03.04.2014

Dank fairer Entlöhnung ein Sofa

Von Horizonte Aargau

Einen Monat lang während der Ökumenischen Fastenkampagne reist Marie-Therèse Kamga aus Kamerun als Gast von «Brot für alle», dem reformierten Pendant zum katholischen Hilfswerk Fastenopfer, durch die Schweiz. Bereits hat die Trockenfrucht-Produzentin und Mutter von sieben Kindern zwanzig Kirchgemeinden und mehrere Schulen besucht. In Baden hat Religionslehrer Benjamin Ruch, kirchlicher Beauftragter der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau an der Kantonsschule Baden, den Gast der ökumenischen Partnerhilfswerke eingeladen.

«Ich bin Afrikanerin aus einem kleinen Dorf in Kamerum», stellt sich Marie-Therèse Kamga den Wirtschaftsschülern an der Badener Kantonsschule vor. Die stämmige Frau mit der tiefdunklen Haut sitzt anstelle der Lehrperson am Tisch vor der Wandtafel und erzählt auf Französisch aus ihrem Leben, von ihrer Arbeit als Trockenfrucht-Produzentin. Gewisse Ereignisse haben sie nachhaltig geprägt, weshalb sich die 59-Jährige zuweilen in Rage redet. «Mit 19 Jahren musste ich heiraten, wurde aus der Schule genommen. Ich lebte in einer polygamen Ehe. Vor zwei Jahren starb mein Mann. Seither komme ich allein für meinen Lebensunterhalt und den meiner Kinder aus.» Zwölf Jugendliche sitzen ihr im Klassenzimmer gegenüber und lauschen den Ausführungen des exotischen Gastes. Fragen stellen Sie selbstredend in fliessendem Französisch.

Unterwegs für fairen Handel
Einen Monat lang während der Ökumenischen Fastenkampagne reist Marie-Therèse Kamga aus Kamerun als Gast von «Brot für alle», dem reformierten Pendant zum katholischen Hilfswerk Fastenopfer, durch die Schweiz. Als Begleiter steht der Afrikanerin der 23-jährige Kaspar Gertsch zur Seite. Der HSG-Absolvent leistet beim Hilfswerk «Brot für alle Zivildienst und hat mit Marie-Therèse Kamga bereits zwanzig Kirchgemeinden und mehrere Schulen besucht. In Baden hat Religionslehrer Benjamin Ruch, kirchlicher Beauftragter der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau an der Kantonsschule Aargau, den Gast der ökumenischen Partnerhilfswerke eingeladen.

Mit Trockenfrüchten ein besseres Auskommen
Lohnarbeit zahlt sich für die Menschen in Kamerun meist nicht aus, berichtet Marie-Therèse Kamga. Besser gelingt das Auskommen, wenn die Leute eigenverantwortlich anbauen und einen festen Abnehmer haben, der für faire Entlöhnung eintritt. Für Marie-Therèse Kamga ist dies TerrEspoir, ein von «Brot für alle» gegründetes Unternehmen, das getrocknete Tropenfrüchte in Schweizer Drittweltläden vertreibt. «Dank TerrEspoir habe ich bei mir im Wohnzimmer auch ein Sofa», so Marie-Therèse Kamga stolz, während sie vor den Badener Schülerinnen und Schülern Fotos kommentiert. Zum erschwinglichen Luxus gehören für die Afrikanerin unter anderem auch die pinken Ballerinas, welche die Mutter von vier Töchtern und drei Söhnen zu einem blauen Kleid mit pastellgelbem Weston trägt. Trotz dieser Verbesserungen bleibt das Leben in Kamerun jedoch eine Herausforderung. Vieles ist Handarbeit. Beispielsweise werden die Früchte über mehrere Kilometer in Schubkarren zu einem Umschlagsplatz gebracht. Vor Ort besitzt TerrEspoir nämlich nur einen einzigen Lastwagen. Dennoch: Immer wieder betont Marie-Therèse Kamga ihre Dankbarkeit. Sie ist froh, dass es TerrEspoir gibt.

Überraschende Erkenntnisse
Die Badener Schülerinnen und Schüler, welche im Sommer ihre Matur machen, sind aufmerksam, fragen nach. Wie kann das System von TerrEspoir Schule machen? Gibt es Mikrokredite? Eine Krankenversicherung? «Krankenversicherung?», erwidert Marie-Therèse Kamga. «Wenn du zum Arzt oder ins Spital gehst und du kannst nicht bezahlen, wirst du nicht behandelt. Du stirbst.» Sie erlebe die jungen Leute als interessiert und neugierig, meint Marie-Therèse Kamga. Es freut sie, dass die Schülerinnen und Schüler Fragen stellen.

Die Schülerinnen und Schüler setzen auf Nachhaltigkeit
Doch was bleibt den Schülerinnen und Schülern? Einmal eine völlig andere Lebenssituation aus einem afrikanischen Land gespiegelt zu bekommen, lässt nicht unberührt. Manuel Mazidi ist durchaus bereit, für Waren mehr zu bezahlen, wenn er dafür Transparenz hat und weiss, dass die Leute am Ende der Produktionskette besser leben können. Entsprechend achtet er beim Kauf von Früchten auf das Max Havelaar-Logo. Jessica Füglister aus Bremgarten, kennt als Einzige der anwesenden Schülerinnen und Schüler die Organisation, für welche Marie-Therèse Kamga arbeitet. Die 20-Jährige ist in einem Elternhaus aufgewachsen, wo auf Nachhaltigkeit geachtet wird: Bio, Fairtrade-Produkte, Bekleidung aus fairer Produktion. «Ich kaufe zum Beispiel nicht bei Zalando, da wo alle kaufen, meint die junge Frau. «Ich weiss, unter welchen Bedingungen die Leute leben müssen, die für diese Firma arbeiten. Damit kann ich mich nicht identifizieren.»

Andreas C. Müller

 

 

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