17.04.2013

Mut zu kleinen Schritten

Von Anne Burgmer

Lärm und Littering sind häufig gehörte Begriffe, die Probleme meist Symptom bei fehlenden Freiräumen für Jugendliche. Die Gemeinde Strengelbach bei Zofingen beauftragte den Verein Peopletalk, das Thema im Rahmen eines medialen Projekts (Film, Plakataktion, Workshops und Internetplattform) zu bearbeiten. Ziel war die Sensibilisierung und die Förderung des Dialogs zwischen den Generationen.

Kirche? Nein, das sei kein Thema. Zur Firmung habe er sich nur angemeldet um neue Kontakte zu knüpfen. Pascal Limacher aus Strengelbach bei Zofingen redet Klartext. «Die meisten kannte ich dann doch schon», stellt der 18jährige Maurer im zweiten Lehrjahr leicht amüsiert fest. Sein Kollege Philipp Faccioli, mit 17 Jahren am Anfang seiner Ausbildung zum Elektriker, weiss noch nicht, ob er sich firmen lassen wird.

Gelassene Haltung
Der kirchliche Jugendarbeiter Ivo Bühler nervt sich in keiner Weise über die Äusserungen. «Ich hoffe, dass ich ein Bild über Glaube, Kirche und eigene Spiritualität vermitteln kann, dass den Jugendlichen hilft, sich selber klarer zu werden.» Der 38jährige ist für die Firmpastoral der katholischen Pfarrgemeinde Zofingen zuständig, zu der auch St. Maria in Strengelbach gehört.

Das A und O ist Beziehungsarbeit
Kirchliche Jugendarbeit muss im Raum Zofingen vielleicht stärker als anderswo auf Jugendliche zugehen, denn es besteht bereits ein gut ausgebautes Netz an staatlichen Angeboten. «Wir müssen schaffen wollen», findet Albert Blum-Kolb, katholischer Seelsorger in Strengelbach. Ähnlich deutlich formuliert Ivo Bühler, wenn er von «Knochenarbeit» spricht. Das A und O sei die Beziehungsarbeit. Bewährt hat sich die Zusammenarbeit. Wenn im Raum Zofingen Projekte im Bereich Jugendarbeit laufen, ist Ivo Bühler meist dabei. So auch bei Peopletalk: Jugendliche tragen – professionell angeleitet – als Filmcrew die Meinungen zu Reizthemen wie Littering oder Nachtruhestörung zusammen. Anhand des Filmprojekts soll ein generationenübergreifender Dialog zustande kommen, der idealerweise auf dem Weg des gegenseitigen Verständnisses eine Lösung in Gang bringt.

Spielregeln des Zusammenlebens
Auch Philipp und Pascal waren bei Peopletalk mit von der Partie. «Ich habe die Kameras gesehen und nachgefragt, was da los ist. Als ich hörte, dass ich da meine Meinung sagen kann, hab ich mitgemacht.», erinnert sich Pascal. Konkret ging es um einen Konsens über die Spielregeln des Zusammenlebens im öffentlichen Raum und das Miteinbeziehen der Bedürfnisse der Jugendlichen im öffentlichen Raum.

Viele Faktoren entscheidend
Ivo Bühler, katholischer Vertreter in der Strengelbacher Steuergruppe des Projekts, und Seelsorger Albert Blum-Kolb, der von den projektbeteiligten Jugendlichen ebenfalls interviewt wurde, sind gespannt, was schlussendlich umgesetzt wird. «Die Gemeinde ist sich bewusst, dass sie die Jugendlichen nicht vertrösten sollte. Es braucht jetzt Mut zu kleinen Schritten», meint Albert Blum-Kolb. Darauf angesprochen, ob sich kirchlich eingebundene Jugendliche im öffentlichen Raum anders verhalten als ihre Altersgenossen, mag er die Hand dafür nicht ins Feuer legen. Zu viele Faktoren spielten da eine Rolle. Die innere Haltung zähle. Seinen Ministranten traue er zu, in Konfliktsituationen Ausgleich zu schaffen.

Deutliche Sprache
Auf die Frage nach dem Verhalten im öffentlichen Raum grinst Philipp. «Wenn der Müll neben den Kübel fällt… – Hey, wir sind Jugendliche. Es scheisst uns halt manchmal an…» Deutliche Sprache, die anecken mag. Dennoch, er und Pascal sind junge Menschen, die durchaus über den eigenen Horizont hinausdenken. «Wir werden wahrscheinlich nichts mehr von dem Projekt haben. Aber nach uns kommen auch noch welche.

http://www.strengelbach.peopletalk.ch/

Jugend auf der Spur
Wo haben Jugendliche Berührungspunkte zur Kirche? Wo engagieren sie sich, sei es beim Ministrieren, in der Jubla oder anderweitigen Projekten? Vor welchen Herausforderungen steht die kirchliche Jugendarbeit, die über traditionelle Aufgaben wie Firmvorbereitung den Kontakt zu den Jugendlichen sucht und pflegen will? Diesen Fragen gehen wir im Laufe der kommenden Monate im Rahmen verschiedener Beiträge nach. Den Auftakt macht der Besuch beim katholischen Jugendarbeiter von Zofingen, Ivo Bühler, der uns Einblick in seine Arbeit gewährt.

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