19.03.2018

Kleider machen Religionen

Von Raphael Rauch

  • Zum römisch-katholischen Pfarrer gehört der römische Kragen, bei den Reformierten geht es leger zu. Stimmt das? Die Weltmissionskonferenz in Arusha (Tansania), die diese Woche zu Ende ging, zeigt: Religiöse Vielfalt macht sich auch bei der Kleidung bemerkbar.
  • Magenta, golden oder pfefferfarben: Gerade die Bischöfe verschiedener christlicher Kirchen unterscheiden sich deutlich aufgrund ihres Habits –  bis hin zu den Tattoos.

 

Cecilia Sodertun von der Lutherischen Kirche Schweden ist ein «casual priest» (legerer, informeller Priester): Unter diesem Hashtag finden sich Fotos von Pfarrern, die den strengen römischen Kragen mit lässigem Style kombinieren. Bei Cecilia Sodertun heisst das: Undercut (so heisst die Frisur) und Tattoos mit der Taufe Jesu und der Arche Noah.

Nicht nur Religiöses, auch Weltliches und Politisches

Ignatius Aphrem II., Patriarch der syrisch-orthodoxen Kirche in Damaskus, ist umstritten – weil er stramm an der Seite des syrischen Diktators Assad steht. Die Kopfbedeckung ist keine Mytra, sondern ein weltlich Ding. Kreuz und handgeschnitzter Bischofsstab dürfen nicht fehlen.

Sanya Sita Beharry von der Presbyterianischen Kirche Trinidad und Tobago trägt kein religiöses Outfit, sondern ein politisches Statement. Sie wolle sich für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bi- und Transmenschen einsetzen, die besonders in der Karibik diskriminiert würden.

Typische Landeskleidung statt einem religiösen oder politischen Statement trägt Adi Waqa aus Fidschi. Trotzdem hat die römisch-katholische Theologin ein politisches Statement: Sie warnt vor den Folgen des Klimawandels, denn viele Südsee-Inseln drohen unterzugehen.

Der «Casual Bishop»

Sofie Petersen ist ein «casual bishop»: Die lutherische Bischöfin von Grönland müsste laut Protokoll etwas anderes tragen. Doch sie verzichtet aus pragmatischen Gründen auf das Protokoll: In Tansania ist es der oft von Kälte umgebenen Bischöfin einfach zu heiss. Auch der irische Bischof Brian Farrell ist gewissermassen ein «casual bishop»: Die rechte Hand des Schweizer Kurienkardinals Kurt Koch in Rom verzichtet in Arusha auf die Insignien eines Bischofs, der römische Kragen darf aber nicht fehlen. Vor dem Hintergrund des Streit ums Abendmalhl appelliert er an die katholischen Vertreter: Diese sollten nicht nur die katholische Messe besuchen, sondern sich auch auf neue Liturgien einlassen.

Lydia Muthoni aus Kenia gehört der anglikanischen Kirche an. Sie sei schon zwei Mal bei der Bischofswahl in Kenia ausgebootet worden, berichtet sie – nur weil sie eine Frau sei. Daher trage sie zum Kollar gerne auch ein violettes Oberteil – die Farbe, die eigentlich Bischöfen vorbehalten ist.

Anglikanische Bischöfe können aber auch ganz anders aussehen – wie  Dhiloraj Ranjit Canagasabey, der anglikanische Bischof von Ceylon in Sri Lanka. Wäre seine Soutane schwarz, würde er als Katholik durchgehen.

Taube und Feuerflamme

Ephraim T. C. Ngadziore von der «United Church of Christ» in Zimbabwe hat Rang und Insignien eines Bischofs, wird aber Präsident genannt. Sein Hemd ist magentarot, sollte eigentlich aber golden oder pfefferfarben sein – «Zeichen für Royales und den König», wie Ngadziore erklärt.

Blessen G. Babu Thengumthundil, der zu den so genannten «Thomas-Christen» (orientalische Christen) in Indien gehört, ist ein «casual diacon», denn die Festkleidung wäre ganz in Schwarz. Das Gewand heisst «Kameez», weiss stehe für Reinheit. Die Kopfdeckung sei ein Symbol für die «Krone Christi». Das Gewand stammt aus dem Mittleren Osten. «In Indien denken viele, ich sei ein Muslim», berichtet der Diakon. Wenn er zum Priester geweiht wird, wird aus dem «casual diacon» dann ein «casual priest».

Eleonore Bouanga von der «Eglise Evangelique du Congo» (Evangelische Kirche Kongo) trägt ein buntes Gewand, auf dem im unteren Bereich eine Taube und eine Feuerflamme zu sehen sind. Diese stehen für den Heiligen Geist, der das Evangelium nach Kongo bringt.

Der lutherische Pfarrer Jarkko Korhonen aus Finnland hat Talar gegen Pilotenuniform eingetauscht. Er steuert für die Missions-Luftfahrt MAF entlegene Orte in Tansania an, um Menschen medizinisch zu helfen. Zum Dank nannte eine hochschwangere Frau des Massai-Stamms ihren Sohn Jarkko.

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