05.02.2015

«Kirchlich heiraten - himmlisch schön»

Von Anne Burgmer

Braune Lederjacke, ein Kleid, dessen Farbe quietscht, Leopardenstrumpfhose und hohe braune Lederstiefel. Carmen Frei zeigt, wie es nicht geht.

Wie es geht zeigt Marc Tabeling von der Agentur Renzen. Casual heisst der gefragte Stil, edel und doch alltagstauglich. Der modische Anschauungsunterricht im Bullingerhaus Aarau verdeutlicht den Anwesenden worum es geht: Den geschmackvollen Auftritt der Aargauer Landeskirchen an der Hochzeitsexpo in Lenzburg. Eine Premiere im Aargau.

Traditionsabbruch bei jungen Paaren

Für diese Premiere setzten die Landeskirchen eine Arbeitsgruppe ein: Carmen Frei als Kommunikationsfachfrau, Kurt Adler von Bildung und Propstei für die Römisch-Katholische Landeskirche, sowie Frank Worbs, Informations-beauftragter der Reformierten Landeskirche Aargau. Gemeinsam mit der Agentur Renzen wurden eine Broschüre und der Messeauftritt entwickelt. «Es ist das erste Mal, dass wir mit den Kirchen für eine Hochzeitsexpo zusam-menarbeiten. Das ist neu und spannend», sagt Marc Tabeling und grinst. Carmen Frei lieferte den griffigen Titel für das «Paket»: «Kirchlich heiraten – Himmlisch schön». Bei der Einführung in die Standarbeit im Bullingerhaus vermittelt die ökumenische Arbeitsgruppe die Gründe für die gemeinsame Aktion der Kirchen. Und die liegen für Frank Worbs auf der Hand: «Die Zahlen bei den kirchlichen Trauungen, die wir auf reformierter Seite sehen, zeigen einen Traditionsabbruch bei jungen Paaren. Damit gehen uns später Anknüpfungspunkte im Leben der Menschen verloren.» Katholischerseits wird die Aktualität der Problematik ähnlich wahrgenommen.

Präsenz zeigen

Das Titelfoto der Broschüre: Ein Brautpaar im Freudensprung. Ein gestelltes Foto, doch ein echtes Brautpaar, ganz frisch verheiratet. Die Hochzeit soll für viele Paare der schönste Tag ihres Lebens werden. Dafür wird tief in die Tasche gegriffen, ein ganzer Markt beschäftigt sich mit dem Thema. Das verdeutlicht auch die landauf landab wachsende Zahl der Hochzeitsmessen. Die Broschüre der Landeskirchen will vermitteln: Kirchlich heiraten ist eine schöne Angele-genheit, eine, die eine grössere Dimension der Partnerschaft betrifft. Es ist wichtig, dass die Kirchen sich das Thema nicht einfach wegnehmen lassen, auch wenn die Gruppe der Konfessionslosen zunehmend wächst. Sich auf dem teilweise hart umkämpften Hochzeitsmarkt zu positionieren ist ein vielleicht ungewohnter und mutiger Schritt für die Kirchen. Sie zeigen damit, dass sie neben dem Inhalt durchaus auch Dienstleister sein können und wollen.

Eine unter vielen

Damit wird die Kirche zu Einer unter Vielen. Von Blumenschmuck, Catering, Musik, Bekleidung bis zu Getränken und den Angeboten von Fotografen; mehr als zwanzig Anbietern präsentieren alles, was mit dem «Tag der Tage» zu tun. Allerdings sei im Vorfeld durchaus positiv aufgefallen, dass die Kirche mit an Bord der Ausstellung sei, heisst es aus der ökumenischen Arbeitsgruppe. Im ersten Stock teilen sich die Landeskirchen den Raum mit einem weiteren Teilnehmer. Jeder Besucher und jede Besucherin, die sich durch die als Rundgang konzipierte Ausstellung bewegen, kommt bei ihnen vorbei. Damit die Landeskirchen mit den anderen mithalten können, wurde der Auftritt hell und zeitgemäss gestaltet. Gleichzeitig wurde auf Nachhaltigkeit geachtet: alle «Zutaten» wie Stellwand oder Klapptheke können jederzeit weiter und wiederverwendet werden. Fehlen im Setting nur noch die Menschen, die es mit Leben füllen und die Kirchen ansprechend vermitteln.

Grosse Fragerunde

Wie das mit dem «Dienstleister sein» geht, klärt sich dann auch in der Fragerunde. Rund zwanzig Pfarrerinnen und Seelsorger aus verschiedenen Aargauer Kirchgemeinden und Pfarreien werden den Stand an den beiden Messetagen betreuen. «Wenn Leute wissen wollen, ob sie einen eigenen Pfarrer mitbringen können, was sag ich da?», «Wie soll ich reagieren, wenn sie mich um die Trauung bitten?», «Wie sieht es mit der Frage nach Bezahlung aus?», Fragen über Fragen. «Ihr sollt den Besuchern vor allen Dingen die richtigen Kontaktdaten geben. Ihr seid am Messestand online, habt einen Drucker und könnt ihnen ganz direkt Namen und Telefonnummer des zuständigen Pfarramtes sagen. Dort können interessierte Paare die Details klären», erklärt Frank Worbs.

Ungewohnte Verhaltensmassregeln

«Kirchenrechtliche Fragen solltet ihr nicht ansprechen. Es sei denn, es wird konkret gefragt», sagt Frank Worbs ein wenig später. Knackig gesprochen: Die Leute wollen nicht wissen, warum Kirche ist, wie sie ist. Sie wollen wissen, welcher Pfarrer oder welche Gemeinde für sie zuständig sind. Noch überspitzter formuliert geht es bei diesem Erstkontakt nicht um Gott, sondern um seine Organisation. «In den Vorbereitungskursen kommen Themen wie Trennung von Seiten der Paare nicht auf. Ich bin jeweils der, der sie auf die Problematik in der römisch-katholischen Kirche hinweist», erklärt Kurt Adler von Bildung und Propstei. Ein Muss am Messestand: Die Interessenten sollen sich wohlfühlen, sollen eine gute Erinnerung an den Auftritt der Landeskirchen mitnehmen. Kirche positioniert sich als Anbieter von Service. Eine ungewohnte Perspektive, die Frank Worbs ganz klar begründen kann: Ihn ärgert, dass kirchliche Brautpaare Gebühren zahlen müssen, wenn sie ausserhalb der eigenen Kirchgemeinde heiraten wollen. «Die Leute zahlen als Kirchenmitglieder doch bereits Steuern, warum also zusätzliche Gebühren? Sie sollen doch etwas zurückbekommen.»

Anne Burgmer

www.hochzeitsexpo.ch

Themen Aargau Paare
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