20.03.2015

«Energiespar-Check» der Caritas Aargau

Von Marie-Christine Andres Schürch

Wer Mietschulden hat oder eine Budgetberatung braucht, findet den Weg in die Büros der Caritas Aargau. Neu besucht die Caritas die Menschen auch in ihren eigenen vier Wänden, montiert Sparlampen, neue Duschbrausen und berät beim Energiesparen.
In seiner täglichen Arbeit befasst sich André Meier mit den vielfältigen sozialen Problemen seiner Klienten. Monatelange Wohnungssuche, Berge von unbezahlten Rechnungen und lange Arbeitslosigkeit sind ihm nur allzu gut bekannt. Nun begibt sich der Mitarbeiter des Kirchlich Regionalen Sozialdiensts Baden aber gleich zweifach auf unbekanntes Terrain. Als Leiter des neuen Caritas-Projekts «Energiespar-Check» befasst er sich einerseits mit dem ungewohnten Thema Energiesparen. Andererseits kommen die Klienten für einmal nicht in sein Büro, sondern empfangen freiwillige Energiespar-Coaches in den eigenen vier Wänden.

Geldsparen kommt an zweiter Stelle
Mit dem Energiespar-Check verhilft die Caritas Aargau Menschen mit wenig Einkommen zu einer Energieberatung. Die Menschen erfahren, wie sie richtig lüften, stromsparend kochen und sorgsam mit Wasser umgehen können. Ziel des Projekts, das in einer Pilotphase von 2015 bis 2017 im Bezirk Baden läuft, ist, die Menschen im Umgang mit Energiefragen zu schulen. André Meier betont, dass der Energiespar-Check vor allem ein Bildungsprojekt ist: «Der bewusste Umgang mit Energie ist maximal 250 Franken im Jahr wert. Es geht also nicht in erster Linie ums Geldsparen. Wir wollen mit Bildung befähigen, kompetent mit Energie umzugehen.» Das Projekt passt zu den beiden Grundsätzen der Caritas «Existenzsicherung» und «Prävention». Sollten die heute sehr tiefen Energiekosten künftig steigen, hat die Anleitung zum Sparen nämlich auch einen präventiven Aspekt. Dazu kommt, dass die Mitarbeiter des Kirchlich Regionalen Sozialdiensts in der Beratung immer wieder mit Problemen rund ums Wohnen konfrontiert sind, wie André Meier weiss: «Leute mit tiefem Einkommen haben Mühe eine Wohnung zu finden oder müssen sie wegen Betreibungen verlassen. Der Energiespar-Check schliesst den Kreis, weil ja Energiesparen auch zum Wohnen gehört.»

150 Besuche als Ziel gesetzt
Für die Pilotphase des Energiespar-Checks kann die Caritas Aargau von Erfahrungen der Caritas St. Gallen profitieren, die das Projekt ebenfalls über drei Jahre durchgeführt haben. Die positiven Erfahrungen der St. Galler sowie das gute Echo bei den Vorabklärungen gaben den Ausschlag zur Lancierung des Energiespar-Checks. Die Caritas als Trägerschaft fand Geldgeber, die das Projekt in der Pilotphase finanzieren. Vor allem der Kanton sprach grosszügige Unterstützung, weitere Geldgeber sind die Stadt Baden, die Umweltarena Spreitenbach, die Elektrizitätswerke Gebenstorf und Oberrohrdorf, die ABB und die Energiefachstelle der Regionalwerke Baden. Ziel ist, nach den Sommerferien mit den Hausbesuchen zu beginnen, bis 2017 will die Caritas 150 Besuche realisieren.

Wichtigste Partner sind die freiwilligen Coaches
Die Beratung ist ein Angebot, das die Klienten der Caritas und der sozialen Fachstellen im Bezirk Baden freiwillig und kostenlos nutzen können. «Wir werden die Sozialdienste der umliegenden Gemeinden mit Flyern ausrüsten, damit diese ihre Klienten direkt ansprechen und motivieren können. Je näher der Kontakt, desto grösser das Vertrauen und damit die Aussicht auf Erfolg.» Die wichtigsten Projekt-Partner der Caritas sind aber die Freiwilligen. Sie sind es, die in Zweierteams als Energiespar-Coaches die Haushalte besuchen. Die Freiwilligen werden sowohl im Energie- wie auch im Sozialbereich geschult. Als Schulungspartner für die Energiefragen konnte die Caritas die Energiefachstelle Baden gewinnen. Das sozialarbeiterische Wissen gibt die Caritas selber an die Freiwilligen weiter. Vorgesehen sind zwei Besuche: der erste dient einer Bestandesaufnahme, bei der die Energiespar-Coaches gemeinsam mit den Bewohnern Stromrechnungen, Haushaltsgeräte und Heizung unter die Lupe nehmen. Beim zweiten Besuch beraten sie die Bewohner in Energiefragen und installieren Soforthilfen wie Energiesparlampen und wassersparende Duschbrausen. Im Gegensatz zu Hausbesitzern können Mieter nicht einfach neue Fenster einbauen oder die Isolation verbessern. Dazu kommt, dass solche baulichen Massnahmen mit hohen Kosten verbunden sind. Trotzdem können auch Mieter in Energiespar-Fragen aktiv werden, davon ist André Meier überzeugt: «Manchmal erreicht man zum Beispiel schon mit einem Wasserkocher einen Effekt. Solche kleineren Anschaffungen werden von der Caritas unterstützt.» Bestehen grobe Mängel in der Wohnung, etwa sehr alte Geräte oder Schimmel, kann die Caritas nach Rückmeldung der Energiecoaches mit der Verwaltung oder dem Eigentümer Kontakt aufnehmen. «Wir werden von Fall zu Fall entscheiden», erklärt André Meier.

Das Projekt soll Kreise ziehen
André Meier sieht die Freiwilligen als gleichberechtigte Projekt-Partner: «Wir stellen uns vor, dass sich an Umwelt- und Energiefragen Interessierte bei uns melden, die offen mit verschiedensten Menschen umgehen können.» Durch den Einsatz der freiwilligen Energiespar-Coaches ergibt sich ein Multiplikator-Effekt: die Freiwilligen erzählen in ihrem Umfeld von ihrer Tätigkeit, wodurch das Thema ein breiteres Publikum erreicht. Wichtig beim Energiespar-Check ist, dass immer der Klient entscheidet, welche Massnahmen er umsetzen will, und ob allenfalls der Vermieter kontaktiert werden soll. «Die Energiespar-Coaches stehen unter Schweigepflicht», betont André Meier. Um systematisch zu überprüfen, ob nach dem Hausbesuch Energie und Geld gespart werden konnten, ist die Caritas auf die Mitarbeit der Klienten angewiesen. Dessen ist sich der Projektleiter bewusst. Er betont aber: «Die dreijährige Pilotphase ist dazu da, Dinge zu probieren, von denen wir noch nicht wissen, ob und wie gut sie funktionieren.»   Marie-Christine Andres

 

Freiwillige gesucht
Ab Sommer 2015 werden Energiespar-Coaches in Zweierteams Haushalte mit geringem Einkommen besuchen und diese in Fragen rund um Strom, Wasser, Heizung und Raumklima beraten. Wir suchen freiwillige Helfer und Helferinnen als Energie-Coach. Die Freiwilligen erhalten von der Caritas und der Energiefachstelle Baden eine umfassende Ausbildung für ihre Tätigkeit als Energie-Coach. Eine Infoveranstaltung für interessierte Freiwillige findet statt am Donnerstag, 26. März 2015 um 18 Uhr im Chorherrenhaus, 1. Stock, Kirchplatz 12, bei der kath. Stadtkirche Baden. Anmeldung für den Infoabend per E-Mail an: esc@caritas-aargau.ch Weitere Infos: Caritas Aargau, André Meier, Projekt Energiespar-Check, T 056 210 93 55.

 

 

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