20.05.2020

Zu Auffahrt: Gottesdienst für Menschen mit Behinderung

Von Andreas C. Müller

  • Da an Christi Himmelfahrt, 21. Mai, noch keine öffentlichen Gottesdienste stattfinden dürfen, zeichnet Horizonte erneut einen besonderen ökumenischen Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Martin in Oberentfelden auf. Konkret handelt es sich um einen «Mitenand-Gottesdienst» für Menschen mit und ohne Behinderung.
  • Was erwartet das Publikum in der knapp 40-minütigen Aufzeichnung? Isabelle Deschler, Leiterin der Fachstelle für Menschen mit Behinderung der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau, gibt Auskunft im Interview.

 

Frau Deschler: Was dürfen wir uns unter einem «Mitenand-Gottesdienst» vorstellen, an dem Menschen mit Behinderung mitwirken? Was unterscheidet ihn von einem herkömmlichen Gottesdienst?
Isabelle Deschler: Wir Seelsorgenden bereiten solche Gottesdienste immer zusammen mit Menschen mit Behinderung vor. Auch das Thema bestimmen wir gemeinsam. Zudem sind Menschen mit Behinderung immer aktiv bei der Gestaltung der Feier dabei und sichtbar.

In Anbetracht der sozialen Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie dürfte das wohl aber nicht einfach zu realisieren gewesen sein.
Richtig. Wir konnten das lediglich mit Menschen machen, die weitgehend selbständig und nicht in Institutionen leben. Letztere dürfen ja weder Besuch empfangen, noch sich ausserhalb mit Leuten treffen.

An der Feier, welche ab morgen auf der Horizonte-Webseite zu sehen sein wird, haben Olivia Tschopp und Tamara Sennrich mitgewirkt.
Ja. Tamara hat für die Agape-Feier eigens einen Zopf gebacken. Beide sind übrigens Lektorinnen, und Olivia hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Lesung in «leichter Sprache» sein sollte. Wir schauen bei den Mitand-Gottesdiensten immer darauf, dass die Mitwirkenden ihre Ideen und Persönlichkeit einbringen können.

Besucherinnen und Besucher sind verboten. Da kann man ja eigentlich nicht mehr von einem «Mitenand» sprechen, oder?
Ja, leider. Es gehört immer dazu, dass wir die Leute vor Ort miteinbeziehen. Normalerweise haben wir an solchen Feiern ein offenes Mikrofon und die Anwesenden dürfen spontan nach vorne kommen. Dieses Mal haben wir im Vorfeld bei verschiedenen Personen Statements abgeholt, die im Gottesdienst verlesen werden.

Sind die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auch Thema in der Feier?
Ganz direkt in den Fürbitten. Implizit in der gelesenen Apostelgeschichte. Jesus geht weg, kündigt aber den Heiligen Geist an. Auch wir sind aktuell miteinander verbunden, können uns aber nicht sehen und warten auf eine Veränderung – manche geduldiger, manche ungeduldiger. Manche mit Ängsten und Zweifeln, manche mit grosser Zuversicht.

Wie stark trifft es die Menschen in den Institutionen, dass sie noch immer nicht nach draussen unter die Leute dürfen?
Dass sie nicht nach Hause gehen und ihre Familien sehen können, vermissen sie am meisten. Dann aber auch die Möglichkeit eines Restaurantbesuchs bei Spaziergängen oder die Teilnahme bei Vereinsanlässen. Sie vermissen ihre Routine, das normale Arbeiten, fixe Termine beim Coiffeur oder Schwimmen im Hallenbad.

Welche Folgen hatte die Corona-Pandemie und für Ihre seelsorgerische Arbeit mit Behinderten?
Wir haben begonnen, Skype-Gottesdienste oder eben Aufzeichnungen zu machen, wie wir sie an Auffahrt auf der Horizonte-Webseite sehen können. Da haben wir vieles neu erfinden und erproben können – auch weil in den Institutionen viele BewohnerInnen keinen eigenen Computer haben.

Haben die im Mai erlassenen Lockerungen schon Verbesserungen für die Arbeit Ihrer Fachstelle gebracht?
Nein, die meisten Institutionen im Aargau haben erklärt, dass sie bis Ende Mai «geschlossen» bleiben. Erst ab Juni ist mit einer schrittweisen Öffnung zu rechnen. Wir planen eine Rückkehr zur Normalität für die Zeit ab August/September.

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