17.02.2021

Jerusalem gehört nicht allen

Von Christian Breitschmid

Zusammen mit Covid-19 verbreitet sich seit vergangenem Jahr ein Lied viral um die ganze Welt: Jerusalema, der Tanzheuler von Master KG. Der Ohrwurm, zusammen mit der simplen Choreographie, hat Menschen rund um den Globus dazu veranlasst, das Tanzbein zu schwingen und sich dabei filmen zu lassen. Der Onlinekanal YouTube quillt über vor lustigen, schrägen, frechen, höchst professionellen und liebenswert amateurhaften Aufführungen. Selbst Horizonte sprang auf den fahrenden Zug auf und berichtete in einem Videobeitrag über dieses Phänomen – natürlich auch unter Verwendung des musikalischen Auslösers. Die einzigen, die dieser Onlinerummel nicht amüsiert, sind die Firmenbosse von Warner Music, dem Musikverlag, dem die Rechte an diesem Lied gehören. Sie haben damit begonnen, weltweit die Lizenzgebühren für die Nutzung von Jerusalema im Internet bei den Produzenten dieser Videos einzufordern.

Deshalb steht nun das Projekt «Jerusalema Challenge» der Pfarrei Heilig Geist in Suhr-Gränichen auf der Kippe. Am 27. Februar hätten die Filmaufnahmen in kleinen Gruppen, streng nach geltender Fünferregel, zu den Klängen von Jerusalema rund um das Pfarreizentrum von Suhr stattfinden sollen. Dani Schranz, Kommunikationsbeauftragter des Pastoralraums Region Aarau, weiss nun nicht, ob das geplante Musikvideo gedreht und online gestellt werden darf: «Ich habe bei Warner Music offiziell angefragt, ob wir dieses Video ins Netz stellen dürfen, habe aber bisher noch keine Antwort erhalten. Ich weiss nicht, was wir tun, wenn wir keine Antwort mehr bekommen. Natürlich will ich eine Klage verhindern.» Dass die Firma Warner juristisch gegen Menschen vorgeht, die ohne kommerzielle Interessen einfach ihre Lebensfreude auf YouTube tänzerisch ausdrücken, erstaunt den Marketingprofi: «Das ist doch beste Werbung für sie und ihren Künstler.» Das sehen die Anwälte von Warner Music anders, denn ihrer Firma entgehen durch nicht gelöste Benutzerlizenzen im Zusammenhang mit Jerusalema Einnahmen von mehreren Millionen Franken.