25.05.2016

Auf der Zielgeraden

Von Marie-Christine Andres Schürch

Mit dem Auto ist man in zehn Minuten in jeder Pfarrei des künftigen Pastoralraums AG 6 am Rohrdorferberg. Die Pfarreigrenzen auch mental zu überschreiten, braucht etwas mehr Zeit und Geduld. Aber auch diese letzte Herausforderung werden die vier Pfarreien meistern.

Vor zweieinhalb Jahren kam Diakon Christoph Cohen als Gemeindeleiter in die Pfarreien Bellikon, Künten, Stetten und Rohrdorf. Nach einem Jahr des Einarbeitens packte er die Aufgabe an, aus den Einzelpfarreien einen Pastoralraum zu formen. Zuerst einmal verschickte Christoph Cohen einen Brief an alle Gläubigen. Neben Informationen zur Pastoralraumerrichtung im Auftrag des Bischofs enthielt der Brief die Einladung zur aktiven Mitarbeit. Der Gemeindeleiter schlug von Anfang an einen demokratischen, synodalen Weg ein. Idee war, aus jeder Pfarrei eine Gruppe mit sieben bis zwölf Mitgliedern zu finden, die als so genannte «Spurgruppe» eine Ist-Analyse für ihre Pfarrei erstellen sollte. Welche Angebote gibt es bei uns? Was funktioniert? Was wollen wir behalten, was loslassen? Je zwei Delegierte aus jeder Spurgruppe formten sich zu einer «Kerngruppe», die zwischen August und Dezember 2015 alle zwei Wochen zusammenfand. Die Kerngruppe erarbeitete nach dem Grundsatz «sehen – urteilen – handeln» Antworten auf die Frage, wie die Zukunft des Pastoralraums aussehen sollte. Der designierte Pastoralraumleiter Christoph Cohen und Andreas Imhasly als Begleiter waren die einzigen Theologen in der Runde.

Errichtung steht fest

Zur Zusammenkunft aller vier Spurgruppen kam am Samstag vor Pfingsten ein grosser Teil der insgesamt 34 Mitglieder zusammen. Es war eines der letzten Arbeitstreffen vor der offiziellen Errichtung des Pastoralraums, die auf den 10. September 2016 angesetzt ist. «Wir sind auf der Zielgeraden», sagte Christoph Cohen zu seinen Pfarreimitgliedern, die seit anderthalb Jahren mit ihm auf dem Weg sind.

Breitere Palette

Eine davon ist Lucia Zehnder. Die Katechetin hat die Erfahrung gemacht, dass man die Angebote der anderen Pfarreien kennenlernen muss, um sie schätzen und nutzen zu lernen. Ihre leisen Befürchtungen, dass Rohrdorf als grösste – und punkto Service etwas «verwöhnte» – Pfarrei besonders viel hergeben müsse, hätten sich nicht bewahrheitet, stellt sie fest. Auch Josef Seiler, ehemaliger Kirchenpfleger, Mitbegründer des Seelsorgeverbandes Bellikon-Künten-Stetten und Mitglied der Kerngruppe erklärt: «Wir konnten von Anfang an mitreden, was wir ins Konzept aufnehmen wollen und welche Ziele wir uns setzen.» Ursy Kreyenbühl, Kirchenpflegerin und vielseitig engagierte Kirchenfrau, sieht die Vorteile des Pastoralraums auch darin, dass nicht mehr jede Pfarrei jedes Angebot organisiert und damit die Palette an Anlässen insgesamt breiter wird.

Glück mit dem Personal

Manchen Menschen mache es zur Zeit noch Mühe, dass die Seelsorger nicht mehr nur für eine Pfarrei zuständig, sondern mobil seien, hat Josef Seiler festgestellt. Er ist sich jedoch sicher, dass sich auch diese Bedenken mit der Zeit auflösen. Überhaupt finden die drei Mitglieder der Spurgruppe nur lobende Worte für das Seelsorgeteam: «Wir haben grosses Glück mit dem Personal, die Seelsorger sind da und nehmen Anteil.», sagt Lucia Zehnder. Ursy Kreyenbühl pflichtet ihr bei: «das Seelsorgeteam lässt uns die Freiheit, selbständig etwas auf die Beine zu stellen.» Die drei sind sich einig, dass der lange Weg, den die Spurgruppe zusammen zurückgelegt hat, Mut gebe, Altes loszulassen. Weil sichtbar wurde, was Neues wachsen kann, wenn man es zulässt.

Kein Lampenfieber

«Ein grosser Vorteil war», betont Christoph Cohen, «dass ich von Anfang an für alle vier Pfarreien verantwortlich sein konnte.» So entwickelte sich unter seiner Führung die Zusammenarbeit der Pfarreien organisch. Und dadurch kommt auch kurz vor der Errichtung des Pastoralraums kein Lampenfieber auf. «Inhaltlich kennen wir schon alles, es konnte sich bereits bewähren.» Es ist aber allen am Prozess aktiv Beteiligten klar, dass der Pastoralraum auch nach seiner Errichtung in Bewegung bleiben wird – und muss. «Der Pastoralraum ist eine Momentaufnahme und muss immer wieder überprüft werden.», sagt Christoph Cohen.

Gleichberechtigung

Seit sich Stetten und Künten von Rohrdorf «losgestrampelt» haben und eigenständige Pfarreien wurden, sind fast 130 Jahre vergangen. Heute werden die Pfarreien neuerlich zusammengeführt. Doch heute sei Gleichberechtigung angesagt, betont Christoph Cohen. Von «Gleichschaltung» hält er nichts, von Vielfalt in der Einheit hingegen viel. Das zarte Pflänzchen Pastoralraum muss liebevoll gepflegt werden, damit es den Leuten ans Herz wachsen und Früchte tragen kann.

 

 

 

 

 

 

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