07.07.2016

Innere Sehnsucht entdeckt

Von Carmen Frei

Sie wuchs in einem Vorort von Hamburg auf und lebt heute im Erlinsbacher Laurenzenbad. Einst war sie in der evangelisch-lutherischen Kirche engagiert und mittlerweile in der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft beheimatet. Sie studierte Pharmazie, hat sich dann aber für ein klösterliches Leben als Clara-Schwester entschieden. Sie wurde Manon getauft und heisst jetzt Maria Margareta vom Gekreuzigten.

«Das war das Schwierigste: Sich aufzumachen, also die Schaufel zu schultern und die Bereitschaft aufzubringen, im eigenen Herzen zu graben und nach der Sehnsucht zu suchen, die sich darin versteckt.» So beginnt der Beitrag von Schwester Maria Margareta vom Gekreuzigten ans Buch «Glaubenswege: Mein Weg ins Ordensleben». Die Clara-Schwester fährt fort: «Bei mir war sie ziemlich tief versteckt, diese Sehnsucht nach Gott. Und ich musste mit viel Ausdauer die Augen offen halten für die Hinweise des Heiligen Geistes, der zum Herzen spricht, und dann Schritt für Schritt den Mut aufbringen, diesen Hinweisen zu folgen.»

Hinweise auf Umwegen

Geprägt von ihrer Mutter, die selber sehr engagiert ist in der evangelisch-lutherischen Kirche, war auch Schwester Margareta bis zu ihrem 25. Lebensjahr ein eifriges Mitglied dieser Gemeinde. Dann absolvierte sie während ihres Studiums ein Auslandsemester in Italien und machte in ihrer Gastfamilie eine ganz neue Glaubenserfahrung: «In dieser Familie war Jesus keine Fantasiegestalt, sondern gegenwärtig, er lebte in der Familie. Diesen wirklich lebendigen Jesus kannte ich eigentlich gar nicht richtig, nicht persönlich.» Die Neugierde war geweckt. Schwester Margareta machte sich auf die Suche nach Jesus und fing an, jeden Tag zu beten. Eines wurde ihr schnell klar: «Ich konnte nicht evangelisch bleiben und katholisch glauben.» Schwester Margareta konvertierte. «Dieser Entscheid war vor allem für meine Mutter unheimlich schwierig und tat ihr weh.»

Fragen, die plagen

Es folgte eine Durststrecke. Vier Jahre des Wartens. Fragen, die auf Antworten hofften. Bitten, die unerhört blieben. Was willst du, Gott, von mir? Zeige mir die für mich bestimmte Klostergemeinschaft. Zeige mir den Mann, mit dem ich Ehe und Familie leben kann. «Der Gedanke, eine eigene Familie zu gründen, war mir vertraut», meint Schwester Margareta, die eben Tante des Sohnes ihrer drei Jahre jüngeren Schwester geworden ist. «Wenn ich dagegen ans Ordensleben dachte, beschlich mich Angst und innere Widerstände regten sich.» Die italienische Gastmutter gab ihr den Rat, Jesus deutlicher um Fügung zu bitten.

Schio, Sulgen, Erlinsbach

Auf einer Jugendwallfahrt ins italienische Schio begegnete Maria Margareta Schwester Johanna von den Clara-Schwestern: «Ich war fasziniert von der jungfräulichen Hingabe zu Jesus, die sie ausgestrahlte.» Es folgte eine Einladung ans Ostertreffen der Clara-Schwestern, die damals im thurgauischen Sulgen lebten. Schwester Margareta nahm sie an. Es bestätigte sich dort: «Alles in allem wurde mein Herz immer wieder angesprochen und ich fühlte so etwas wie ein Verliebtsein.» Während eines erneuten Aufenthalts im Kloster sagte Schwester Margareta schliesslich aus ganzem Herzen «Ja» zu Gott und der Gemeinschaft der Clara-Schwestern. Dies in der Überzeugung, dass sie endlich ihre innere Sehnsucht entdeckt hatte. Schwester Margareta: «Das Ordensleben wird einem nicht vom Himmel geschenkt. Man muss an sich arbeiten.»

Diesen Weg verfolgt die inzwischen 36-Jährige kontinuierlich. Mit dem Beginn des Postulats trennte sie sich von ihrer Ursprungs-Familie, Beruf und Heimat. Die Aufnahme ins Noviziat am 24. April 2010 bedeutete ein Loslassen von sich selbst, wie sie im erwähnten Buch schreibt. Die langen Haare wurden ihr bei der Einkleidung abgeschnitten, die Gemeinschaft wählte für sie den Namen Maria Margareta, in Anlehnung an die heilige Margareta Maria Alacoque. Sie selber versah diesen Namen mit dem Zusatz «vom Gekreuzigten». Im August 2011 bezogen die Clara-Schwestern ihre neue Wirkungsstätte im Laurenzenbad bei Erlinsbach. Am 31. März 2012 legte Schwester Margareta einfache Profess ab und durfte den braunen Professschleier empfangen.

Gelübde verstehen

Ihr Umfeld reagierte auf diese Wandlung ganz unterschiedlich: mit Unverständnis über Bewunderung bis Ablehnung. «Es ist insbesondere ein gewisser Bruch mit der Familie», sagt Schwester Margareta und ringt um Fassung. So war ihr Vater nicht an der ewigen Professweihe anwesend. «Unsere Zuneigung bleibt. Doch im tiefsten Innern ist da etwas, das für ihn nicht nachvollziehbar ist.» Sie selber kannte lange Zeit ihren Weg nicht. Deshalb zeigte ihr der Mut, die Sicherheit und Bestimmtheit hin zum Eintritt in die Klostergemeinschaft, dass Gott am Werk war. Am 9. Juli 2016 feierte Schwester Maria Margareta in der Erlinsbacher Pfarrkirche ewige Profess und gelobte Armut, ehelose Keuschheit und Gehorsam. Begriffe mit Erklärungsbedarf. Schwester Margareta zur Armut: «Sachen nicht zu besitzen, sondern sie zum Lob Gottes zu gebrauchen, schenkt mir Freiheit. Wir bekommen stets, was wir brauchen. Diese Erfahrung ist schön.»

Schwester Margareta, die nie liiert war, zur ehelosen Keuschheit: «Erst in der Keuschheit ist wahre Liebe möglich. Es geht darum, Jesus sich selbst, Vertrauen und Treue zu schenken.» Äusseres Zeichen dafür ist der Ehering, den sie seit der ewigen Profess trägt und in den der Name Jesus plus das Datum der ewigen Profess eingraviert sind. Pflegen tut sie diese bräutliche Liebe täglich in der Stille, im Gebet und im Feiern der Messe.

«Gehorsam, die eigenen Pläne aufzugeben, ist eigentlich das Schwierigste», findet die Klosterfrau. «Wenn dies gelingt, dann wird einem Wunderbares zuteil. Die Erfahrung, dass der Herrgott mir das viel Schönere gibt, wird auf ergreifende Weise erfüllt. Man bekommt Freiheit von sich selbst.»

Zukunft im Laurenzenbad

Gefragt nach einem Wunsch an die weitere Zukunft muss sie, die einst die Schaufel schulterte, um den kostbaren Schatz im Acker zu finden, nicht lange überlegen: «Unter unserem Haus hier im Laurenzenbad liegt eine Quelle. Sie versorgt Erlinsbach mit Trinkwasser. Ich wünsche mir, dass wir die Gemeinde noch lange auf geistige Weise versorgen können, dass unsere Gemeinschaft aufblüht und Frucht bringt.»

www.clara-schwestern.ch

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