10.02.2020

Erweiterung der Anti-Rassimus-Strafnorm deutlich angenommen

Von kath.ch/sda/acm

  • In der Schweiz ist es künftig strafbar, Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung zu diskriminieren. Das Stimmvolk hat am Sonntag die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm 63,1 Prozent angenommen.
  • Besonders hoch war die Zustimmung in der Westschweiz. Das deutlichste Ja verzeichnete der Kanton Waadt mit 80,2 Prozent, gefolgt von den Kantonen Genf mit 76,3 Prozent, Jura mit 73,8 Prozent und Neuenburg mit 73,7 Prozent.
  • Da sich die Kirchen erfahrungsgemäss schwer tun mit der Akzeptanz von Homosexualität, stellt sich die Frage der Konsequenz in Zukunft. Während der Basler Bischof Felix Gmür dahingehend keine Probleme erwartet, heisst es beispielsweise von der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA): «Praktizierte Homosexualität in einer Predigt aus ethischen Gründen negativ zu beurteilen, muss möglich bleiben.»

 

Mit der Zustimmung des Stimmvolkes wird nun die Anti-Rassismus-Strafnorm erweitert. Heute schützt Artikel 161bis des Strafgesetzbuches vor Diskriminierung und Hetze wegen der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Ethnie oder Religion. Wer dagegen verstösst, riskiert eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Das ist künftig auch bei Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung der Fall.

SVP und EDU dagegen

Dagegen stellten sich die SVP und die EDU. Bereits in den Umfragen zeigte sich jedoch, dass die Gegnerinnen und Gegner einen schweren Stand haben würden. In der letzten SRG-Trendbefragung sprachen sich 65 Prozent für die Vorlage aus, in jener von Tamedia 69 Prozent. Das Ja ist nun etwas weniger deutlich ausgefallen, aber deutlicher als bei der Einführung der Strafnorm 1994. Damals hatten 55 Prozent Ja gestimmt.

Der Abstimmungskampf drehte sich um die Meinungsäusserungsfreiheit und deren Grenzen. Die Gegnerinnen und Gegner einer Erweiterung der Strafnorm sprachen von einem «Zensurgesetz». Meinungsäusserungsfreiheit umfasse das Recht, Dinge zu sagen, die anderen nicht passten, argumentieren sie. Dieses dürfe nicht eingeschränkt werden. Bei der Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verfing das Argument aber offenbar nicht. Bereits heute macht sich strafbar, wer Einzelpersonen oder klar definierte Gruppen herabwürdigt. Was nach Annahme der Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm künftig  noch erlaubt und was verboten sein wird, sorgte im Abstimmungskampf für Kontroversen. Die Auslegung wird Sache der Gerichte sein.

«Homoxexualität negativ beurteilen, muss gehen»

Die Frage ist nun, wie sich das neue Gesetz auf die religiöse Praxis in den Kirchen auswirken könnte. «Grundsätzlich ändert sich nichts für unsere Kirchen», sagt Matthias Spiess, Generalsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) und für Kirchenfragen zuständig. «Unsere Mitgliedkirchen haben ja noch nie zu Gewalt und Hass gegenüber Homosexuellen aufgerufen.» Gelichwohl hofft die SEA, die  sich im Vorfeld der Abstimmung für ein Nein stark gemacht  hatte, dass es weiterhin möglich sei, sich kritisch zu Homosexualität zu äussern, ohne gleich sanktioniert zu werden. «Praktizierte Homosexualität in einer Predigt aus ethischen Gründen negativ zu beurteilen, muss möglich bleiben.» Ebenso die Aussage, dass in der Bibel keine positiven Beispiele von gleichgeschlechtlicher Sexualität zu finden seien.

Der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), der Basler Bischof Felix Gmür, sieht hingegen keinerlei Probleme auf die Römisch-Katholische Kirche zukommen. «Ich bin überzeugt davon, dass sich unsere Mitarbeitenden bewusst sind, dass in der Kirche alle Menschen willkommen sind – unabhängig von ihrer Rasse, Herkunft und sexuellen Orientierung», lässt er auf Anfrage ausrichten.

Kirche: «Einschränkungen, die nicht für alle gelten»

Der SBK-Präsident zeigt sich grundsätzlich überzeugt, dass die katholische Kirche nicht mit dem neuen Gesetz in Konflikt geraten wird. «Die Kirche ist ein sogenannter Tendenzbetrieb mit Einschränkungen, die nicht für die Allgemeinheit gelten und deshalb nicht unter die neue Strafnorm fallen», erklärt Felix Gmür. Zudem befinde sich die Kirche bezüglich ihrer internen «Einschränkungen rund um die ‹sexuelle Orientierung› weltweit auf einem Entwicklungsweg».

Gemäss der Praxis des Bundesgerichts müssen die diskriminierenden Äusserungen öffentlich sein und vorsätzlich, damit sich jemand strafbar macht. Ausserdem müssen sie so heftig sein, dass sie den Kern der Menschenwürde tangieren. Witze am Stammtisch sind nicht betroffen, sofern Unbeteiligte nicht mithören müssen. Auch wer sich beispielsweise öffentlich gegen die Ehe für homosexuelle Paare ausspricht, riskiert keine Strafe. Bestraft werden demnach nur Hetze gegen «die Homosexuellen» – beispielsweise im Internet.

«Homosexualität» bleibt auf der politischen Tagesordnung

Als nächstes steht im Parlament die Beratung zur Vorlage «Ehe für alle» an. Diese würde es gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglichen, eine Ehe zu schliessen. Heute können diese ihre Partnerschaft lediglich registrieren lassen. Zudem besteht in eingetragenen Partnerschaften kein Recht auf die gemeinschaftliche Adoption von Kindern.

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