03.06.2018

«Liebe ist» – fünfte Feier für gleichgeschlechtlich Liebende

Von Marie-Christine Andres Schürch

  • Am vergangenen Freitag, 1. Juni, fand in Suhr die Solidaritäts- und Segensfeier für gleichgeschlechtlich Liebende sowie ihre Freunde und Angehörigen statt.
  • Bereits zum fünften Mal organisierten Susanne Andrea Birke und Kurt Adler diesen Anlass.
  • Die Feier berührte mit Worten und Melodien und überzeugte mit ihrer Botschaft «Gottes Liebe findet viele Wege».

 

Am Freitag, 1. Juni feierten gleichgeschlechtlich Liebende, ihre Freunde und Angehörige sowie weitere interessierte Menschen zusammen in der katholischen Kirche Suhr. Eine bewegende Stunde, während der die einen weinten und andere Freudensprünge vollführten.

Vor fünf Jahren hatte Susanne Andrea Birke von der Fachstelle Bildung und Propstei zusammen mit Kurt Adler von der Fachstelle Diakonie die Segens- und Solidariätsfeier für gleichgeschlechtlich Liebende zum ersten Mal organisiert. Von Anfang an dabei war das Ensemble «gl’amoureuse». Begleitet vom Piano singen die insgesamt sieben Sängerinnen und Sänger in wechselnder Besetzung. Die Feier am Freitag in Suhr eröffneten sie mit dem Lied «Liebe ist» der deutschen Sängerin Nena. Mehrstimmig, klar und mit einer Ausstrahlung und einem Ausdruck, dass manchen die Tränen in den Augen standen.

 

Liebe will nicht
Liebe kämpft nicht
Liebe wird nicht
Liebe ist
Liebe sucht nicht
Liebe fragt nicht
Liebe ist, so wie du bist     (Nena)

 

Der Gott, an den wir glauben, liebt die Menschen

Susanne Andrea Birke, Kurt Adler und die Gemeindeleiterin der Pfarrei Suhr, Rita Wismann, hatten zur Feier eingeladen. Kurt Adler fasste die Reaktionen auf die Einladung so zusammen: «Viele schrieben, andere riefen an, einige sind gekommen. Und ja, einigen passt es nicht, was wir hier tun. Aber wir sind überzeugt, das Richtige zu tun. Denn der Gott, an den wir glauben, liebt die Menschen. Und Gottes Liebe findet viele Wege.» Danach berichtete Susanne Andrea Birke aus dem biblischen Buch Ruth von den beiden Witwen Ruth und Noomi, deren Treue zueinander eine «Patchworkfamilie» über Generationen hinweg begründete. Aus dieser Familie stammt David und «aus dem Geschlecht Davids» Jahrhunderte später Jesus.

Hüpfer von der Altarstufe

Kurt Adler fand ein gutes Sprachbild für den Umgang mit Widerständen. Er zitierte eine leicht abgeänderte Weisheit von Erich Kästner: «Aus den Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, lassen sich Treppen bis in den Himmel bauen.»

Von Treppenstufen lässt es sich auch so richtig genussvoll hinunterspringen. Das machte die dreieinhalbjährige Tochter von Susanne und Verena den Anwesenden vor. Vergnügt erklomm sie die Stufe, die vom Ambo zum Altar führte und hopste hinunter. Mit jedem Sprung wagemutiger. Währenddessen erzählte ihr Mami Susanne aus dem Leben der dreiköpfigen Familie. Erfrischend, humorvoll und mit konkreten Beispielen zeichnete sie den Alltag von Mama Verena, Mami Susanne und Tochter Ronja nach. Beide Mütter arbeiten Teilzeit und teilen sich Kinderbetreuung und Haushaltsarbeit. Auch die Familien und Freunde tragen die junge Regenbogenfamilie: «Wir haben grosses Glück mit unserem Umfeld und können unsere Familienform sehr offen leben». Und doch liegen Steine auf dem Weg. Der grösste Brocken sei, berichtete Susanne, dass die nicht-leibliche der zwei Mütter gesetzlich keine Rechte in Bezug auf das gemeinsame Kind habe. Der Prozess der Stiefkind-Adoption erfasse die Situation in einer Regenbogenfamilie, wo ja beide Elternteile von Anfang an gleichwertige Bezugsperson sind, nur unzureichend. Auch aus diesem Grund engagieren sich Susanne und Verena auch politisch. «Liebe kämpft nicht», heisst es zwar im Lied von Nena. Doch vielleicht weiss, wer liebt, warum es sich zu kämpfen lohnt.

Berührende Gesten und Worte

Überraschend und farbig-sinnlich wie ein Regenbogen verlief die Feier in Suhr. «gl’amoureuse» stimmten zusammen mit den Feiernden den Ohrwurm «Take me Home, Country Roads» an, Kurt Adler sprang seinerseits von der Altarstufe – «wer von uns wollte das nicht schon lange einmal tun?» – und überreichte denjenigen, die die Feier mitgestaltet hatten, sowie der Gastgeberin eine Regenbogenflagge. Dann versammelten sich die Anwesenden um den Altar und empfingen den Segen Gottes für ihre Liebe. Für eine Liebe, die nicht fragt, nicht sucht, noch kämpft. Sondern einfach ist.

 

Regenbogenfamilien
Der Verein Regenbogenfamilien Schweiz erklärt: Die Bezeichnung Regenbogenfamilien verweist auf das internationale schwul-les- bische Symbol der Regenbogenfahne, die auch in vielen Kulturen weltweit als Zeichen der Toleranz, Vielfältigkeit und Hoffnung gilt. Regenbogenfamilien sind Familien, in welchen sich mindestens ein Elternteil als lesbisch, schwul (gay), bisexuell oder trans (LGBT) versteht. Die Kinder können aus vorangegangenen heterosexuellen Beziehungen stammen oder in eine lesbische oder schwule Beziehung hineingeboren, adoptiert oder als P egekinder aufge- nommen worden sein. Bei Familien, in denen Transgender-Eltern beteiligt seien, könne deren Coming-out ebenfalls vor oder nach der Familiengründung liegen. www.regenbogenfamilien.ch

 

 

 

 

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