26.02.2020

Hier schlägt das Herz der Pfarrei

Von Marie-Christine Andres Schürch

  • Das Pfarreisekretariat funktioniert als moderner Dienstleistungsbetrieb in der Pfarrei.
  • Die Arbeit als Pfarreisekretärin werde unterschätzt, sagen Béatrice Demuth und Ruth Hunziker. Beide engagieren sich im Vorstand des Vereins der Pfarreisekretärinnen.
  • Der Verein feiert aktuell sein 20-jähriges Bestehen. Seit Gründung unterstützt er seine Mitglieder durch Weiterbildung und Erfahrungsaustausch in ihrer anspruchsvollen Tätigkeit.

 

«Ich habe noch nie einen Arbeitstag erlebt, an dem alles so gelaufen ist, wie geplant», sagt Béatrice Demuth. Sie arbeitet seit zehn Jahren auf dem Sekretariat der Pfarrei Herz Jesu in Lenzburg. Zudem engagiert sie sich als Vizepräsidentin im Verein der Pfarreisekretärinnen. Anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Vereins geben Béatrice Demuth und die Präsidentin Ruth Hunziker Einblick in die Arbeit auf dem Pfarreisekretariat und im Vereinsvorstand.

Chronisch unterschätzt

Béatrice Demuth und Ruth Hunziker haben einen Job, bei dem das echte Leben regelmässig über die Schwelle der Bürotür hereinbricht. Ruth Hunziker, seit 14 Jahren tätig in der Pfarrei Allerheiligen in der Stadt Basel, sagt: «Wenn jemand einen Todesfall meldet oder an der Türe um Almosen bittet, fordert das unsere unmittelbare Aufmerksamkeit. Alles andere muss dann warten.» Eine Pfarreisekretärin kennt die Pfarreiangehörigen und hat ein offenes Ohr, muss aber dennoch die Anforderungen an einen modernen Dienstleistungsbetrieb erfüllen – Buchhaltung und Mailverkehr müssen rasch und zuverlässig erledigt werden. Ein Spannungsfeld. Die Arbeit der Pfarreisekretärin werde chronisch unterschätzt, sind sich Béatrice Demuth und Ruth Hunziker einig. Das Pfarreisekretariat ist zentraler und professioneller Dienstleistungsbetrieb innerhalb der katholischen Kirche. Das Herz, das im richtigen Takt schlagen muss, damit die Pfarrei funktioniert.

Selbständig und sozial kompetent

Ruth Hunziker und Béatrice Demuth sagen unisono: «Es gibt keinen vielseitigeren Beruf als den unseren.» Entsprechend anspruchsvoll liest sich das Anforderungsprofil an eine Pfarreisekretärin (Männer gibt es nur vereinzelt, was am ehesten auf die vielen Teilzeitpensen zurückzuführen ist): Neben einer kaufmännische Ausbildung bringt sie hohe Sozialkompetenz, Selbständigkeit und viel Gelassenheit mit. Sie ist vorausschauend, mag den Kontakt mit Menschen und verliert auch in hektischen Zeiten nicht den Überblick. Ruth Hunziker: «Es gibt Gespräche, die gehen unter die Haut. Viele Pfarreimitglieder kenne ich persönlich und begegne ihnen beim Einkaufen, im Verein oder beim Spaziergang. Da hat Verschwiegenheit oberste Priorität.»

Im Spannungsfeld erfolgreich wirken

Der Verein der Pfarreisekretärinnen unterstützt als Arbeitnehmer-Organisation seine Mitglieder darin, in diesem Spannungsfeld erfolgreich zu wirken. Als Béatrice Demuth als Teilnehmende den Kurs «Neu im Pfarreisekretariat» besuchte, hatte sie ein Aha-Erlebnis: «Ich merkte, dass andere Pfarreisekretärinnen in ihrem Arbeitsalltag mit den gleichen Schwierigkeiten kämpfen.» Weil viele Sekretärinnen auf ihrem Pfarramt auf sich alleine gestellt sind, schätzen die 350 Mitglieder den Austausch sehr.

Diskussionen mit Bettlern und Kirchenkritikern

Miteinander findet man Lösungen für Herausforderungen, mit denen jede Pfarreisekretärin konfrontiert ist: hartnäckige oder gar gewaltbereite Bettler, Kirchenaustritte und frustrierte Kirchenkritiker. Den Hinterbliebenen eines Ausgetretenen erklären zu müssen, dass ein kirchliches Begräbnis nicht vorgesehen ist, gehört zu den unangenehmen Aufgaben einer Sekretärin. Deshalb wünschten sich die beiden Pfarreisekretärinnen, Ausgetretene würden ihre Angehörigen über ihren Schritt informieren.  Seit 20 Jahren bietet der Verein der Pfarreisekretärinnen Weiterbildungen an, die auf solche Situationen aus dem Arbeitsalltag der Pfarreisekretärinnen zugeschnitten sind.

Weiterbildung ist zentral

Alle zwei Jahre finden zweitägige Kurse statt. Sie befassen sich mit Themen zur Arbeit der Pfarreisekretärinnen. Ein wichtiges Gefäss ist der jährliche Infotag, mit Wissenswertem aus Beruf und Kirche. Es kommen Vertreter aus dem kaufmännischen Bereich, aus dem Management oder der Kommunikation zu Wort, und manchmal ist ein Vertreter des Bistums Basel anwesend, um die Informationen der Bistumsleitung zu überbringen. Alle zwei Jahre findet ein Impulstag statt. Dieser ist als Bildungs- und «Auftank»tag gedacht.

Die Vorstandsmitglieder investieren viel Zeit und Herzblut in die Arbeit für den Verein. Die Präsidentin Ruth Hunziker tauscht sich jede Woche mit der Sekretärin Rita von Büren auf der Geschäftsstelle in Zofingen aus oder trifft sich mit ihr für Sitzungsvorbereitungen und Arbeitsabsprachen. Dazu kommen mehrere Stunden Arbeit unter der Woche und am Wochenende sowie zweimal im Jahr die Vorstellung des Vereins im Kurs des Bistums «Neu im Pfarreisekretariat» in Luzern. Ruth Hunziker sagt: «Die Mitglieder, der Vorstand und die Sekretärin liegen mir sehr am Herzen und da möchte ich das Bestmögliche für uns.»

Entwicklungsmöglichkeit durch neuen Lehrgang «Leitungsassistenz SPI»

Mit der Weiterbildung «Leitungsassistenz SPI» gibt es für Pfarrsekretärinnen die Möglichkeit, ihre Auftragsfelder zu erweitern. Der Lehrgang wird vom Schweizerischen Pastoralsoziologischen Institut in St. Gallen angeboten. Der Verein durfte seine Wünsche einbringen und ist erfreut, dass es im Beruf der Pfarreisekretärin eine weitere Ausbildungsmöglichkeit gibt. Das Angebot stiess auf grosses Interesse und der erste Kurs war innert kurzer Zeit ausgebucht. Im Mai diesen Jahres beginnt ein zweiter Lehrgang, den auch Béatrice Demuth berufsbegleitend besuchen wird.

 

Themen Schweiz
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