29.01.2018

Ein Fricktaler Wochenende für Bischof Felix

Von Marie-Christine Andres / Fabrice Müller

  • Vergangenes Wochenende, 27. /28. Januar, errichtete Bischof Felix Gmür die ersten Pastoralräume im Fricktal.
  • Der Pastoralraum Möhlinbach umfasst 5600 Katholikinnen und Katholiken, der Pastoralraum Region Laufenburg 4812 Gläubige.
  • Mit diesen beiden Pastoralräumen ist die erste Hälfte des Pastoralraumprozesses geschafft: 12 von 24 Pastoralräumen sind nun errichtet.

 

Zum Glück folgt auf jede Pastoralraumerrichtung ein Apéro! Nein, nicht um die bischöfliche Predigt mit Orangensaft hinunter zu spülen, sondern um die letzten wirklich wichtigen Fragen zu klären. Dazu gehörte am vergangenen Samstagabend in Möhlin die Frage nach dem Namen des soeben errichteten Pastoralraums. «Möhlinbach» heisst die neu entstandene Einheit, welche die Pfarreien Wegenstetten-Hellikon, Zuzgen, Zeiningen und Möhlin umfasst. Eigentlich heisse das Tal ja «Wegenstetter-Tal», erklärt ein Insider bei einem Glas Weisswein. Dieses Tal hört aber bei Zeiningen auf, Möhlin gehört nicht mehr dazu. Der Möhlinbach hingegen entspringt an den Hängen über Wegenstetten und fliesst bei Möhlin in den Rhein. So wählte man den verbindenden «Möhlinbach» als Namen für den Pastoralraum.

Personen, die den Pastoralraum prägen

Der neue Pastoralraum umfasst 5600 Katholikinnen und Katholiken. Die Menschen im Pastoralraum standen denn auch im Mittelpunkt der Feier in der Kirche St. Leodegar in Möhlin. Der Kirchenraum ist schlicht und ein Strauss Lilien vor dem Ambo musste als Blumenschmuck genügen. Doch waren diejenigen Personen versammelt, die künftig den Pastoralraum prägen. Der Pastoralraumleiter Daniel Reidy, die Pastoralassistentin Bettina Bischof, der Priester Alexander Pasalidi und die Jugendarbeiterin Lena Heskamp. Links und rechts von ihnen je sechs Ministrantinnen und Ministranten, akkurat der Grösse nach aufgereiht. In ihrer Mitte sassen Christoph Sterkman von der Bistumsregionalleitung St. Urs und Bischof Felix Gmür.

Bischof Felix ist ein Zauberer

«Bischof Felix ist ein Star», sagte Pastoralraumleiter Daniel Reidy in seiner Begrüssung. «Schauen Sie sich doch um – so voll ist die Kirche nur, wenn das Christkind kommt – oder der Bischof.» Der Basler Bischof sei aber auch ein Zauberer. Denn wofür die vier Pfarreien zweieinhalb Jahre gebraucht hätten, schaffe Bischof Felix in wenigen Sekunden.

«…und jetzt dürfen Sie klatschen»

Und Daniel Reidy sollte Recht behalten: «Ich brauche meinen Stab», flüsterte Bischof Felix einer Ministrantin zu. Danach setzte er mit Schwung seine Mitra auf und trat an den Ambo. «Jetzt ist ein wichtiger Moment, deshalb müssen Sie aufstehen», verkündete er. Bevor Bischof Felix den Pastoralraum Möhlinbach errichtete, dankte er den Kirchenpflegern für ihre Arbeit. Und dann beschloss er den zweieinhalb Jahre dauernden Prozess hin zum Pastoralraum mit den Worten: «Kraft meines Amtes als Bischof von Basel errichte ich den Pastoralraum Möhlinbach.» Und nach einer kurzen Pause: «Und jetzt dürfen Sie klatschen.»

Was zählt, sind die Menschen

In seiner Predigt thematisierte Bischof Felix die Nähe Gottes zu den Menschen als Balanceakt und Herausforderung. Auch dabei stellte er die Menschen in den Vordergrund und betonte: «Das Christentum ist keine Religion des Buches. Was zählt, sind die Menschen, die Gott bekennen, ihn suchen, ihn nach Massgabe ihrer Lebensumstände finden. Das Christentum vermittelt sich durch Menschen. Allen voran durch Jesus Christus.»

Humorvolle Fürbitte

Dass es dem Pastoralraum Möhlinbach an spannenden Menschen nicht fehlt, zeigte der weitere Verlauf des Gottesdienstes. Mit folgender Fürbitte etwa sorgte Stefan Wunderlin für heitere Zustimmung: 

«Fragt man hundert Katholiken, was das Wichtigste in der katholischen Kirche sei, antworten sie: „die Messe.“ Fragt man die gleichen Leute dann, was das Wichtigste in der Messe sei, so sagen sie: „die Wandlung.“ Sagt man den hundert Katholiken dann aber: „Das Wichtigste in der katholischen Kirche ist die Wandlung“, so rufen sie empört: „Nein! Alles soll so bleiben, wie es ist.“»

Unerkannte Propheten gesucht

Pastoralraumleiter Daniel Reidy wies mit Galgenhumor auf die Kollekte für die Kampagne «Chance Kirchenberufe» hin. Die Errichtung eines Pastoralraums habe ja unter anderem die Funktion, den Personalmangel zu entschärfen. Vielleicht fänden sich ja in der vollen Kirche ein paar unerkannte Propheten, hoffte Daniel Reidy und sagte: «Damit wir nicht in ein paar Jahren den Pastoralraum „Bistum Basel“ errichten müssen, lege ich ihnen diese Kollekte besonders ans Herz.»

200 gemeinsame Schritte

Zum Ende der Feier wandte sich der Möhliner Kirchenpflegepräsident Matthias Burkhardt mit feinem Humor an die versammelten Gläubigen: «Herzlich lade ich Sie ein, nach dem Gottesdienst die ersten 200 Schritte gemeinsam zu gehen.» So fanden fast alle den Weg ins Pfarreizentrum Schallen zum Apéro.

Dirigent seit 1963

So auch Marcel Bamert. Der Dirigent des Kirchenchors Wegenstetten ist vor wenigen Tagen zurückgetreten. Nach 55 Jahren ununterbrochenem Einsatz als Chorleiter, Organist und Komponist mit viel Herzblut. Marcel Bamert bestätigte, was Bischof Felix während der Feier schon erzählt hatte: Sein erstes Konzert hatte er im Jahr 1963 bei der Bannfeier in Wegenstetten dirigiert. Da sei er frisch aus dem Lehrersemi gekommen. Er erinnert sich noch an das erste Lied bei jener Feier: «Stern, auf den ich schaue». Diesen Mai wird er das letzte Mal offiziell dirigieren. Bei der Bannfeier in Wegenstetten. Mit «Stern, auf den ich schaue» wird sich der Bogen seiner langen Kirchenmusikzeit schliessen.

Dass Bischof Felix ihn am Samstag im Gottesdienst persönlich würdigte und verabschiedete, freute Marcel Bamert sehr. Fröhlich meinte er: «Wenn einen der Bischof persönlich verabschiedet, kann man mit ruhigem Gewissen aufhören.»

Besagter Bischof hätte nach der Feier in Möhlin eigentlich im Fricktal übernachten können. Denn am Sonntagmorgen folgte gleich die Feier zur Errichtung des Pastoralraums Region Laufenburg in Mettau.

In Gemeinschaft die Nähe Gottes spüren                 

Wann haben sie zum letzten Mal die Nähe Gottes gespürt? Unter diesem Motto stand die Predigt von Bischof Felix Gmür an der Festmesse am Sonntagmorgen zur Errichtung des Pastoralraumes Region Laufenburg. «Nähe, Vertrautheit und Ehrfurcht gehören zu unserer Vorstellung von Gott und ebenso in jede Beziehung. Gott ist uns nahe durch die Vermittlung und Gegenwart anderer Menschen», sagte Bischof Felix Gmür. Als Zeichen der Verbundenheit des neuen Pastoralraumes entwickelten die Verantwortlichen aus den beteiligten Kirchenpflegen ein gemeinsames Logo: die Sonne als Symbol für das Mettauertal, sechs Sonnenstrahlen für die beteiligten Gemeinden Laufenburg, Sulz, Kaisten und Ittenthal aus dem bisherigen Seelsorgeverband Schynberg sowie Mettau und Gansingen aus dem Seelsorgeverband Mettauertal, ein grüner Berg als Symbol für den Schynberg und der Rhein als verbindendes Element.

4’812 Katholiken aus sechs Kirchgemeinden

Die Vorbereitungen für den Pastoralraum 21 begannen vor circa zwei Jahren, als die insgesamt vier Spur-, Arbeits- und Projektgruppen ihre Arbeit aufnahmen. Gemäss den Vorgaben des Bistums sollten beide Seelsorgeverbände zu einem neuen Pastoralraum 21 mit sechs Kirchgemeinden sowie 4’812 Katholiken zusammengeführt werden.

Vierköpfiges Seelsorgeteam

Auf der pastoralen Ebene werden die Gläubigen künftig von vier Seelsorgern betreut. Zum Team zählen Thomas Frey, Diakon in Laufenburg und Leiter des Pastoralraumes, die Pastoralassistentin Barbara Metzner, zuständig für das Mettauertal und Gansingen, der Priester John Vara in Sulz und die Pastoralassistentin Helena Boutellier Kyburz in Kaisten. «Weil, abgesehen von Ittenthal, fast alle Gemeinden ähnlich gross sind, haben wir uns entschlossen, die Seelsorgenden analog ihrer bisherigen Wohn- und Arbeitsorte im Pastoralraum zu stationieren», erklärt Thomas Frey. Die Aufgabenverteilung hingegen sei nicht fix definiert und hänge von den persönlichen Stärken der Seelsorgenden ab.

Von Jugendarbeit bis Gemeinschaftsbildung

Das Seelsorgeteam hat sich vier pastorale Schwerpunkte gesetzt. Dazu gehören die Diakonie mit der Begleitung von älteren Menschen und Asylbewerbern; die Glaubensbildung Jugendlicher durch die Zusammenarbeit mit der Juseso Fricktal und von Erwachsenen mit Vorträgen und Wallfahrten; die Initiationssakramente wie Taufen, Erstkommunion und Firmung, bei denen die Seelsorgenden jeweils lokal die Verantwortung tragen; und die Gemeinschaftsbildung durch bereits sehr aktive Pfarreigruppen wie Frauenvereine, Kirchenchöre, Ministranten, Jugendgruppen usw. «Durch die Zusammenarbeit im Pastoralraum werden wir auf der seelsorgerischen Ebene wertvolle Synergien nutzen können», ist Thomas Frey überzeugt. Gleichzeitig sollen die lokalen Traditionen der einzelnen Kirchgemeinden weiterhin ihren Platz haben.

Satzungen zurückgewiesen

Welche Bilanz ziehen die Beteiligten aus den kirchenpolitischen Gremien? Wie Roland Schnetzler, Präsident der Kirchenpflege Laufenburg, informiert, verlief die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Kirchgemeinden in der eingesetzten Arbeitsgruppe stets konstruktiv, wenn es auch an gewissen Knacknüssen nicht fehlte. «Die grösste Herausforderung war sicher eine gerechte Verteilung der Finanzen zwischen den einzelnen Kirchgemeinden, die mit Mitgliederzahlen zwischen 140 und 1’100 doch unterschiedlich gross sind», schildert Roland Schnetzler. Schlussendlich sei es jedoch gelungen, einen sinnvollen Verteilschlüssel zu finden. Als weitere Herausforderung erwies sich an der Kirchgemeindeversammlung in Laufenburg Mitte November, als die Mitglieder zwar Ja zum Pastoralraum und zur Auflösung des Schynbergverbandes stimmten, die Satzungen des Pastoralraumes jedoch zurückwiesen. Die Kirchgemeinden in Sulz, Kaisten, Ittenthal und Gansingen stimmten beiden Vorlagen zu; Mettau brachte nach dem Nein von Laufenburg die Satzungen erst gar nicht zur Abstimmung.

«Unschärfen und Widersprüche»

Welches sind die Argumente der Opposition? Peter Neuhaus aus Laufenburg, ehemaliger Synodepräsident der Aargauer Landeskirche, erklärt, dass Oppositionelle das auf wenige Mitglieder beschränkte Stimmrecht der Teilnehmer der Kirchenpflegenversammlung als oberstes Organ für wenig demokratisch halten. Neben dieser allerdings bewusst getroffenen Lösung seien Widersprüche in der Satzung wahrscheinlich hauptsächlich bei der Zusammenführung der Musterstatuten der Landeskirche mit den Satzungen bestehender Seelsorgeverbände entstanden. «Beispielsweise ergaben sich Unklarheiten bei der Wahl und im Verhältnis der beiden Organe Vorstand und Kirchenpflegenversammlung», sagt Peter Neuhaus. Ausserdem würden die Bestimmungen über Änderung der Satzungen einerseits und über Auflösung des Verbandes anderseits wegen unterschiedlicher Mehrheiten Fragen aufwerfen. Trotzdem: «Man kann mit den jetzigen Satzungen durchaus arbeiten, sofern alles rund läuft. Bei kritischen Themen hingegen müssten einzelne Punkte der Satzungen möglicherweise hinterfragt werden.»

Bei der nächsten Revision überarbeiten

Die Kirchenpflegen und Opposition einigten sich in einer Aussprache darauf, dass man über die bestehenden Satzungen im Rahmen einer ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung am 20. Januar abstimmen und den Satzungstext zu einem späteren Zeitpunkt bei der nächsten Revision überarbeiten würde. Dieses Vorgehen wurde an den ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlungen in Laufenburg und Mettau bestätigt. In der Bevölkerung verfolgte man – so Roland Schnetzler – die Entstehung des Pastoralraumes teilweise mit gemischten Gefühlen. «Dass wir vor allem auf der Politik- und Vereinsebene sowie im Rahmen von Gewerbeanlässen bereits regelmässig zusammenarbeiten, ist dem Entstehungsprozess des Pastoralraumes sicher entgegengekommen.»

 

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