Zusammen mit Katechetinnen und Katecheten habe ich Bücher gelesen und entdeckt, dass in der Kirche die Person gebildet wird.» Die ganzheitliche Bildung, die sie geniessen durfte, hat sie reifen lassen genossen: «Diese Bildung hat mich verstehen lassen, wer ich in der Kirche bin und welche Rolle ich dort habe, gerade als Frau. Ich hatte ein grosses Interesse am Lernen, sodass ich meinen Glauben an Jesus Christus besser verstehen konnte und er stärker und aktiver wurde.»

Ohne Frauen wäre die Kirche langweilig

Ruth arbeitet in Karen, in einer Pfarrei am Rand der Millionenstadt Nairobi in Kenia. Sie ist Animatorin und Katechetin von Missio in Kenia und betreut verschiedene Kindergruppen. Das tut sie neben ihren Aufgaben als verheiratete Frau und Mutter von zwei kleinen Kindern. Ihre Erfahrungen als Familienmutter überträgt sie in ihr Wirken als engagierte Frau in der Kirche.

Licht der Kirche sein

Sie sagt es so: «Die Rolle der Frauen in der Kirche hier in Kenia verstehe ich so, dass wir unser Zuhause und die Kirche zum Leuchten bringen. Wenn ich nicht da wäre, würde sich mein Mann die ganze Zeit darüber beschweren, dass es zu Hause langweilig sei. Auch meine Kinder würden sich beschweren. Aber durch meine Präsenz ist unser Zuhause ein lebendiges Zuhause. Das Gleiche gilt für die Kirche: Eine Kirche ohne Frauen wäre eine langweilige Kirche und der Glaube wäre schwächer. Es gäbe keine Kinder mehr, weil die Frauen die Kinder in die Kirche mitbringen, ganz besonders die kleinen Kinder. Wir sagen immer, die Frau ist das Licht; das Licht der Kirche, das Licht in ihrem Heim.»

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