12.04.2017

Hilfswerkskassen investieren nachhaltig

Von Andreas C. Müller

Kirchliche Pensionskassen werden dem moralischen Anspruch der Kirche im Umgang mit Geld nur bedingt gerecht. Weiterführende Recherchen von Horizonte zeigen: Gewisse Hilfswerke machen es besser.

Im Rahmen der diesjährigen Fastenkampagne hatten Fastenopfer und Brot für alle umwelt- und sozialverträgliche Investitionen gefordert. Horizonte hat daraufhin nachgeforscht, wie es beim Thema Berufliche Vorsorge um die eigene Investitionspolitik der christlichen Hilfswerke bestellt ist. Das Resultat der Recherche ergab Erfreuliches, warf aber auch Fragen auf.

Abendrot und Nest listen alle Investitionen 

Mit Abendrot (Brot für alle) und Nest (Fastenopfer) haben sich die Zugpferde der Fastenkampagne zwei mittelgrossen Vorsorge-Einrichtungen angeschlossen (über 10 000 Versicherte, Volumen bei über 1,5 Milliarden Franken), die nicht nur einen differenzierten Nachhaltigkeits- und Umweltverträglichkeitsfokus implementiert haben, sondern auch im Bereich Transparenz keine Wünsche offen lassen: Jahresberichte, Anlage-Reglemente sowie auch die Liste aller gehaltenen Obligationen, Wertschiften und Liegenschaften im Detail können via Webseite eingesehen werden. Nebst einer Vielzahl von Ausschlusskriterien (auch Gentechnologie und Atomkraft) wird nur in Unternehmen investiert, die nach einer unabhängigen und systematischen Umwelt- und Sozialanalyse zu den Besten ihrer Branche gehören.

Vorbelastete Namen gibt’s auch bei den nachhaltigen Pks

Dass ein strenges Regelwerk greift, zeigt sich bei der Durchsicht des Wertschriftenverzeichnisses. Allerdings: Vorbelastete Namen wie Apple, Lafarge Holcim oder Nestle tauchen auch in den Portefolios von Nest und Abendrot auf. Dazu Stephan Bannwart, Mitglied der Geschäftsleitung von Abendrot: «Das Problem erklärt sich aufgrund der Benchmarkvorgaben für Pensionskassen sowie aufgrund der Anlagenauswahl des Best-in-Class-Auswahlverfahren durch die Mandatsbanken. Wir haben aber vor, bei der Auswahl von nachhaltigen Investitionen noch unabhängiger und besser zu werden. Entsprechende Schritte sind auf dem Weg.»

Caritas gewährt keine Einsicht

Caritas Schweiz und Caritas Luzern halten im Gegensatz zu Fastenopfer eine eigene kleine Pensionskasse mit insgesamt etwa 600 Versicherten (Volumen liegt bei rund 100 Millionen Franken). «98 Prozent unseres Kapitals haben wir in nachhaltige Anlagen investiert», erklärt Peter Dietschi, Präsident des Stiftungsrats der Pensionskasse der Caritas. Man orientiere sich an den Socially Responsible Investment-Richtlinen (SRI) ebenso wie am FTSE4Good-Index, der im Bereich der Corporate Social Responsibility die besten Unternehmen listet. Auch sei man Mitglied im Ethos-Engagementpool. Dieser führt mit Unternehmen weltweit einen Dialog über mögliche Verbesserungen im Bereich Umweltschutz und Einhaltung der Menschenrechte. Horizonte erhielt jedoch nicht die Möglichkeit, Jahresberichte, Anlage-Reglemente oder Wertschriftenverzeichnisse der Caritas-Vorsorge-Einrichtung einzusehen. Eine Webseite der Pensionskasse der Caritas existiert nicht. Den Versicherten gegenüber bestehe jedoch volle Transparenz, und die Reglemente und Jahresberichte seien im Intranet der Caritas aufgeschaltet, so Peter Dietschi.

Ethos: «Mehrere Tausend Franken für Dienste»

Die Zusammenarbeit mit Ethos ist hingegen nicht ganz unumstritten. Christian Boss, Geschäftsführer der Pensionskasse der Reformierten Landeskirche Aargau, erachtet sie «in der jetzigen Form als wenig sinnvoll» und erklärt, dass man sich, in enger Verbindung mit Vertrauenspersonen der Hausbanken, selbst um die Wahrnehmung der Stimmrechte bei investierten Unternehmen kümmere. Ethos habe für diese Dienstleistungen mehrere Tausend Franken gefordert. Hinzu komme, dass Ethos zwar Anlagen anbiete, diese aber zum grössten Teil durch Mandatsbanken betreuen lasse.

Urs Holliger von Ethos erläutert gegenüber Horizonte, dass klare Vorgaben den Investitionsprozess bei den Ethos Anlagefonds regeln: «In der ersten Phase definiert Ethos das strenge Nachhaltigkeits-Anlageuniversum,  in der zweiten Phase erfolgt das Stock-Picking des Asset Managers der unabhängigen Partnerbank aus dem von Ethos vorgegebenem Nachhaltigkeits-Anlageuniversum.» Weiter erklärt Urs Holliger: «Der Ethos Engagement Pool wird von seinen Mitgliedern finanziert und ist eine Dienstleistung, bei der im Namen seiner Mitglieder Ethos mit den börsenkotierten SPI-Unternehmen auf höchster Ebene – also mit Mitgliedern des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung – einen konstruktiven Dialog führt, um Verbesserungsprozesse in den Bereichen Umwelt, Soziales und Corporate Governance anzustossen.»

Das Bistum Basel setzt auf eine Versicherung

Die Bistümer befinden sich in einer ähnlichen Situation wie die Hilfswerke. Sie haben nur wenig Angestellte, weshalb eine eigene Pensionskasse in der Regel keinen Sinn macht. Im Falle des Bistums Basel sind es nur gerade 34 Personen, wie der Kommunikationsverantwortliche Hansruedi Huber gegenüber Horizonte erklärt. Das Seelsorgepersonal in den Pfarreien werde nämlich von den Kirchgemeinden angestellt.

Das Bistum Basel hat sich für die Vorsorge seiner Angestellten vor 14 Jahren der AXA-Gruppe angeschlossen. «Zum Zeitpunkt unseres Vertragsabschlusses war Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Pensionskassenanlagen noch kein Thema», so Hansruedi Huber auf die Frage, warum man sich nicht einer Vorsorge-Einrichtung angeschlossen habe, die sich profilierter im Bereich Umweltverantwortung und Nachhaltigkeit positioniert habe. Und er ergänzt: «Im Übrigen vertrauen wir darauf, dass AXA an der Entwicklung der Finanzbrache in diesem Bereich aktiv partizipiert».

Klimawandel als Chance

AXA selbst lässt via Nicole Hobelt, Head Media Relations, ausrichten, dass man sich bereits stark im Bereich Nachhaltigkeit engagiere: Die AXA Gruppe werde seit 2007 im globalen «Dow Jones Sustainability-Index» aufgeführt. «AXA gehört damit zu jenen Unternehmen, die strenge umweltrelevante, soziale und unternehmerische Kriterien erfüllen und aktiv managen, mit dem Ziel, sich stetig zu verbessern.» Alles sei auf der Webseite der AXA-Gruppe einsehbar, so Nicole Hobelt und verweist in diesem Zusammenhang explizit auf die unterzeichneten «UN Principles für Responsible Investments» und die Mitgliedschaft bei «Swiss Sustainable Finance». Die AXA habe überdies Branchen-Richtlinien zu «Controversial weapons», «Soft commodity derivates», «Palm oil and forestry» sowie «coal extraction and coal-based energy» erlassen und erst kürzlich bekanntgegeben, keine weiteren Investitionen in die Tabakindustrie zu tätigen.

Für Claude Amstutz vom Sustainable Finance-Team beim WWF Schweiz, das zusammen mit der britischen NGO «ShareAction» ein Nachhaltigkeitsrating der 20 grössten Pensionskassen der Schweiz erstellt hat, ergeben solche engagierten Bemühungen durchaus Sinn: «Gerade die Versicherer sind für nachhaltige Investitionen geradezu prädestiniert, weil sie sich schon jetzt mit den Konsequenzen des Klimawandels auseinandersetzen müssen.» Versicherer stünden durch die Klimarisiken gleich doppelt unter Druck. «Einerseits müssen sie mit häufiger auftretenden Schadensfällen rechnen, andererseits sind sie mit ihren Kapitalrücklagen im fossilen Energiesektor investiert – der Sektor, welcher massgebend für den Klimawandel mitverantwortlich ist und deren Aktienwerte zu Überbewertungen tendiert. Die Versicherer laufen somit Gefahr zukünftig wachsende Schäden zahlen zu müssen, während ihre Kapitalrücklagen vor möglichen grösseren Abschreibungen stehen.

 

Mehr zum Thema:

https://www.srf.ch/sendungen/blickpunkt-religion/kirchliche-pensionskassen-wie-nachhaltig-sind-sie

 

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