24.10.2021

FrauenKirchenFest in Baden
25 Jahre Sauerteig in der Kirche

Von Vera Rüttimann

  • Mit Mahl, Musik und Tanz wurde am vergangenen Freitag, 22. Oktober in Baden das 25. Frauenkirchenfest gefeiert.
  • Das Fest in der reformierten Kirche stand unter dem Motto «Wo Tradition und Transformation miteinander tanzen».
  • Prominente Tischrednerinnen waren Imelda Abbt und Vera Becker.

Die versammelte Festgemeinschaft sieht im Chorraum der reformierten Kirche Baden ein grosses Tuch. In der Mitte ist eine Brot knetende Frau abgebildet. Umrahmt ist sie von üppigen Kornschalen und Ähren. Wie in einem Mandala eingebettet, sitzt sie da. Die Frau betet den Sauerteig, der durchknetet zum Reich Gottes wird. Für Cornelia Haller, Pfarreiseelsorgerin in Baden, ist es auch ein «Sinnbild für die Care-Arbeit der Frauen, «die oft unsichtbar im Verborgenen und ohne jede offizielle Anerkennung geleistet wird.»

Eine Frau knetet den Sauerteig, der zum Reich Gottes wird. | Foto: Vera Rüttimann

Das Frauenkirchenfest spendet Kraft

Auch für Kerstin Bonk von der Fachstelle Frauen, Männer, Gender der reformierten Landeskirche im Aargau hat der Sauerteig einen hohen Symbolgehalt: «Auch das Kirchenfrauenfest knetet diesen Brotteig. 25 Mal schon. Jedes Mal haben die Frauen den Sauerteig in die Kirche hineingetragen.» Diesen würzigen, die Kirche und Gesellschaft transformierenden Sauerteig, der die Anliegen von Frauen sichtbar gemacht habe. Das Frauenkirchenfest hat viele Früchte abgeworfen: Es hat besondere Frauen vom Rand in die Mitte gestellt. Es hat unrechte Strukturen angeprangert und für Freiräume gekämpft. Und es hat, das wurde an diesem Festtag deutlich, vielen Frauen Kraft gespendet.

Viel erreicht, noch viel zu tun

Kerstin Bonk resümierte: «Viel hat sich verändert seit dem ersten Frauenkirchenfest vor 25 Jahren. Und das feiern wir heute. Aber immer noch sind Frauen nicht auf allen Ebenen in der Kirche gleichberechtigt.» Vor allem nicht da, wo es um viel Macht und Einfluss gehe in der Kirche. Die Pfarrerin sagte: «Die Sauerteig knetende Frau ermutigt mich, am Back-Turm Kirche dran zu bleiben.»

«Man muss sich mit Ewigem beschäftigen, um aktuell zu sein»

Heidy Anneler, Sozialdiakonin der reformierten Kirchgemeinde Baden, begrüsste die Festgemeinde danach im grossen Saal der reformierten Kirchgemeinde Baden zum zweiten Teil des Abends. Eröffnet wurde er von Gesängen und Tänzen des philippinischen Frauenchors von Neuenhof. Zwei spannende Persönlichkeiten waren als Festrednerinnen geladen: Vera Becker, Klimaaktivistin, Generalsekretärin der Jungen Grünen Schweiz und Co-Präsidentin der Jungen Grünen Aargau. Weiter Imelda Abbt, Theologin und Philosophin. Eine ehemalige Dominikanerin, die sich für einen radikal eigenen Weg entschieden hat und trotzdem der Kirche treu geblieben ist. Die frühere Bildungsbeauftragte des Bildungshauses Propstei Wislikofen referierte zum Thema «Man muss sich mit dem Ewigen beschäftigen, um aktuell zu sein».

Klima-Feminismus

Imelda Abbt, Theologin und Philosophin. | Foto: Vera Rüttimann
Die 84-Jährige zitierte Martin Luther, der sagte: «Uns ist das Heil geschenkt worden.» Nicht durch gute Taten wie dem Fasten, sondern als Geschenk. «Wir sind alle Kinder Gottes. Es ist an uns, mit jedem neuen Tag aus dieser Wirklichkeit heraus unseren Alltag zu bewältigen.» Ganz offensichtlich, sagte die gebürtige Freiämterin weiter, gebe es in uns eine urwüchsige spirituelle Kraft, die aus der Tiefe des menschlichen Wesens gespeist werde. «Die Seele ist der Teil in uns, der unveränderlich lebendig ist. Und deshalb muss man sich mit dem Ewigem beschäftigen.» Sie versuche stets, mit Leib und Seele präsent zu sein. Kraft schöpfend aus kirchlichen Traditionen heraus. Und immer auf die Zukunft ausgerichtet.

Vera Becker, Präsidentin Junge Grüne Aargau. | Foto: Vera Rüttimann
Vera Beckers Anliegen ist der Klima-Feminismus. Das untermauerte sie mit einer aktuellen Studie, wonach Frauen sensibler auf Umweltthemen reagieren und zukunftsorientierter handeln. Die Zukunft liege, so bezeugte die Jung-Politikerin, in der Care-Gesellschaft, nicht in einer Produktionsgesellschaft.  Die 22-Jährige betonte: «Dieses Umdenken möchte ich der Generationen nach mir vererben. Sie mögen in einer Welt leben, in der wir im Einklang mit der Natur leben.»

«Ich kann viel von dir lernen»

Den dritten Teil des Abends gestalteten Imelda Abbt und Vera Becker im Dialog. Zwei Frauen, die altersmässig mehr als 60 Jahre auseinanderliegen und die dennoch einiges eint. Beide äusserten sich dazu, was sie an der Anderen bewundern. Das Bewusstsein, dass wir vergänglich sind, lasse Imelda Abbt jeden Tag intensiver leben. Sie lebe ganz in der Gegenwart. Orientiert am Leben Jesu. Vera Beck sagte dazu: «Eine Orientierung zu haben, auf die man bauen kann, ist wichtig. Das finde auch ich in meinem Leben.»

Imelda Abbt wiederum zeigte sich beeindruckt von Beckers Engagement für das Klima. Sie findet sich darin wieder: «Sich mit dem Ewigen zu beschäftigen, hat auch damit zu tun, aktuell im Hier und Jetzt zu sein. Und sich mit allen Sinnen Herausforderungen wie der Rettung des Klimas zu stellen.» Jeden Tag leben lernen, das hört für die Philosophin nie auf. Vera Becker bekannte schliesslich: «Ich kann viel von dir lernen. Dein Leben und deine Geschichte zeigen, dass viele Dinge nicht in Stein gemeisselt sind und dass Veränderungen passieren können.»

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Abonnieren Sie unseren Newsletter. Er erscheint alternierend zur Printausgabe alle zwei Wochen – immer mit den aktuellsten Horizonte-Geschichten und oftmals spannenden Verlosungen.