24.12.2018

Krippen als Leidenschaft

Von Andreas C. Müller

  • Nicht nur das geschmückte Bäumchen, Geschenke und Fondue Chinoise: Auch die Krippe gehört für viele immer noch zwingend zum Weihnachtsfest.
  • Für manche Menschen ist die Krippe nicht nur zwingendes Accessoire, sondern Passion. So beispielsweise für Arben Markaj aus Rieden bei Baden, Luigi Marchesin aus Lenzburg und Alfred Hartl aus Stein am Rhein.

 

Bei den Markajs an der Landstrasse in Rieden gestaltet die ganze Familie im Wohnzimmer Jahr für Jahr eine schöne Krippe. Dies auch zum Anlass, Freunde und Bekannte zu empfangen. «Unser Haus steht allen offen, die bei uns die Krippe sehen wollen», erklärt Arben Markaj. So sei es auch Brauch in seiner Heimat. Arben und seine Frau Federika stammen aus dem Kosovo und flüchteten vor gut 20 Jahren während des Balkankrieges in die Schweiz. Gerade unter albanischen Familien in der Schweiz sei der Krippenbau weit verbreitet und man besuche sich dann gegenseitig, um die verschiedenen Krippen zu bestaunen, erklärt der vierfache Familienvater.

Fünf Tage Moos sammeln, 60 Stunden Aufbauen

Auch im Quartier ist man bald einmal auf Arben Markajs Krippe aufmerksam geworden. Erstmals dieses Jahr hat Arben Markaj zusammen mit Nachbarn eine grosse Quartierkrippe vor dem Haus aufgebaut. «Auf die Idee gebracht hat mich ein Geschäftsfreund, der Kinderkleiderpuppen übrig hatte», erzählt Arben Markaj. «Das wäre doch etwas», sei ihm gesagt worden, worauf er mit seiner Frau und seinen Töchtern passende Kostüme geschneidert habe. Auch auf das Jesuskind ist Arben Markaj stolz: Es stammt aus Bern und ist 90 Jahre alt – ein Geschenk von einer Bekannten aus Bern.

Für den Bau der Krippe hat sich Arben Markaj extra einen Tag frei genommen und an Wochenenden und Abenden seine Freizeit investiert. Doch der Aufwand habe sich gelohnt: Es kommen viele Leute schauen und machen Komplimente. Es bereite Freude, so etwas zu machen, erklärt er. Auch wenn es aufwendig sei. Für die Markajs ist Religion sehr wichtig. «Wir gehen jeden Sonntag zur Kirche und schöpfen Kraft aus dem Glauben. Das wollen wir auch unseren Kindern weitergeben – inklusive der Begeisterung fürs Krippenbauen», sagt der Vater.

Auch das Fernsehen und die Zeitungen kommen

In Lenzburg baut Luigi Marchesin seit 61 Jahren an der Zelglistrasse eine grosse Krippe vor seinem Haus auf. Drei Meter breit ist sie. Gegen 400 Figuren hat der gebürtige Italiener in seiner Krippe aufgestellt. Allein um das nötige Moos zu sammeln, hat er fünf Tage gebraucht. Für den Aufbau der Krippe dann nochmals etwa 60 Stunden.

In Luigi Marchesins Krippe ist alles möglich. Es gibt kleine Chalets, Enten, Schweine, allerlei Handwerker und traditionell typische Figuren aus San Gregorio Armeno. Mit Hilfe kleiner Motoren bewegen sich einzelne Figuren. Auch eine Wasserpumpe wird betrieben. Damit fliesst ein kleiner Bach durch die Landschaft. «Ich baue die Krippe jedes Jahr ein wenig anders», erklärt Luigi Marchesin, der 1963 in die Schweiz kam, seither in Lenzburg wohnt und dort auch während Jahrzehnten als Kanonier beim Jugendfest im Einsatz stand.

Jedes Jahr baue er die Krippe ein wenig anders, erklärt Luigi Marchesin. Und die Leute aus dem Quartier wissen natürlich schon Bescheid und kommen schauen. Das freut den bald 70-Jährigen. Die Kindertagesstätte aus der Nachbarschaft kommt auf ihrem Spaziergang regelmässig bei der Krippe vorbei. Und auch das Fernsehen und verschiedene Zeitungen hätten schon berichtet, meint Luigi Marchesin nicht ohne Stolz. Die Krippe mache für ihn Weihnachten aus, erklärt Luigi Marchesin. «Viel stärker als der Weihnachtsbaum».

2’000 Krippen in vier Generationen

Ob denn auch schon mal Figuren weggekommen seien? Ja, das passiere durchaus ab und zu. Damit könne er leben, erklärt Luigi Marchesin und sagt noch: «Der Wind wirft mir oft die Figuren um». Einmal allerdings, vor dem Chlausmarkt, da habe ein Gruppe Jugendlicher alles kaputt gemacht. Das habe ihn sehr wütend und traurig gemacht, so der Lenzburger, der jeden Tag zu seiner Krippe schaut.  Er tut das gern, denn die Krippe, das ist seine grosse Leidenschaft.

In Stein am Rhein besitzt Alfred Hartl in vierter Generation eine Krippensammlung mit über 2000 Exponaten aus aller Welt. Ungefähr 600 davon sind jeweils in der Altstadt im einzigen Krippenmuseum der Schweiz zu sehen. Dieses führt der gebürtige Deutsche zusammen mit Monika und Josef Amrein. Gesammelt wurden vor allem «Arme-Leute-Krippen», um zu zeigen, was das einfache Volk bei sich daheim hatte. Die ältesten Krippen stammen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Was früher keinen oder nur wenig materiellen Wert besass und von den Menschen in aufwendiger Heimarbeit gefertigt wurde – beispielsweise aus Rosshaar hergestellte Figuren oder aus Staniolpapier gefertigte Krippenbauten – besitzt heute einen unschätzbaren Wert.

Ein teures Hobby

Apropos Wert: Der Krippenbau ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch kostspielig. Je nach Herkunft, Grösse und Verarbeitung der Krippenfiguren sind diese sehr teuer. Luigi Marchesins Figuren aus Napoli beispielsweise kosten um die 40 Euro das Stück. Sind die Stücke grösser, kosten sie entsprechend mehr: Für das grosse Kamel mit Fell hat Arben Marben Markay um die 300 Euro bezahlt.

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