19.07.2018

Dreiklang eines versteckten Klosters

Von Anne Burgmer

  • Das Horizonte-Team hat sich ganz in den Westen seines Gebietes begeben für die Sommerserie «Im wilden Westen»
  • Kommen Sie mit Horizonte mit auf Entdeckungsreise zu verschiedenen Klöstern an den Rändern des Kantons.
  • Zweite Folge: Das Kloster Schönthal bei Langenbruck in Baselland

 

Kann man sich an einen Ort anlehnen? Sind Gummistiefel Kunst? Rauscht der Flügelschlag eines Schmetterlings? Wie von selbst tauchen derartige Fragen auf zu Geschichte, Kunst und Natur, dem Dreiklang am und um das Kloster Schönthal.

Das Navi sagt: Ziel erreicht!

Die Anfahrt vom Chilchzimmersattel, bei schönem Wetter mit dem Töff ein Genuss, offenbart zweierlei. Erstens: Das Kloster Schönthal versteckt sich bis zum Schluss. Kein Kirchturm ragt empor, keine grosse Anlage zeigt, dass hier einst lebten Mönche oder Nonnen lebten. Man ist versucht, weiterzufahren, doch das Navi sagt: Halt, Stopp, Ziel erreicht. Zweitens:  die Kunst, die zum Kloster Schönthal dazugehört.  Im Nachhinein erinnert man sich, da war doch was, links der Strasse mitten auf der grünen Wiese. Eine Stahlskulptur, rostig-braun, doch so harmonisch in der Landschaft, dass sie nicht stört. Wer angekommen ist, aussteigt und durchatmet spürt: Es ist ein besonderer Ort, dieses Schönthal, sein Dreiklang sinnlich wahrnehmbar.

Klang 1: Geschichte

1145 wird erstmals eine Mönchsgemeinschaft erwähnt, 1187 wird die Klosterkirche geweiht. Sie ist eine der frühesten, weitgehend erhaltenen romanischen Kirchen der Region. Ihre Westfassade, besonders das Portal mit in Stein gemeisselten floralen Elementen, einem Löwen und einem Menschen sowie einem Lamm mit Kreuz, gilt als Prunkstück der hochromanischen Baukunst. Schlicht, klar, einfach – so stabil und beständig die Fassade ist, so bewegt liest sich die über 800-jährige Geschichte des Ortes. Ein Benediktinerkloster war das Schönthal, bald gar ein Doppelkloster – Männer und Frauen, in getrennten Häusern wohnhaft, belebten den Ort.  Im 15. Jahrhundert bekommt die Kirche eine Glocke – gegossen in der Glockengiesserei Aarau.

Als Folge der Basler Reformation wird das Kloster 1529 schliesslich aufgehoben. Das Klostergut wird Basler Sennhof, die Klosterkirche beherbergt einen Ziegelbrennofen, wird später als Geräteraum und Holzschopf benutzt. Im 17. Jahrhundert wird im Kirchenraum ein Zwischenboden eingezogen, ein grosses Christopherusfresko dadurch in Bauchhöhe «geteilt». 1836 wird der Sennhof Privatbesitz, 1967 stellt der Kanton Basel-Landschaft die Klosterkirche unter kantonalen Denkmalschutz. 1986 schliesslich kauft – eher per Zufall – der Basler John Schmid das Kloster mit dazugehörigem Bauernhof sowie rund 100 Hektaren Land. Es folgt eine mehrjährige Renovation der Gebäude und damit der Grundstein für das heutige Konzept.

Klang 2: Kunst

John Schmid, Jahrgang 1937, mehrfach ausgezeichneter Werber, war – so erzählt er dem SRF Regionaljournal im Jahr 2016 – eigentlich auf der Suche nach einem Bauernhof als Rückzugsort für sich. Ein Freund habe ihn auf das Kloster aufmerksam gemacht und dann habe sich seine Unternehmerseele gerührt. John Schmid kaufte, renovierte mit Sorgfalt und liess den Ort ruhen. Er reiste nach Irland und – so erzählt es Carola Schütz, die kaufmännische Leiterin – entwickelte dort im Gespräch mit dem US-amerikanischen Lichtkünstler James Thurell die Idee eines Skulpturenparks für das Schönthal. Carola Schütz zeigt den Plan des Parks: «Man braucht sicher zweieinhalb bis drei Stunden, um alle Skulpturen hier zu sehen. John Schmid hat sich im Vorfeld in Schottland und England andere Parks angeschaut. Bei uns war das noch nicht so in Mode wie dort».

Im Jahr 2000 wurde der Skulpturenweg eröffnet, 2001 überführte John Schmid das Gesamtensemble in die Stiftung «Sculpture at Schönthal». Alle paar Jahre kommt ein neues Werk hinzu, gen 35 Skulpturen können sich interessierte Besucher und Besucherinnen wandernd erschliessen. Die Grenzen zwischen Natur und Kunst sind dabei fliessend. Die Werke stehen im Dialog mit der Umgebung und umgekehrt. Wer will, kann sich in den Dialog einklinken und sich inspirieren lassen. Doch nicht nur in der Landschaft wächst die Kunst. Das Erdgeschoss der Klosterkirche – der moderne Eingang an der Ostseite zeigt es – ist ein Ausstellungsraum. Zurzeit schmeckt der Raum nach Heu, denn der Künstler Olaf Holzapfel zeigt noch bis Anfang November 2018 seine Werke aus dem Naturmaterial.

Klang 3: Natur

Den Eingang zum Ausstellungsraum zur rechten, liegt vor einem der Eingang zum Klosterhof, schräg links vor einem der Klostergarten. Unzählige Bienen, Hummeln und Schmetterlinge summen, brummen und flattern zwischen den Wildblumen. «Tee und Blumensträusse für die Zimmer», sagt Carola Schütz auf die Frage, was mit der Pracht geschehe. Sommerlich satte Stille liegt über dem Ort, einzig untermalt durch Kuhglocken und Grillenzirpen. Über den Hof kommt ein junger Mann. Er ist der Bauer, der den Hof des Klosters Schönthal nach Demeter-Richtlinien bewirtschaftet.

Biodiversität und die Rückkehr zu einer gesunden Mischung von Nutzung und Verwilderung der Landschaft sind der dritte Teil des Konzeptes der Stiftung Kloster Schönthal. Dazu gehöre auch, mit Gartenarchitekten neue Landmarken wie einzeln stehende Bäume zu setzen. «Nonnenbäume», so habe man die Einzelbäume scherzhaft genannt, sagt Carola Schütz. Auch ein ehemaliger Weiher, vollkommen verschlammt, sei wieder zurückgewonnen. «Der Wasser zuführende Bach wurde renaturiert und jetzt es einfach ein schöner Ort», erzählt sie.

Die Seele darf atmen

Wenn ein Ort einen Charakter haben kann, dann ist das Kloster Schönthal ein introvertierter, ein ruhiger und in sich gekehrter Ort des Dialoges, den einzelne Menschen und Gruppen immer wieder aufsuchen. Führungsriegen verschiedener Geschäfte kommen zur Retraite ins Kloster Schönthal. Architekten ebenfalls. Die Etage über dem Ausstellungsraum ist Seminarraum. Privatpersonen können ebenfalls übernachten, doch nur bei mehr als zwei Nächten. Die Zimmernamen, so will es die Geschichte, sind die Namen der letzten Nonnen, die im Kloster lebten: Dorothea oder Wilbina steht auf den Balken über den Türen. In den Zimmern, im Seminarraum – überall findet sich, mal deutlicher mal versteckter, Kunst. In der Küche reicht die Spanne von modernem Ceranfeld bis zum grossen gusseisernen Kessel. Im Vorraum vor der Küche hängen Fotografien der Künstlerinnen und Künstler, die den Skulpturenpark um ihre Werke bereicherten. Im alten Hühnerstall im Hof ist eine kleine Bibliothek untergebracht. Der Ort lädt zum Verweilen und man hofft fast, für einige Zeit nicht gefunden zu werden.

 

www.schoenthal.ch

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