26.07.2021

Mit Horizonte auf dem Weg zum See, dem Kolumban vermutlich seinen Namen gab
Ein kalter, verschwiegener Zeuge

Von Marie-Christine Andres Schürch

  • Der internationale Kulturweg «Via Columbani» zeichnet den Weg des irischen Mönchs Kolumban nach, der um das Jahr 600 von Irland via Frankreich und die Schweiz nach Norditalien gelangte.
  • Vor einem Jahr wurde der Schweizer Abschnitt der «Via Columbani» eröffnet.
  • Ein guter Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen und voraus zu schauen. Und ein guter Grund, selber die Wanderschuhe zu schnüren und Kolumbans Spuren zu folgen.


Der stille Zeuge: Da unten liegt er! Gebettet zwischen Felsbrocken und Bergwiese, angeschmiegt an den letzten Schnee. Der Leg Columban – auf Deutsch Columbansee – trägt seinen Namen seit Menschengedenken. Obwohl nicht zu belegen ist, woher er seinen Namen hat, ist eine Verbindung zum irischen Mönch Kolumban, der im Jahr 612 auf dem Weg von Frankreich nach Italien die Schweizer Alpen überquerte, wahrscheinlich.

Eine Etappe weckte besonderes Interesse

Der europäische Kulturweg Via Columbani folgt den Spuren Kolumbans und seiner Gefährten vom irischen Bangor bis ins norditalienische Bobbio. Vor einem Jahr wurde das Schweizer Teilstück eröffnet. Seither ist der Schweizer Teil jener Abschnitt, der am besten ausgebaut, dokumentiert und begleitet ist. In 21 Etappen führt der Weg von Basel bis ins Bergell.

Die einzelnen Etappen sind auf der Webseite detailliert dokumentiert. Und eben da weckte eine Etappenbeschreibung unser besonderes Interesse: «Wir verlassen Bivio und folgen den Wegweisern zum Septimer-Pass. Am Dorfausgang von Bivio weist ein Wanderwegweiser auf den Leg Columban, ein Hinweis darauf, dass Kolumban und seine Gefährten mit hoher Wahrscheinlichkeit diesen Weg genommen haben.»

Welche Route Kolumban für seine Alpenüberquerung gewählt hat, kann anhand von Indizien vermutet werden. | Foto: Marie-Christine Andres

Verschwiegenes Idyll

Also wandern wir die Etappe 20 nicht auf der Originalroute, sondern wählen den Columbansee als Zwischenziel. Er liegt östlich der Fuorcla da la Valletta auf 2430 Metern über Meer. Sein Wasser ist eiskalt, klar und voller Fische. Die Sicht auf die umliegenden Berge ist grandios. Zu gerne wüsste man, ob Kolumban hier vorbeigezogen ist, ob er gar am Ufer Rast gehalten hat. Ob er mit den Menschen in den Bergdörfern in Kontakt gekommen ist. Und womit er die Leute beeindruckt haben mag, dass sie einen See nach ihm benannt haben.

Der direkteste Weg nach Italien

In der Schweiz und Österreich sind drei Orte in den Lebensgeschichten von Kolumban und Gallus erwähnt, an denen die Mönchsgruppe sich aufgehalten hat: Tuggen am oberen Zürichsee sowie Arbon und Bregenz am Bodensee. Wolfgang Sieber ist Präsident der Interessensgemeinschaft (IG) Kolumbansweg. Um den Weg durch die Schweiz festzulegen, seien sie davon ausgegangen, dass Wanderer zur damaligen Zeit den Flussläufen und Römerstrassen folgten, erklärt er. 

Der Columbansee habe als Indiz gedient, um Kolumbans Weg durch die Alpen nachzuvollziehen. Zusammen mit der Tatsache, dass Kolumban mit Italien ein klares Ziel vor Augen hatte und daher den direktesten Weg gewählt haben dürfte, ergab sich als naheliegende Route jene über die Lenzerheide und den Septimerpass nach Chiavenna.

Wegweiser zum Columbansee in Juf im Avers. | Foto: Marie-Christine Andres

Beweggründe der Menschen verstehen

Wolfgang Sieber betont aber auch: «Viel wichtiger, als die Route lückenlos zu rekonstruieren, ist, das Motiv der damaligen Mönche zu verstehen. Was hat diese Menschen bewegt?» Im kulturellen und machtpolitischen Vakuum nach den Transformationen der Völkerwanderungszeit zwischen den Jahren 375 und 568 v. Chr. hätten die irischen Mönche ihren Platz gesucht. Kolumban und seine Gefährten gründeten zahlreiche Klöster und genossen hohes Ansehen.

Positive Bilanz nach dem ersten Jahr

Die Mischung aus Bewegung und Naturerlebnis vor dem Hintergrund Europäischer Geschichte scheint die Menschen heute anzusprechen. Seit seiner Eröffnung findet der Kolumbansweg Schweiz Erwähnung in verschiedenen Medien. Die IG Kolumbansweg hat zudem gezielt Partnerorganisationen gesucht, um gegenseitig voneinander zu profitieren. Erfolgreich ist etwa die Zusammenarbeit mit der Internetplattform outdooractive. Partner wie Gesundheitsland Schweiz, der Reiseveranstalter Baumeler oder die Firma Rent-a-Bike bieten Aktivitäten rund um den Kolumbansweg an. Die verschiedenen ein- oder mehrtägigen Wanderangebote waren durchwegs gut besucht. Bereits sind weitere Wanderungen ausgeschrieben.

Bronze-Plaketten markieren attraktive Wegpunkte

Der Kolumbansweg war im ersten Jahr also durchaus belebt. Und die IG wartete während der ersten Betriebsmonate immer wieder mit Neuerungen auf. Seit April erscheint alle zwei bis drei Monate ein Newsletter, der inzwischen 700 Empfänger erreicht. Der Kolumbansweg-Pass ermöglicht seit diesem Frühling das Sammeln von Stempeln unterwegs.

Weiter ist die IG daran, an attraktiven Stellen wie Etappenorten oder Kirchen am Weg bronzene Kolumbansweg-Plaketten anzubringen. Obwohl der Columbansee etwas abseits der offiziellen Route liegt: seine rätselhafte Schönheit hätte eine Plakette mehr als verdient.

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