17.02.2021

Heute Aschermittwoch startet die Fastenkampagne
Fastenopfer-Direktor: «Wir sagen, warum die Menschen arm sind»

Von Colette Kalt und Andreas C. Müller

  • Die Bundeskanzlei hat unlängst das Engagement der Kirchen im Abstimmungskampf zur Konzerninitiative als «grenzwertig» bezeichnet. Entsprechend gehen die Meinungen, was eine Organisation wie Fastenopfer politisch «darf oder nicht darf», weit auseinander.
  • Bernd Nilles, Geschäftsleiter von Fastenopfer, ist besorgt über diese Entwicklung und stellt klar: Es seien keine Spendengelder, die nicht für diesen Zweck bestimmt wären, in die Unterstützung der Kampagne geflossen.

Stiftungszweck Fastenopfer kurz erklärt:

Umstritten: Banner zugunsten der Konzernverantwortungsinitiative an Kirchtürmen wie hier in Bern. | Foto: zvg

Fastenopfer unterstützt Projekte und Programme zugunsten wirtschaftlich und sozial benachteiligter Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika. Ziel von Fastenopfer ist es, deren Eigeninitiative zu stärken und zu unterstützen. Dies erfolgt in der Zusammenarbeit mit Organisationen und Gruppierungen der Zivilgesellschaft, Kirchen und Nichtregierungsorganisationen vor Ort. Fastenopfer trägt weiter zur entwicklungspolitischen Meinungs- und Entscheidungsbildung bei, um die Ursachen von Armut und deren politische und ökonomische Rahmenbedingungen zu beeinflussen. Dies geschieht durch Information und Bewusstseinsbildung in ökumenischer Zusammenarbeit, um die weltweite Solidarität der Schweizer Bevölkerung zu fördern.

Herr Nilles, Hand aufs Herz, darf Fastenopfer sich gemäss seinem Auftrag überhaupt politisch engagieren?
Bernd Nilles: Fastenopfer hat gemäss Statut den Auftrag, neben der konkreten Projektarbeit im Süden auch politische Rahmenbedingungen für die Armen und für eine nachhaltige Entwicklung zu verbessern. Politisches Engagement liegt also quasi in unserer DNA und wird auch von unseren Spendenden so wahrgenommen.

Aber die Aufgabe eines Hilfswerks wie Fastenopfer ist doch die Entwicklungshilfe.
Absolut, und unser Leistungsausweis hierbei ist beträchtlich, denn im Jahr 2019 konnte Fastenopfer über 620‘000 Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika direkt erreichen. Das bedeutet: bessere Lebensbedingungen, weniger Hunger und gesichertere Menschenrechtssituationen für 2,7 Millionen Menschen in 14 Ländern. Aber wir fragen auch und sagen, warum die Menschen arm sind. Denn Armut hat viele Ursachen. Und einige dieser Ursachen liegen auch in der Schweiz. Wir haben also eine Mitverantwortung, unsere Handelsverträge, unseren CO2-Ausstoss, das Wirtschaften der hiesigen multinationalen Konzerne, unseren Konsum so zu gestalten, dass dies nicht die Armen trifft und benachteiligt.

Es wurde aber kritisiert, dass Fastenopfer Spendengelder für den Abstimmungskampf eingesetzt hat.
Zu Unrecht, denn Fastenopfer hat nur einen kleinen Beitrag zur gesamten Konzernverantwortungsinitiative (KVI) geleistet. Die KVI wurde von 130 Organisationen getragen und vor allem durch Spenden aus der Bevölkerung finanziert, die direkt an die KVI überwiesen wurden. Die Kampagne wurde somit nicht nur von einer enorm grossen und breiten gesellschaftlichen Allianz, sondern vor allem von zahlreichen engagierten Personen in der Bevölkerung getragen. Wenn Fastenopfer Geld an eine Kampagne wie die KVI beiträgt, so sind dies vor allem zweckbestimmte Mittel und Zuwendungen, welche für unsere Menschenrechtsarbeit oder konkret für die Initiative gespendet wurden.

Nun steht wieder die Fastenkation an. Wie sieht es mit den Geldern der Fastenkollekte aus? Wer entscheidet, wie diese eingesetzt werden?
Bei der Fastenkollekte ist es so, dass die Pfarreien entscheiden, welche Projekte und Programme unterstützt werden sollen. Spendet eine Pfarrei für unser Landesprogramm Senegal, gehen alle Spenden der Pfarreikollekte in dieses Landesprogramm. Auch Beiträge von Kirchgemeinden sind grösstenteils zweckbestimmt und werden dementsprechend nur für das gewünschte Projekt genutzt, für das sie gespendet wurden. Die zweckbestimmte Verwendung von Geldern ist ein wichtiger Aspekt der ZEWO-Zertifizierung und der internen Abläufe bei Fastenopfer. Diese Prozesse sind genau definiert und werden auch regelmässig überprüft.

Fastenaktion 2021: Klimagerechtigkeit

Fastenopfer etablierte mit einer regionalen Partnerorganisation Solidaritätssparkassen im Senegal. | © Ousmane Kobar/ Fastenopfer

Die Länder, die am meisten von der Klimaerwärmung betroffen sind, haben am wenigsten dazu beigetragen. Während der Ökumenischen Kampagne machen Fastenopfer und Brot für alle auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam und fordern, dass diejenigen Verantwortung übernehmen, die den Klimawandel am meisten befeuern. Mit einer Unterschriftensammlung appelliert Fastenopfer darum an die Schweizerische Nationalbank SNB: Sie soll alle Anteile von Unternehmen abstossen, die an Förderung, Handel und Verarbeitung fossiler Energieträger beteiligt sind.

Und über welches Geld darf Fastenopfer frei verfügen?
Nur allgemeine Beiträge dürfen von Fastenopfer frei verwendet werden, jedoch immer im Rahmen der in den Statuten definierten Aufgaben und Stiftungszwecke. Dabei setzen wir auf grosse Transparenz. Wir informieren unsere Spenderinnen und Spender aber auch alle anderen Beitragsgeber wie Stiftungen, Kantonalkirchen, Kirchgemeinden und die Öffentlichkeit über die unterstützen Projekte und die Verwendung der Gelder in unserem Jahresbericht und den ergänzenden Informationen auf unserer Website.

Und was gilt bei den Deza-Geldern, die ja Steuergelder sind?
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit finanziert Entwicklungshilfemassnahmen vor allem über erfahrene Hilfsorganisationen wie Fastenopfer oder internationale Organisationen. Wir sind seit vielen Jahren Partner der DEZA und arbeiten hervorragend zusammen.

Welchen Schwerpunkt hat diese Arbeit?
In den nächsten vier Jahren legen wir in unserem DEZA-finanzierten Programm einen besonderen Schwerpunkt auf Ernährungssicherung in 14 Ländern. Die Gelder von der DEZA werden gemäss einem umfangreichen Programmdokument mit angestrebten Zielen und Wirkungen eingesetzt und dürfen nicht für politische Arbeit in der Schweiz verwendet werden.

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