05.04.2021

Seit Präsident Dutertes Machtantritt wurden über 30'000 Menschen getötet
Fastenopfer kämpft auf den Philippinen gegen das Morden und für das Impfen

Von Andreas C. Müller

  • Im Auslandschwerpunkt im Nachgang zur Fastenzeit berichtet Horizonte über die Situation auf den Philippinen.
  • Fastenopfer engagiert sich auf den Philippinen gegen Menschenrechtsverletzungen. Horizonte hat mit der Programmverantwortlichen, Helena Jeppesen, gesprochen.

Der Klimawandel trifft auch die Philippinen

Ein zweites grosses Problem scheint offenbar der Klimawandel, respektive dessen Folgen, zu sein. Wie stark haben Unwetter und Naturkatastrophen in den letzten Jahren zugenommen?
Helena Jeppesen:
Die Taifune werden zweifellos stärker und zerstörerischer und werfen oft auch die Errungenschaften in einem Projekt wieder zurück. Dies haben fast alle Projektpartner in den letzten zehn Jahren schmerzvoll erfahren. Die Folgen des Klimawandels sind im Inselreich Philippinen unübersehbar. 

Was kann Fastenopfer bei diesem Thema mit seinen Partnerorganisationen für die Menschen tun?
Einige unserer Partnerorganisationen sind zu Profis des sogenannten «Disaster Risk-Managements» geworden. Das ist die Katastrophenvorbereitung, die in allen Projektgebieten zusammen mit den lokalen Behörden eingeführt wurde. Wenn die Bevölkerung sich gut auf einen Taifun vorbereitet und Schutz sucht in den Evakuationszentren, können Todesfälle vermieden und materielle Schäden vermindert werden. Seit dem zerstörerischen Super-Taifun Haiyan im Jahr 2013, der über 6’000 Menschen in den Tod riss, wurde die Katastrophenvorsorge in allen Provinzen eingeführt und verbessert.

Frau Jeppesen, wie stark haben auf den Philippinen Menschenrechtsverletzungen unter Rodrigo Duterte in den letzten Jahren zugenommen?
Helena Jeppesen: Menschenrechtsorganisationen berichten von einer drastischen Zunahme. Vor allem die Zahl der sogenannten «aussergerichtlichen Tötungen» im Zuge des Anti-Drogenkriegs ist schockierend hoch. Seit dem Amtsantritt von Präsident Duterte im Jahr 2016 sind mindestens 30’000 Menschen, darunter auch Kinder, umgebracht worden. Eine Kultur der Straflosigkeit führt dazu, dass es kaum Konsequenzen für Verantwortliche solcher Menschenrechtsverstösse gibt.

Welche Erfolge kann die Partnerorganisation von Fastenopfer vor Ort mit anwaltschaftlicher Unterstützung erreichen?
Durch die Medienarbeit der kirchlichen und nichtkirchlichen Menschenrechtsorganisationen kam das Ausmass der aussergerichtlichen Tötungen ans Licht und ins Bewusstsein der nationalen und internationalen Öffentlichkeit.

Wird die Arbeit von Fastenopfer, beziehungsweise deren Partnerorganisationen, von der Regierung behindert?
Selbst Bischöfe und Ordensfrauen, hohe kirchliche Vertreterinnen und Vertreter bekamen Todesdrohungen, weil sie Gerechtigkeit und die Einhaltung der Menschenrechte einforderten. Auch einige unserer Partnerorganisationen müssen ihre Mitarbeitenden schützen und vorsichtig agieren. Auf den Philippinen ist die Meinungs- und Pressefreiheit eingeschränkt und bedroht.

Die aktuelle Pandemie hat sicher auch einschneidende Folgen für die Menschen auf den Philippinen. Was erfahren Sie über Ihre Kontakte vor Ort über die Menschen? Wer ist besonders betroffen?
In den dicht besiedelten Gebieten, wo viele Arme leben, haben sich sehr viele Menschen infiziert. Es ist unmöglich, in einem Slum Abstand zu halten und die Hygienevorschriften einzuhalten, denn die Wohnverhältnisse sind sehr eng, und es gibt in den Häusern kein fliessendes Wasser.

In Brasilien werden bestimmte Menschengruppen im Kampf gegen die Corona-Pandemie offensichtlich vernachlässigt und benachteiligt. Hat die Duterte-Regierung ähnliche Missstände zu verantworten?
Nein, dies ist nicht der Fall. Die Regierung plante den Start der Impfkampagne für Februar. Noch ist aber weit und breit kein Impfstoff in Sicht.

Wie steht die Bevölkerung zur Impfung?
Die philippinische Bevölkerung ist sehr impfskeptisch, unter anderem auch, weil es vor einigen Jahren bei der Einführung eines Impfstoffes gegen das Denguefieber mehrere Todesfälle gab. Auf den Philippinen sind die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie gravierender als die gesundheitlichen. Auch deshalb ist es wichtig, dass die Bevölkerung geimpft wird. Die Armut hat im letzten Jahr stark zugenommen.

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