30.09.2013

Solidarität mit koptischen Christen

Von Horizonte Aargau

Am 1. September wurde in Bad Zurzach der Verenatag gefeiert. Der Gedenktag der koptischen Heiligen, die im 4. Jahrhundert aus Ägypten nach Zurzach kam, ist Anziehungsmagnet für viele Christen weit über die Grenzen des Fleckens, ja sogar über die Landesgrenzen hinaus. Verena, die Frau aus dem ägyptischen Theben, hatte hier in der Fremde Mitchristen und eine neue Heimat gefunden. So ist ihr Grab im Verenamünster immer auch Gebetsort für koptische Christen, die in der Schweiz leben oder auf Besuch sind. Wiederholt haben auch koptische Priester oder Bischöfe den Festgottesdienst am Verenatag mitgefeiert. Dieses Jahr führte der Verenatag zu einer interessanten Begegnung.

Angesichts der dramatischen Ereignisse in Ägypten und anderen Ländern rund ums Mittelmeer war es den Seelsorgern der St. Verena Pfarrei ein Anliegen, am diesjährigen Verenatag auch auf die aktuell schwierige Situation der koptischen Christen in Ägypten aufmerksam zu machen. Einerseits konnten die Mitfeiernden des Festtags durch ihre Unterschrift auf einem grossen Plakat Solidarität mit den bedrängten Mitchristen in Ägypten ausdrücken, andererseits wurde die Kollekte fürs Verenabankett zwei ägyptischen Bistümern zugedacht. Die Kollekte von 3000 Franken wurde Ende September je zur Hälfte an Bischof Tadros aus Port Said und an Bischof Biemen aus Luxor weitergeleitet.

Begegnung mit Pater Isidoros
Das Solidaritäts-Plakat mit den vielen Unterschriften konnte der Pastoralssistent der Pfarrei St. Verena Bad Zurzach, Marcus Hüttner, Pater Isidoros von der «Koptischen Kirche in der Deutschschweiz» übergeben. Bei der Ankunft in Dietlikon traf er auf ein kleines, etwas versteckt liegendes Gotteshaus – und einen beeindruckenden koptischen Priester. «Pater Isidoros erwartete mich im Eingangsbereich der Kirche, und zeigte sich sehr erfreut über unser Plakat und die Solidaritätsaktion. Spontan räumte er die grosse Informationstafel im Eingangsbereich der Kirche ab, um Platz für das Plakat zu schaffen. Alle Gottesdienstbesuchenden werden in den kommenden Wochen direkt daran vorbeilaufen.» erzählt Marcus Hüttner von der ersten Begegnung.

Mönch und Priester
Pater Isidoros nahm sich Zeit für Fragen, und erzählte auch von sich und seinem Weg als Priester. Sein voller Name lautet Pater Isidoros El-Anba-Samuel, was nicht sein Nachname ist, sondern auf seine klösterliche Herkunft deutet. Anba-Samuel ist der Name des ägyptischen Klosters, dem Pater Isidoros angehört. 2003 kam er ins Kloster St. Antonius nahe Frankfurt/D. Dort befindet sich eine koptisch-christliche Hochschule, an der er vier Jahre lang seine theologischen Studien absolvierte. Seit März 2007 ist er nun als koptischer Priester in der Schweiz tätig. Da er jedoch als «Mönchspriester» die Auflage hat, auch weiterhin in einem Kloster zu leben, wohnt Pater Isidoros seitdem im Benediktinerkloster Einsiedeln. Unter der Woche ist er dort mehrere Tage lang Mitglied der Mönchsgemeinschaft, nimmt am Essen und am Stundengebet teil. Einige Tage pro Woche verbringt er in Dietlikon, wo Kirche und Gemeindezentrum sind.

Batterien aufladen
Pater Isidoros ist für alle Kopten in der Deutschschweiz zuständig, aktuell rund 120 Familien. Hin und wieder mietet er in Biel oder St. Gallen eine kleine Kirche an, um auch in diesen Landesteilen Gottesdienste für die dort lebenden Kopten anzubieten. Einmal pro Jahr kehrt er für drei Wochen heim in sein Mutterkloster in Ägypten, um – wie er es ausdrückt – seine «Batterien aufzuladen». Die Koptische Kirche kennt sowohl Mönchspriester, die ihr ganzes Leben im Kloster verbringen, als auch verheiratete Priester, die selbstverständlich mit ihrer Familie leben. Unterscheiden könne man die Priester an ihrer jeweiligen Kopfbedeckung, erklärte Pater Isidoros.

Gebäude lassen sich reparieren, tote Mitarbeiter nicht
Auf die Situation der koptischen Christen in Ägypten angesprochen, berichtete Pater Isidoros von Papst Tawadros II., dem in Ägypten lebenden Patriachen aller Kopten weltweit. Am 4.November 2012 wurde Papst Tawadros per Losentscheid zum 118. Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche gewählt. Die Orthodoxe Kirche beruft sich auf den Evangelisten Markus, der vermutlich 61-68 n. Chr. in Alexandrien das Evangelium verkündete und den ersten Bischof vor Ort einsetzte. In der aktuellen politischen Lage in Ägypten hat das koptische Oberhaupt seine Priester im Land aufgefordert, Kirchen, Klöster und andere kirchliche Gebäude nicht gegen angreifende Fanatiker zu verteidigen. Gebäude liessen sich wieder aufbauen, ein toter Mitarbeiter jedoch wäre ein unersetzlicher Verlust. Papst Tawadros hat seit Ausbruch der Unruhen alle offiziellen Termine abgesagt: keine Predigten, kein öffentliches Begehen der Fastenzeit oder Hymnensingen. Zudem war es Tradition, dass er jeden Mittwoch in der Kairoer St. Markus-Kathedrale seine berühmte «Mittwochspredigt» hielt. Diese Auftritte ruhten ebenfalls seit. Mitte Juni. Wie Pater Isidoros berichtete, plant das Oberhaupt der Kopten, ab Ende September seine wöchentlichen Predigten wieder aufzunehmen.

Brückenbauerin
Marcus Hüttner zeigte sich bewegt und beeindruckt von seinem Besuch in Dietlikon: «Mein Aufenthalt war zwar kurz, aber herzlich und bereichernd. Für die Einblicke in diese alte, traditionsreiche christliche Gemeinschaft bin ich sehr dankbar – schön, dass die Heilige Verena auch noch so viele Jahrhunderte nach ihrem Tod als Brückenbauerin wirkt.» 

Marcus Hüttner

 

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