09.03.2014

Das Wohl der Tiere hängt am Geldbeutel

Von Horizonte Aargau

Herr und Frau Schweizer essen gern Fleisch. Je länger je mehr «gutes Fleisch», von dem man weiss, wo es herkommt. Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten beschäftigen sich mit ethischen Fragen rund um Tierhaltung und Massenschlachtung. Das Fleisch direkt beim Bauern zu beziehen, erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Bauer Stefan Brändli legt eine differenzierte Sicht vor.

Stefan Brändli hält als Bauer im Schnitt 25 bis 30 Aufzuchtrinder. Diese werden im Winter im Laufstall und im Sommer auf der Weide gehalten. Der Betrieb verfügt über zwanzig Hektaren Land, von denen elf als Weideland und für den Futteranbau dienen. Der Hof erfüllt den Ökologischen Leistungsnachweis des Bundes und die Richtlinien des Labels «IP Suisse». Dieses verbindet zum Teil biologische und konventionelle Methoden.

Mensch und Tier haben eine Aufgabe
Was bedeuten dem Bauern seine Hoftiere? «Sie sind gleichberechtigte Partner, eingebunden in den Kreislauf der Natur», betont Stefan Brändli. In seiner Jugend habe man ausschliesslich Hoftiere gekannt: Dazu gehörten Kühe, Schweine, Hühner, Katzen, Hunde, Geissen, Kaninchen. «Menschen und Tiere hatten ihre Aufgaben und das Wohlergehen aller hing voneinander ab.» Für Stefan Brändli ist die heutige Eier- und Fleischproduktion in den geforderten Mengen schwierig. Dies mit Blick auf die Würde der Tiere. Stefan Brändli lebt von und mit seinem Glauben. Hat dieser Einfluss auf seine Arbeit? «Eigentlich nicht», meint der Landwirt. Aber mein Leben und Wirken ist mit dem Kreislauf der Natur fest verbunden. Das prägt.»

Kritische Anfragen
Stefan Brändli plädiert für mehr Tierschutz. Für alles, «was sie ein artgerechtes, normales Leben ermöglicht.» Dazu gehört auch der Schutz vor Schmerzen. Doch wer bezahlt es? Eine Schweizer Bauernfamilie muss heute mindestens 40 bis 50 Kühe halten, um über die Fleischproduktion ein ausreichendes Einkommen erzielen zu können. «Das Wachstum geht auch in der Landwirtschaft weiter, so Stefan Brändli. «Etliche Betriebe haben bereits 100 Kühe. In Amerika gibt es Farmen mit 500 oder gar 1000 Tieren.» Bei diesen Zahlen könnten sich die Verantwortlichen nicht mehr um jedes einzelne Tier kümmern, gibt der Bauer zu bedenken. Und er stellt die Frage, wie es um den Tierschutz bei Importen und bei der Kleintierhaltung stehe. Viele Menschen kümmerten sich nach wie vor zu wenig darum und kauften billige, fragwürdige Produkte. Der Bezug zur Produktion sei kaum mehr vorhanden.

Idylle versus Realität
Beim Umgang mit Lebensmitteln, nicht nur beim Fleisch, wünscht sich Brändli mehr Interesse an Information, mehr Sorgfalt und Respekt. «Die Werbung zeigt gerne idyllische Bilder. Viele wünschen sich, dass Tiere so gehalten werden. Doch diese Bilder zeigen nicht die Realität.» Tierschutz ist abhängig vom Standort des Betrachters und wird verschieden gewichtet, meint Stefan Brändli. Wer Nutztiere halte oder industrielle Tierhaltung betreibe, der Hundehalter, die Stadtbewohnerin mit ihrem Kleintier, die Vegetarier oder Personen ohne Geld: Alle hätten sie unterschiedliche Sichtweisen und Prioritäten.

Christiane Faschon/aj

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