04.10.2018

Ein abendfüllendes Generationenmusical

Von Andreas C. Müller

  • In Aarau bringen Kinder mit ihren Eltern und Grosseltern das Kindermusical «Drei Wünsche frei» auf die Bühne. Die Aufführung ist einmalig und findet statt am Freitag, 5. Oktober 2018, um 20 Uhr in der Kirche Peter und Paul.
  • Horizonte begleitete die über 60 Beteiligten durch die Proben und zeigt, wie im Rahmen eines Feriengenerationenprojekts innert kürzester Zeit ein Musical die Bühnenreife erlangt.

 

Die 9-jährige Noemie flattert als Elster durch das Jurablick-Zimmer des offenen Pfarrhauses Peter und Paul in Aarau und mokiert sich über Annette, 13 Jahre, die letzte noch in Freiheit lebende Traumfliegerin: «Bist du etwa ein Wurm? Wie kann man nur so schmutzig sein», frotzelt sie. Es ist Dienstag und geprobt wird an verschiedenen Orten für eine Aufführung des Kindermusicals «3 Wünsche frei». Das Besondere: Im Rahmen eines Herbstferienprojekts soll die über einstündige Aufführung mit über 60 Mitwirkenden binnen fünf Tagen auf die Bühne gebracht werden. Und: das Projekt soll für drei Generationen etwas bieten: Kinder, Eltern und Grosseltern.

«Gib dem Jungen ein Smartphone, damit er Ruhe gibt»

Das Kindermusical «3 Wünsche frei» wurde gemacht von Kindern für Kinder und bereits an vielen Orten erfolgreich aufgeführt. Die Geschichte ist eine Anspielung auf die zunehmende Medienabhängigkeit der Menschen und ihre Entfremdung von der Natur. Zu Beginn sehen wir denn auch eine Familie beieinander, wo alle bis auf ein Familienmitglied mit ihren Smartphones und Tablets beschäftigt sind. Der Knabe, der sich über Langeweile beklagt und nach draussen will, wird von seinen Geschwistern abgewiesen. Der Vater bittet gar eines seiner Kinder, dem Sohn doch ein Smartphone zu geben, damit er Ruhe gibt.

Die triste Szene hat einen Grund: Der böse Monitorus hat die Traumflieger gefangen genommen – das sind alle Menschen mit Fantasie und Träumen. Die Leute sollen fortan nur noch Computer spielen, fern schauen oder sich mit ihrem Smartphone beschäftigen. Wer wird die Traumflieger befreien und den Menschen ihre Fantasie zurückgeben? Eine Traumfliegerin namens Petra lebt noch in Freiheit. Unterstützt von Wurzelzwerg Kali, Elster Dorothea, Feldmaus Mathilde und einer lustigen Maulwurfbrigade versucht Petra die eingefangenen Traumfliegerinnen zu befreien und den Menschen ihre Träume und Fantasie zurückzugeben.

Kinder, Eltern und Grosseltern: Alle machen mit

Fünf Tage für eine Musicalproduktion mit über 60 Leuten, das sei schon ambitioniert, meint Primarlehrerin Eva Hindermann, die mit ihren beiden Kindern, ihrem Mann und ihrer Schwiegermutter am Projekt mitarbeitet. Während Grossmutter Verena Kostüme näht, die Kinder auf der Bühne tanzen und schauspielern, hat Vater Rafael die Musikarrangements vorbereitet und übt diese mit der Band ein.

Eva Hindermann studiert derweilen mit einer Gruppe Kinder eine Tanzszene ein. Mit Schaufeln und Helmen ausgestattet, stapfen die Kinder als Maulwurftruppe durch den Saal. «Bewegt euch noch maulwürfiger», regt Eva Hindermann an. «Tiefer in die Knie und achtet auf den Rhythmus.» Es mache ihr Spass, meint die 10-jährige Rhea, die am heutigen Dienstag neu zur Maulwurftruppe gestossen ist. Am Montag habe sie geholfen, die Schaufeln für die Szene gebastelt.

«Wir reden nur noch übers Musical»

Was bringt es mit sich, mit der ganzen Familie eine Woche lang an einem Musical zu arbeiten? Intensiv sei es, meint Eva Hindermann. «Sitzen wir beim Essen zusammen, reden wir nur noch vom Musical», so die Primarlehrerin lachend.

Die Idee zu dem Projekt hatte Katja Deutschmann, Kirchenmusikerin in der Pfarrei Aarau. «Ich wollte eine Musicalprojektwoche machen und habe dann Rafael Baier und Toni Schmid für die Idee gewinnen können. Gemeinsam haben wir überlegt, welches Musical wir nehmen könnten», so die Kirchenmusikerin und Chorleiterin.

Man habe verschiedene Musicals geprüft und sich dann für «3 Wünsche frei» entschieden, meint Rafael Baier. «Wir mussten vor allem schauen, was sich in einer Woche realisieren lässt.» Gleichwohl gab es viel Arbeit. «Rafael hat für jeden Song ein Band-Arrangement geschrieben und Toni hat die Handlung für unser Personal angepasst und umgeschrieben», erklärt Katja Deutschmann.

Castings für Interessierte

«Am 1. September hatten wir den Starttag. Da haben wir das Projekt vorgestellt», erklärt Rafael Baier. Eine Woche später konnte, wer eine Rolle wollte, zu einem Casting kommen. «Da haben wir dann geschaut, was passt, wer was möchte, und wer was kann.»

Den Kindern gefällt es. «Vor allem das Zusammensein mit anderen», meint beispielsweise die 11-jährige Alma, die im Stück eine You Tube-Influencerin spielt. Die 14-jährige Elina Wittwer hat sich eine grössere Rolle geangelt. Sie spielt Kali, den Wurzelzwerg. «Ich wollte eine Rolle, wo ich viel sagen und schauspielern kann. Das mache ich sehr gern», erklärt sie gegenüber Horizonte. «Am Casting mussten wir uns vorstellen, zu einem Lied mitsingen und tanzen und dann sagen, ob man lieber schauspielern oder singen möchte.» Ein paar Tage später wurde dann per Mail mitgeteilt, welche Rolle man bekommen hatte, und zum Üben gab’s Texte und Lieddateien angehängt.

Viele Kinder mit Bühnenerfahrung

Viele der am Projekt beteiligten Kinder haben bereits Bühnenerfahrung. Anouk beispielsweise stand schon öfter mit dem Kinder- und Jugendcircus Arcus in der Manege, und Alma hat mit Geigenauftritten Bühnenerfahrung gesammelt. «Wir haben aber auch jüngere Kinder dabei, die zum ersten Mal bei so einer Sache mitmachen», erklärt Projektleiter Toni Schmid. Die erfahrenen Kinder hätten allerdings die anspruchsvolleren Rollen bekommen.

«Diejenigen, die Solos singen, gehen mit Katja in den Kirchensaal. Diejenigen, die Rollen sprechen, gehen in den Jurablick», ermuntert Projektleiter Toni Schmid die Kinder nach einer Pause und ergänzt: «Die Maulwürfe bitte mit Eva in den Kirchensaal.» Insgesamt 35 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 14 Jahren sind an der Produktion beteiligt. Sie üben am Vormittag in Gruppen, am Nachmittag zusammen den gesamten Ablauf. Am Abend proben die Band, bestehend aus sieben Erwachsenen, und der 20-köpfige Erwachsenenchor. Das älteste Chormitglied ist 83 Jahre alt.

Eine Petra wegen der Pfarrei Peter und Paul

Im Jurablick-Saal flattert derweil Elster Noemi um Traumfliegerin Petra alias Annette. «Du darfst dich ruhig noch etwas mehr bewegen», ermuntert David Bugmann. «Und richte dich beim Sprechen zum Publikum, damit dich alle verstehen.» Petra heisst in der Originalversion eigentlich Herbert, doch die Rolle wurde für das Aarauer Projekt umgeschrieben. «Vom Namen her in Anlehnung an die Pfarrei Peter und Paul», schmunzelt Katja Deutschmann.

Im Kampf gegen Monitorus erhält Petra von Wurzelzwerg Kali drei Wünsche frei – in Form eines Vogelrings, eines Schäuffelchens und einer Käseglocke. Die Wünsche setzen ihre Kraft jedoch nur frei, wenn es Petra gelingt, mit Fantasie zu erkennen, wer ihr zu welchem Gegenstand zu Hilfe kommen kann.

 

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