09.07.2015

Dreissig Jahre voller Leben

Von Marie-Christine Andres Schürch

Horizonte feiert den 30. Geburtstag. Im Januar 1986 erschien zum ersten Mal ein kantonsweites Pfarrblatt. Die dreiteilige Sommerserie beleuchtet die vergangenen dreissig Jahre aus verschiedenen Blickwinkeln. Im ersten Teil der Rückschau stellt Horizonte eine Hand voll jener Menschen vor, die sich in den vergangenen dreissig Jahren in irgend einer Form für die Kirche im Aargau eingesetzt haben.

Im Pfarreirat, in der Jubla, in der Strickgruppe, bei der Fastensuppe: überall in der Kirche setzen Menschen ihre Zeit und Energie für die Gemeinschaft ein. Bei der Recherche für die kurzen Porträts meinte eine der angefragten Personen: «Ich möchte nicht, dass zu prominent über mich berichtet wird, denn ich kenne so viele, die mindestens so viel leisten wie ich.» Die Porträtierten leisten seit dreissig oder mehr Jahren Dienst in verschiedenen amtlichen und ehrenamtlichen Funktionen innerhalb der Kirche. Meist im Hintergrund, ohne gross Aufhebens um ihren Einsatz zu machen. Im Bewusstsein, dass die Auswahl nur ein kleiner Querschnitt ist, sollen die Porträts zeigen, dass hinter der trockenen Zahl 30 viel Herzblut und Leben steckt. Die porträtierten Menschen stehen stellvertretend für all die vielen Männer und Frauen im Kanton, die sich amtlich oder ehrenamtlich für ihre Pfarrei und die Kirche einsetzen. Menschen wie sie machen Kirche aus und halten sie lebendig.

Heidi Martin, Pfarreisekretärin und Sekretärin der Kirchenpflege in Bremgarten
Ein Pult und eine Schreibmaschine fand Heidi Martin vor, als sie im Jahr 1989 im Pfarrhaus von Bremgarten ihre Stelle als Pfarreisekretärin antrat. Bis dahin hatte der Pfarrer das Sekretariat nebenbei erledigt. Heidi Martin tippte damals die Pfarreinachrichten fürs Horizonte nach exakten Vorgaben, Tipp-Ex gab es nicht: «Ein Tippfehler bedeutete, dass man von vorne beginnen musste.» Und obwohl heute technisch Vieles einfacher geht, sei ihre Arbeit alles andere als ein normaler Bürojob, erzählt Heidi Martin. Seit 26 Jahren ist ihr Arbeitsplatz in Bremgarten auch Anlaufstelle für Sorgen und Nöte verschiedenster Art. Aber gerade diese Kontakte findet die Sekretärin bereichernd, entschieden sagt sie: «Ich hätte bei meinem Wiedereinstieg ins Berufsleben ja auch auf eine Bank gehen können, aber der Kontakt mit Menschen würde mir fehlen.»

Anita Baumgartner, Lektorin und Mitglied im Pfarreirat St. Sebastian Wettingen
Gerade jetzt erlebt Anita Baumgartners älteste Tochter ihr allererstes Blauringlager. So, wie sie selber vor mehr als dreissig Jahren. Die unvergessene Jubla-Zeit verleiht Anita Baumgartner bis heute Atem für das Engagement in der Pfarrei. Als Ministrantin, Lektorin, Mitglied im Gremium für Jugendarbeit und Präsidentin der Gruppe junger Mütter war sie stets von Menschen umgeben, die in der gleichen Lebenssituation steckten. «Es war immer natürlich und logisch, ich kam von einem Ämtli zum nächsten.» Dass die Hälfte des Pfarreirats aus ehemaligen Jubla-Leuten besteht, leuchtet ihr ein: «Wer als Kind so viel Positives in der Jubla erlebt, fühlt sich der Pfarrei verbunden.»

Rita Wildi, Pfarreisekretärin in Baden und Kirchenpflegerin in Rohrdorf
Ins Geburtsjahr von Rita Wildi fiel der Spatenstich für die Kirche St. Anton Wettingen. Diese feierte kürzlich das 60-Jahr-Jubiläum – und Rita Wildi wurde in die Synode gewählt: vorläufiger Höhepunkt ihrer Tätigkeit in der Kirche. Vor dreissig Jahren veranlasste Pfarrer Alois Keusch, dass der jungen Mutter ein Babysitter organisiert wurde, damit sie im Kirchenchor singen konnte. Als sie nach 15 Jahren im Vorstand des Kirchenchors, mehreren Einsätzen als Köchin im Jungwacht-Lager und acht Jahren im Pfarreirat St. Anton nach Rohrdorf zog, fragte man sie an, ob sie sich auch dort engagieren wolle. «Ausser Kirchenpflege habe ich schon alles gemacht.», war ihre Antwort. 2002 wurde sie in die Kirchenpflege Rohrdorf gewählt und trat gleichzeitig die Stelle als Sekretärin auf dem Pfarramt Baden an. Als Pfarreisekretärin, Kirchenpflegerin und Mitglied der Synode ist sie fast sieben Tage die Woche für die Kirche tätig, beruflich und freiwillig. «Die Motivation mein Engagement in der Kirche war und ist mein Glaube.», sagt Rita Wildi. Gewachsen ist der Glaube an Gott besonders durch prägende Erlebnisse in der Kindheit – einen schlimmer Autounfall und die Scheidung der Eltern. «Menschen in der Kirche haben mich und meine Familie aufgefangen.»

Jungwacht-Blauring Schenkenbergertal, Schinznach-Dorf
Tomatensauce, WC-Papier, Fussbälle und 30 Koffer stapeln die Leiterinnen und Leiter in den Lieferwagen: Die Jubla Schenkenbergertal fährt ins Sommerlager nach Adelboden. Dieses Jahr feiert die Schar ihr 30-jähriges Bestehen. Im September steigt die Geburtstagsparty mit Spielen für Kinder, Leiter und Ehemalige. Die aktiven Schenkenberger Jungwächter und Blauringmädchen erkennt man an ihrem speziellen Gruss, der sehr flinke Hände erfordert. 

Stefan Studer, Sakristan St. Anton Wettingen
Bereits als Ministrant sprang er ein, wenn der Sakristan einen Stellvertreter brauchte. Seit 37 Jahren ist Stefan Studer nun bei Gottesdiensten im Hintergrund präsent, pflegt Kelche und Gewänder, leert Kässeli und stellt Kerzli bereit – 30’000 davon braucht es pro Jahr. Der Sakristan weiss aus Erfahrung, in welchen Gottesdiensten besonders viele Kerzli gebraucht werden. Aber es sind auch immer wieder Einzelbesucher, die tagsüber einen Moment der Stille suchen. Zum Beispiel jener Mann, der jeden Morgen vor der Arbeit in der Kirche Halt machte und eine Kerze anzündete. Lange übte Stefan Studer, der jetzt pensioniert ist, das Sakristanen-Amt neben dem Beruf als Mechaniker aus, unterstützt von seiner Frau Ursula. Zum 25-jährigen Dienstjubiläum überreichte der Bischof ihm eine Medaille: «Diese Geste der Pfarrei freute mich sehr.»

Ursy Kreyenbühl, Kirchenpflegerin in Stetten
Vor 33 Jahren zog Ursy Kreyenbühl als junge Familienfrau nach Stetten und engagierte sich in der vielfältigen Kirchenarbeit. Im Frauenverein, im Pfarreirat und im Besuchsdienst brachte sie ihre Talente ein. Heute unterstützt sie als Kirchenpflegerin den Aufbau des Pastoralraums. Dass viele von ihr initiierte Projekte Bestand haben, freut die umsichtige Macherin, deren Herzensanliegen eine lebendige Pfarrei ist. Verdient hat sie beim jahrelangen Einsatz fast nichts: «Vergelt’s Gott!», sagt sie und lacht herzlich.

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