05.07.2016

«Ich kämpfe so lange, bis ich Priesterin bin»

Von Andreas C. Müller

Die katholische Theologin Jacqueline Straub hofft, bis in spätestens 20 Jahren Priesterin zu sein und fordert ihre Berufung öffentlich ein. In Muri präsentierte sie ihr neues Buch und stellte sich den Fragen interessierter Aargauer Katholiken.

Die Bibliothek im Kloster Muri platzt an jenem Montagabend, den 4. Juli 2016, aus allen Nähten. Noch nie so voll sei es hier gewesen, erklärt Urs Pilgrim als Moderator des Abends freudig und geht dann dazu über, den Anwesenden Jacqueline Straub vorzustellen. Aber im Grunde muss er das nicht. Alle kennen sie. Nachdem die 25-jährige Theologin regelmässig in den Medien für ihr Anliegen wirbt – allein in den letzten Tagen vor der Buchvernissage in verschiedenen Zeitungen, in «Sternstunde Religion», «Schweiz aktuell» und im «Regionaljournal Aargau-Solothurn» – bedarf Jacqueline Straub keiner weiteren Vorstellung mehr.

Medienmarathon für Priestertraum

In Muri, wo sie seit ein paar Jahren lebt, präsentiert Jacqueline Straub an jenem Montagabend ihr neues Buch: «Jung, katholisch, weiblich – Weshalb ich Priesterin werden will». Dieser Traum hat Jacqueline Straub berühmt gemacht.

Die junge Deutsche weiss die Menschen gekonnt für sich einzunehmen. Bereits im Vorfeld der Veranstaltung ist sie in der Bibliothek zugegen, begrüsst Bekannte und Freunde, wechselt mit diesem oder jenem Anwesenden ein Wort. Starallüren scheinen der jungen Frau trotz ihrer enormen Popularität fremd.

Erfrischend quirlig und lebend erzählt sie von ihrem Traum, katholische Priesterin zu werden. «Ich bin nichts Besonderes, aber mein Wunsch ist es», berichtet sie den versammelten Anwesenden. «Und ich bin nicht die einzige Frau, die sich zur katholischen Priesterin berufen fühlt.»

Das Thema bewegt. Die für eine Vernissage übliche Lesung dauert vergleichsweise kurz. Es bleibt ausgiebig Zeit für Fragen aus dem Publikum. Und die Anwesenden nehmen die Gelegenheit gerne war.

«Gut, dass die Stellung der Frau im Vatikan diskutiert wird»

Welche Gründe werden denn von der offiziellen Kirche gegen das Frauenpriestertum angeführt? Wie kann man die Anliegen der Frauen nach Gleichberechtigung in der Römisch-Katholischen Kirche möglichst wirkungsvoll unterstützen? Ob die Diskussion über den Diakonat der Frau ihrem Anliegen entgegen komme? Die Fragen aus dem Publikum sind vielfältig. «Sicherlich wäre der Diakonat ein erster wichtiger Schritt», antwortet die Buchautorin. «Aber es darf nicht darauf hinauslaufen, dass man die Frauen damit abspeist. Auf jeden Fall aber sei es gut, dass die Frage nach der Stellung der Frau in der Kirche endlich auch im Vatikan diskutiert werde.

«Und was würden Sie tun, damit die jungen Leute wieder in die Kirche kommen?», will eine Frau wissen. «Ich würde neuen Wind bringen und mich um eine neue Glaubwürdigkeit bemühen», antwortet Jacqueline Straub. «Gottesdienste müssen überdies attraktiv gestaltet und in einer Sprache gehalten werden, die auch junge Leute verstehen.»

«Zölibat wird freigestellt»

Warum sie denn nach Abschluss ihres Studiums nicht den Weg in die berufliche Seelsorge anstrebe, will eine Pastoralassistentin wissen. Das erscheine ihr nicht als der geeignete Weg, entgegnet Jacqueline Straub. «Zu gross wäre die Gefahr, als Angestellte – abhängig vom Lohn – nicht mehr in gleichen Masse für mein Anliegen eintreten zu können.»

Und wie sie denn über den Zölibat denke, so eine weitere Frage aus dem Publikum. «Ich glaube, dass der Zölibat irgendwann einmal freigestellt wird. Das heisst, katholische Priester werden später selber entscheiden dürfen, ob sie Familie haben dürfen oder nicht.»

«Auch Felix Gmür unterstützt mich»

Und ob sie denn auch Unterstützung habe von kirchlichen Würdenträgern. «Ja», antwortet Jacqueline Straub. Da gebe es ganz viele Priester. «Und auch Bischof Felix Gmür unterstützt mich, auch wenn er das öffentlich so nicht sagen würde», ergänzt die junge Frau lächelnd.

Wie lange sie bereit wäre, diesen Kampf für ihren Traum zu führen, will jemand wissen. «Ich werde so lange kämpfen, bis ich Priesterin bin. Und wenn ich es nicht schaffe, dann habe ich bestimmt etwas für jene Frauen gemacht, die nach mir kommen. Genauso wie ich es engagierten Frauen vor mir zu verdanken habe, dass ich Theologie studieren konnte.

«Papst Franziskus hat den Schlüssel»

Die unermüdliche Bereitschaft von Jacqueline Straub, die vielen Fragen zu beantworten, die spürbare Energie und Begeisterung der jungen Frau – auch noch nach knapp zwei Stunden – lassen erahnen, dass sie sich nicht so schnell auf ihrem Weg entmutigen lassen wird. «Als ich begonnen habe, meine gefühlte Berufung öffentlich zu machen, haben mich die Leute gewarnt, dass ich vom Studium ausgeschlossen würde, ja sogar exkommuniziert würde. Nichts von dem ist geschehen.» Auf den Einwand aus dem Publikum, dass Papst Johannes Paul II doch die Tür für Frauen als Priesterinnen unwiderruflich geschlossen habe, entgegnet Jacqueline Straub: «Johannes Paul II hat zwar die Tür geschlossen, aber Franziskus hat den Schlüssel.»

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