15.09.2013

Emotionale Debatte

Von Horizonte Aargau

Am kommenden Sonntag, 22. September, wird über die Gesetzesvorlage zur Liberalisierung der Öffnungszeiten an Tankstellenshops abgestimmt. Die «Sonntagsallianz», eine Allianz aus kirchlichen Organisationen, linken und christlichen Parteien, Gewerkschaften, Frauenverbänden und Arbeitsmedizinern hat gegen die Gesetzesänderung das Referendum ergriffen. Im Auftrag der Schweizer Bischofskonferenz engagiert sich auch die Kommission Justitia et Pax in der «Sonntagsallianz».

Gegen die «Salamitaktik»
Die zweite Trendumfrage des Schweizer Fernsehens zur Abstimmung habe nun gezeigt, dass es beim Referendum gegen die Verschlechterung des Arbeitsgesetzes ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen gibt. Dies teilte die «Sonntagsallianz» mit und zeigt sich gemäss Mitteilung zuversichtlich, dass die Stimmberechtigten die von der Parlamentsmehrheit verfolgte «Salamitaktik» für längere Ladenöffnungszeiten mit einem Nein stoppen. Dazu müsse es jedoch gelingen, all jene an die Urne zu bewegen, welche die Politik in Richtung 24-Stunden-Shopping ablehnen und mit dem Status quo zufrieden sind. Anders als die Befürworter behaupten, gehe es bei der Abstimmung nicht um Bratwürste und Sortimente, sondern um Menschen und deren Arbeitsbedingungen.

Nur der erste Schritt
Die geplante Aufweichung des Nacht- und Sonntagsarbeitsverbots für Tankstellenshops sei der erste Schritt für generell längere Ladenöffnungszeiten. Die nächsten Etappen für mehr Abend-, Nacht- und Sonntagsarbeit seien aufgegleist. So verlangen die Grünliberalen mit Verweis auf die Tankstellenshops, dass auch alle anderen Geschäfte bis zu 120 Quadratmetern Verkaufsfläche den 24-Stunden-Betrieb einführen und Angestellte nachts und sonntags beschäftigen dürfen. Eine massive Ausweitung der Sonntagsarbeit und die schweizweite Festlegung von extensiven Mindestladenöffnungszeiten in den Kantonen habe das Parlament bereits beschlossen.

Viele Stimmen
In der emotional geführten Debatte melden sich zahllose Vertreter beider Lager zu Wort. Während die Befürworter von der Beseitigung eines «bizarren Zustandes» sprechen, befürchten die Gegner einen Dammbruch und in dessen Folge auch den Verlust des arbeitsfreien Sonntags. Dagegen gibt es auch kirchliche Stimmen, die die Methoden der «Sonntagsallianz» kritisch hinterfragen. Mit Bezug auf das Plakat der Allianz schreibt Thierry Moosbrugger vom Fachbereich «Öffentlichkeitsarbeit» der Römisch-Katholischen Kirche Basel Stadt: «In der Logik des Sonntagsallianz-Plakats müssten die Kinder von Kirchenmenschen völlig verwahrlost sein, wenn die Eltern nächtens Kirchenratssitzungen durchführen. Ist es so? Und wo gibt es – ein weiteres Schlagwort der Gegner – mehr Burn-Outs: bei Kirchenangestellten oder beim Verkaufspersonal? Die Forderung der Sonntags-Allianz, den Sonntag als ‚sozialen Tag‘ nicht preis zu geben, betrifft ironischerweise auch Kirchenleute, wenn sie am Sonntagmorgen arbeiten, statt die Familiengemeinschaft zu pflegen.»

Parteipolitischer Einbezug
Der Churer Bischof Vitus Huonder lehnt der weil die Versendung der Plakate an Pfarrgemeinden ab. In einer Mitteilung des Bischöflichen Ordinariats Chur an die Mitarbeitenden der Diözese heisst es, die Abstimmung betreffe nicht die Sonntagsruhe. Niemand fordere die Abschaffung derselben. Es gehe alleine um das «Sortiment in Tankstellenshops zwischen ein und fünf Uhr morgens» an allen Wochentagen. Plakate der «Sonntagsallianz» sollen aus Sicht des Bistums Chur nicht in den Pfarreien aufgehängt werden, weil dies «Parteilichkeit der Kirche für eine bestimmte politische Option» wäre, und zwar in einer Frage, die «nicht zum Kerngehalt des Glaubens gehört». Bei der Abstimmung gehe es um eine Frage, bei der die Gläubigen verschiedene Antworten geben könnten und «keineswegs um eine Frage, zu welcher der Glaube der Kirche eindeutige Vorgaben macht».    kipa/aj

Mehr lesen ab Donnerstag im neuen Aargauer Pfarrblatt Horizonte.

Sagen Sie uns Ihre Meinung. Bedeutet eine Annahme der Vorlage den Dammbruch? Oder geht es wirklich nur um die Behebung eines bizarren Zustandes?

 

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