11.06.2015

Kirchliche Aufgaben gesamtschweizerisch angehen

Von Andreas C. Müller

Am 26. und 27. Juni 2015 tagen in Muri die Mitglieder der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz RKZ. Horizonte fragt nach der Bedeutung und den Aufgaben der RKZ in der heutigen Zeit.

Herr Kosch, Ende Juni tagt die RKZ in Muri
Daniel Kosch: Im Aargau waren wir schon öfter. Die Landeskirche ist sehr gastfreundlich. Den Anlass für die Zusammenkunft in Muri bot die dort ansässige Benedict-Foundation, die der RKZ ihre Arbeit vorstellen will.

Kaum jemand an der kirchlichen Basis weiss eigentlich genau, was die RKZ tut.
Ich habe auch nicht den Anspruch, dass alle Leute an der Basis mitverfolgen, was wir tun. Diese Menschen engagieren sich in der Pfarrei und lesen das Pfarrblatt. Das ist wichtiger. Synodenmitglieder, Dekane und andere kirchenpolitisch Beschäftige sollten aber schon wissen, dass es uns gibt und was wir tun.

Vor ein paar Monaten hat die RKZ ihren Auftritt im Web überarbeitet und positioniert sich dort als «gestaltende Kraft», als «Garantin für Mehrwert» und «kompetenten Gesprächspartner» im Dialog mit den Bischöfen und der Politik. Was heisst das konkret?
Wir engagieren uns bei der Verbesserung von kirchlichen Strukturen und helfen, Institutionen zu schaffen, die Ausstrahlungskraft haben. So beispielsweise beim Zusammenschluss im kirchlichen Ausbildungsbereich oder beim Aufbau des neuen Katholischen Medienzentrums. Weiter haben wir uns eingesetzt, als in mehreren Kantonen über die Abschaffung der Kirchensteuer für juristische Personen abgestimmt wurde. Ein weiteres Beispiel ist unsere Sensibilisierungsarbeit nach dem Bundesgerichtsurteil zum partiellen Kirchenaustritt.

Was den Dialog betrifft, dürfte wohl auch der Graben zwischen Bistumsleitungen und Kirchenbasis einiges abverlangen.
Ja, beispielsweise bei schwierigen Personalentscheiden wie im Fall Röschenz. Wir haben versucht, die Lehren daraus zu ziehen und sie zu kommunizieren. Wer öffentlich-rechtlich angestellt ist, hat auch bei einem kirchlichen Amtsenthebungsverfahren Anspruch auf das rechtliche Gehör. Handkehrum kann es nicht sein, dass Leute ohne Auftrag vom Bischof als Seelsorger amten. Offensichtlich hat man für den Fall Bürglen dazugelernt.

Dazugelernt? Auch der Fall Bürglen hat dem Image der Katholischen Kirche geschadet. Zurück bleibt sogar an der Kirchenbasis mehr als nur ein fader Nachgeschmack.
Das Verhältnis der Religionsgemeinschaften zur Gesellschaft, aber auch der Kirchen zum Staat ist ein intensives Diskussionsthema. Leider findet die Diskussion nicht unter einfachen Vorzeichen statt. Religion wird als Bedrohung wahrgenommen. Hinzu kommen interne Konflikte, wo liberale und konservative Auffassungen aufeinander prallen, beispielsweise beim Thema Ehe und Familie. Das können die RKZ oder die Landeskirchen nicht direkt beeinflussen.

Wie erfolgreich ist denn die RKZ?
Der Dialog mit der Bischofskonferenz konnte deutlich verbessert werden. Die Mitglieder der RKZ fällen ihre Beschlüsse fast immer im Konsens und sind auch in nicht ganz einfachen Zeiten bereit, ihre Beiträge zu erhöhen, um die schweizerische Ebene zu stärken Das ist nicht zu unterschätzen. Darüber hinaus kommt es natürlich darauf an, wie sehr wir es schaffen, die Kirche dazu zu befähigen, adäquat mit Herausforderungen umzugehen.

Was können Sie da tun?
Wir können aufzeigen, dass die Kirchen in unserer Gesellschaft eine konstruktive und integrative Kraft sind. Ein grosses Problem ist ja, dass immer weniger Leute überhaupt noch wissen, was Kirche überhaupt ist und tut.

Und wie kann das geändert werden?
Primär ist wichtig, was vor Ort in den Gemeinden passiert. Damit die Menschen, die sich dort engagieren, über das nötige Rüstzeug verfügen, brauchen sie gute Aus- und Weiterbildungen. Da kommt unter anderem die RKZ ins Spiel.

Über Finanzierungen, für die die Kantonalkirchen immer mehr Geld aufwerfen müssen, um das Fastenopfer zu entlasten. Funktioniert das?
1971, im Gründungsjahr der RKZ, stellten wir etwas mehr als 300 000 Franken für pastorale Aufgaben zur Verfügung. Im Jahre 2018 wird die RKZ etwa 8 Millionen Franken aufbringen, der Pastoralbeitrag fürs Inland von Fastenopfer reduziert sich bis dann auf 400 000 Franken.

Und dies trotz sinkender Mitgliederzahlen der Landeskirchen?
In den letzten 40 Jahres ist es gelungen, die Beiträge in guten Zeiten zu erhöhen und in schwierigen Zeiten zu halten. Das Bewusstsein, dass viele kirchliche Aufgaben nicht mehr einfach lokal oder kantonal gelöst werden können, nimmt langsam zu und damit auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit.

Was, wenn die Landeskirchen nicht mehr zahlen können?
Problematisch ist es vor allem in jenen Kantonen, wo von den Kirchgemeinden wenig Geld auf die kantonale Ebene fliesst. In manchen innerschweizer Kantonen gehen nur etwa 7 Prozent aus den Kirchensteuereinnahmen an die Landeskirche, im Aargau sind es etwa 13 Prozent. In Zürich verfügt die kantonale Ebene über 19 Prozent der Erträge. In Zukunft müssen die Kirchen wohl eher mit sinkenden Einnahmen rechnen. Entsprechend müssen wir uns genauer überlegen, wo wir uns noch engagieren.

Wo sehen Sie nebst der Finanzierung weitere Herausforderungen für die RKZ?
Bei der Positionierung in wichtigen gesellschaftlichen Fragen. Aktuell sind beispielsweise die Themen PID und Palliative Care. Hier haben wir das Problem, dass das Gesundheitswesen mehr und mehr für sich selbst in Anspruch nimmt, «spiritual Care» zu leisten. Möglich, dass es im Gesundheitswesen nun genau gleich läuft wie in den Schulen und Psychologen die Aufgeben der Seelsorger übernehmen. Die Katechese wurde in mehreren Kantonen durch einen religiös-neutralen Religionskunde-Unterricht aus der Schule gedrängt.»

Bleibt noch das Verhältnis zur Schweizer Bischofskonferenz, das neu definiert werden soll.
Ziel ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, nachdem die Schweizerische Bischofskonferenz mit ihrem «Vademecum»vorab für sich definiert hat, wie sie sich die Zusammenarbeit mit staatskirchenrechtlichen Körperschaften vorstellt. Eine Zusammenarbeit basierend auf einer verbindlichen Vereinbarung ist nur schon deshalb wichtig, weil man sich nicht über Finanzierungsfragen verständigen kann, ohne dass auch ein inhaltlicher Dialog stattfindet.

 

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