15.09.2016

Ein Ohr für die Schöpfung

Von oeku/abu

Im Jubiläumsjahr «30 Jahre oeku» (siehe ganz unten) beginnt die oeku eine neue Themenreihe zu den klassischen fünf Sinnen. Am Anfang steht der Hörsinn.

Bis 2020 folgen Riechen, Tasten, Schmecken und Sehen. Mit dem Slogan „Ein Ohr für die Schöpfung“ regt die oeku an, die Aufmerksamkeit auf die Klänge der Schöpfung zu richten und auch den Lärm wahrzunehmen, der die Schöpfung beeinträchtigt.

Die Schöpfung hört

Der Hörsinn spielt in den abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam eine zentrale Rolle. Denn diese Religionen haben ihren Ursprung im Wort Gottes, das den Menschen offenbart worden ist. Sogar die Schöpfung selbst geschieht durch das Wort (Gen 1; Joh 1,1). In der ersten Schöpfungsgeschichte gestaltet Gott die Welt durch sein Wort – Gott spricht und die Erde gehorcht, bringt Pflanzen, Wasserlebewesen, Vögel, Landtiere und den Menschen hervor.

Sinnliche Meditation

Die Schöpfungszeit bietet Kirchgemeinden und Pfarreien die Gelegenheit, die Aufmerksamkeit auf die Klänge der Schöpfung zu richten: Vogel- und Froschkonzert, Wind und Wetter, Worte und Musik. Es gilt aber auch, den Lärm wahrzunehmen, der die Schöpfung beeinträchtigt, oder den Wert der Stille zu entdecken – in der Meditation und in der Natur.

«Hörproben» aus dem Aargau

Claudia Rüegsegger, Katechetin und Ausbildungsleiterin an der Fachstelle Katechese Medien, Aarau

«Eben gurrt eine Wildtaube vom Rosengartenfriedhof herüber. Alle anderen Geräusche sind Menschen gemacht. Auch mein beidseitiger Tinnitus. Er behindert mein Hören von deutlichen auch sehr leisen und entfernten Geräuschen nicht. Wie ein Wattesieb legt er sich aber dumpf in meine Ohren bei undeutlichen oder mehrfachen Klängen. Quietschen, Knallen, Schreien wirken mehrfach verstärkt. Hören ist ein Phänomen. Hören ist der rote Faden für die Lange Nacht in der Kirche meiner Wohnpfarrei. Mit Mädchen und Jungs im Religionsunterricht zur Schöpfungszeit werde ich dafür ein Geräuschequiz vorbereiten. Was machen wir, wenn Gehörlose kommen?»

Marcel Notter, Generalsekretär Römisch-Katholische Landeskirche Aargau, passionierter Jäger und Naturschützer

«Ich höre zuallererst in die Natur, wenn ich frühmorgens in jagdlicher Mission den Hochsitz erklimme. Morgens um 4 Uhr ist es noch still. Nur das Rauschen des fernen Bachs ist zu hören. Es bleibt Zeit, in sich selbst zu hören. Was klingt in mir an? Bald beginnt die Dämmerung, die Dunkelheit schwindet. Eine Amsel eröffnet als Solistin das Waldkonzert, in das nach und nach das gesamte Vogel-Orchester miteinstimmt. Im Unterholz raschelt es – ein Dachs pirscht vorbei und verschwindet in seinem Bau. Die Tiere der Nacht legen sich schlafen. Der Tag für die Menschen ist erwacht.»

Bernhard Lindner, Gemeindeleiter St. Kosmas und Damian, Oeschgen, und Erwachsenenbildner bei Bildung und Propstei

«‚Ein Ohr für die Schöpfung‘ lädt uns ein, unsere Beziehung zur Natur, zu den Lebewesen aller Art zu überdenken: Habe ich ein Ohr für die Geräusche der Natur, für das Zirpen der Grillen, das Summen der Bienen, das Zwitschern der Vögel oder den Schrei des Milan? Unsere Welt ist sehr laut geworden, tagtäglich mit Verkehrslärm und Baulärm, mit der Lautheit der Medien- und Freizeitwelt. Unsere beschleunigte Wirtschaft lässt kaum Platz für Dinge die nicht unmittelbar Gewinn abwerfen. Gleichzeitig betrachtet sie die natürlichen Ressourcen als Gratisgaben, an denen man sich schrankenlos bedienen kann. Ein Ohr leihen steht auch dafür den Leidenden zuzuhören und Ihnen eine Stimme zu geben. So ist es gut der Natur eine Stimme zu geben. Und letztlich erinnert das „Ohr für die Schöpfung“ an den Schöpfer, daran dass sich keiner das Leben selbst gegeben hat und wir alle Teil dieses Wunderwerks sind.»

30-Jahr Jubiläum «oeku»

Am 6. Dezember 1986 wurde der ökumenische Verein «oeku Kirche und Umwelt» gegründet. Er entstand aus der ökumenischen Bewegung für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Das ist 30 Jahre her, mittlerweile ist «oeku» eine allseits anerkannte kirchliche Umweltfachstelle. Die «oeku» unterstützt Kirchgemeinden, Pfarreien und Landeskirchen mit schöpfungstheologischen Impulsen, Kursen und Praxisempfehlungen. Zudem vermittelt der Verein Beratungen.

Damals wie heute aktuell

Die «oeku» entstand in einer Zeit, als Katastrophen wie die Kernschmelze von Tschernobyl oder der Brand der Schweizerhalle das öffentliche Bewusstsein prägten. Die ökumenische Bewegung wurde dabei immer mehr zur Stütze von «oeku». Ein Gefäss waren die Europäpischen Ökumenischen Versammlungen. Bereits auf der ersten dieser Versammlungen 1989 in Basel wurden Umweltanliegen aufgenommen. Die Forderungen «einen neuen Lebensstil anzunehmen, der der Umwelt so wenig Schaden wie möglich zufügt», passt ohne Abstriche ins Heute. Später nahm die Versammlung Anregungen von «oeku» auf. So zum Beispiel die Einführung einer SchöpfungsZeit im Kirchenjahr.

Von der Basisorganisation zur kirchlichen Umweltfachstelle – Medienmitteilung 30 Jahre «oeku»

Flyer Jubiläumsanlass »oeku»

www.oeku.ch

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