07.06.2016

Jeden Montag eine Überraschung

Von Andreas C. Müller

Montags treffen sich in Suhr jugendliche Flüchtlinge zum Fussballtraining. Bereits haben die ersten den Sprung in die lokalen Vereine geschafft.

Es regnet in Strömen. Gleichwohl haben sich auf dem Fussballplatz in Suhr eine Gruppe Afghanen und drei Eritreer zum wöchentlichen Training eingefunden. Die Afghanen sind UMAs, gehören zu den über 100 «Unbegleiteten Minderjährigen Aslysuchenden», die beim Kantonsspital Aarau im «alten Schwesternhaus» untergebracht sind. Ali Rezai ist seit 8 Monaten in der Schweiz. Der 17-Jährige spricht schon gut Deutsch, besucht auch regelmässig Sprachunterricht.

Resonanz aus dem ganzen Kanton

Seit August 2015 bietet der Betriebswirtschafter und Klinikmanager am Kantonsspital Aarau Felix Häuser zusammen mit drei jungen Schweizern in Suhr ein Fussballtraining für UMAs an. Den Grundstein hierfür legte vor knapp einem Jahr der damalige Sozialarbeiter von Suhr und Buchs, Jan Götschi, sowie Felix Häusers Lebenspartnerin. Diese engagierte in der Integrationskommission von Suhr aktiv. Die Überraschung: Es kamen nicht nur UMAs, sondern plötzlich auch verschiedene Asylsuchende aus verschiedenen Aargauer Regionen von Zofingen bis Muri. In den Sommermonaten seien es bis zu 40 Leute gewesen, so dass man auf zwei Feldern gespielt habe. «Wir haben nicht nachvollziehen können, woher die Leute kommen», so Felix Häuser. Das sei letztlich auch egal. Hauptsache, die Leute kämen und hätten Spass. «Sogar bei minus sechs Grad und Schnee haben wir hier acht gegen acht gespielt», erinnert sich Felix Häuser.

Italienisch in Eritrea

Ziel sei es von Anfang an gewesen, dass die Flüchtlinge zusammen mit Einheimischen kicken. «So profitieren beide Seiten», erklärt Felix Häuser. «Die Flüchtlinge lernen Deutsch, und wir erfahren etwas über ihre Kultur, und lernen, Syrer, Afghanen und Eritreer voneinander zu unterscheiden.» Und augenzwinkernd fügt der Betriebswirtschafter an: «Oder hätten sie gewusst, dass in Eritrea auch Italienisch gesprochen wird?»

Beeindruckend sei, wie unterschiedlich die Entwicklung bei den jungen Leuten verlaufe, erklärt Felix Häuser. Von Leuten, die regelmässig ins Training kämen, könnten einige mittlerweile ansprechend Deutsch, andere überhaupt nicht. Überhaupt sei jedes Training immer wieder eine Überraschung, erklärt auch Jonas Burch. «Du kommst hierher und weißt nicht, was dich erwartet», so der 28-jährige Ex-Journalist, der sich mit ehrenamtlichem Deutschunterricht für UMAs für sein Lehrerstudium vorbereitet. Die jungen Leute seien alle sehr freundlich und motiviert, aber mit der Sprache hapere es bei vielen. Insofern scheiterten auch Versuche, mit den jungen Leuten über das Training hinaus etwas Soziales zu unternehmen. «Grillen oder einen Ausflug beispielsweise», erklärt Jonas Burch.

Ortsansässige mit Berührungsängsten

Das mit der «Durchmischung» habe bis anhin nicht geklappt, räumt Jonas Burch ein. Gleichwohl hätten die Initianten des Fussballtrainings viel Solidarität erfahren. Nach einem Aufruf bei Facebook seien sie förmlich mit Fussballschuhen, Trikots und Fussbällen überschüttet worden. Besonders freut Jonas Burch, dass man bereits einige talentierte Jugendliche an regionale Fussballvereine abgeben können. So auch den Eritreer Yared. Der 19-Jährige lebt bereits seit sechs Jahren in der Schweiz, wohnt in Suhr und trainiert mittlerweile zweimal wöchentlich mit dem FC Buchs. Auch 5. Liga-Matches spielt er.

Konstanz als Ziel

Eine grosse Herausforderung sei es, Konstanz in die Trainings zu bringen, räumt Jonas Burch ein. Mal kämen nur zehn, manchmal bis zu 40 Leute. Aber niemals regelmässig dieselben. Jonas Burch vermutet, dass es mittlerweile so viele Angebote für Flüchtlinge gibt, dass die Gefahr bestehe, dass ein Angebot den anderen unwillentlich die Leute abgräbt. «Irgendwie fehlt es an Koordination», so der angehende Lehrer. «Zum Glück plant das Departement für Gesundheit und Soziales nun eine Koordinationsstelle», wie Peter Michalik von der Pfarrei Suhr-Gränichen erklärt. In Zusammenarbeit mit der reformierten Kirchgemeinde Suhr unterstützt die Pfarrei verschiedene Initiativen, die den vorwiegend jungen Flüchtlingen in Suhr bei der Integration helfen sollen.

 

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