17.10.2021

«Beichtgeheimnis ist mehr als Schweigepflicht»

Von Marie-Christine Andres Schürch

Nach der Veröffentlichung eines Berichts über Missbrauch in der katholischen Kirche in Frankreich ist eine Diskussion ums Beichtgeheimnis entstanden. Frankreichs Innenminister Gerald Darmanin hatte kürzlich erklärt, dass Priester, die durch eine Beichte Kenntnisse über Sexualdelikte gegenüber Minderjährigen erhalten hätten, verpflichtet seien, diese «vor Gericht zu bringen». Auch Justizminister Eric Dupond-Moretti sagte, jeder Priester habe die «zwingende Verpflichtung», derartige Straftaten anzuzeigen, auch wenn er davon bei einer Beichte erfahre. Ansonsten sei auch eine Anzeige wegen Strafvereitelung gegen den Geistlichen denkbar. Nun hat sich der Vatikan dagegen verwahrt, das Beichtgeheimnis aufzuweichen. Das Sakrament der Versöhnung dürfe «nicht mit einer psychologischen Sitzung oder einer Art Beratung verwechselt werden», sagte Kurienkardinal Mauro Piacenza in einem Interview mit dem privaten katholischen Mediennetzwerk ACI Stampa am Freitag, 15. Oktober 2021. Deswegen unterscheide sich das Beichtgeheimnis auch von der Schweigepflicht, zu der etwa Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte verpflichtet sind. Das Beichtgeheimnis sei «keine von aussen auferlegte Verpflichtung», sondern «eine intrinsische Anforderung des Sakramentes». Als solches könne es nicht einmal vom Beichtenden selbst gelöst werden, erklärte Piacenza. «Der Beichtende redet nicht mit dem Beichtvater, sondern mit Gott. Sich das anzueignen, was Gott gehört, wäre ein Sakrileg.» Dies bedeute aber nicht, so Piacenza weiter, «dass ein Beichtseelsorger etwa einen Minderjährigen nicht dringend ermahnt, selbst den Missbrauch bei den Eltern, Erziehern und der Polizei anzuzeigen.»