23.11.2015

Spendable Engel in der Einkaufszone

Von Andreas C. Müller

Am vergangenen Wochenende endete die diesjährige Angel Force-Aktionswoche. Mit der von der kirchlichen Jugendarbeit in mehreren Kantonen erfolgreich geführten Kampagne wollen Jugendliche zeigen, dass sie besser sind als ihr Ruf. Horizonte war in Aarau dabei und hat erlebt, dass es die Jugendlichen mit ihrer Charme-Offensive nicht nur leicht haben.

Die 12-jährige Stella spricht nach und nach verschiedene Menschen an, bietet ihnen Gebäck an. Die meisten reagieren irritiert, abwehrend. «Keine Zeit» oder: «Interessiert uns nicht.», heisst es. Dabei haben die meisten Leute, die an jenem Samstagvormittag in der Aarauer Innenstadt ihre Einkäufe erledigen, keine Ahnung, was die Jugendlichen überhaupt bezwecken.

Nutella-Kekse mit Überraschungseffekt
«Wir wollen etwas Gutes tun…», meint Mike, der zusammen mit anderen Jugendlichen Stella hilft. «Wir wollen den Leuten den Tag verschönern», ergänzt Jonas. Gemeinsam mit ihrem Religionslehrer, dem Aarauer Seelsorger Beat Schalk, haben Jugendliche in der Aarauer Igelweid einen Stand aufgestellt. Synes, Mike und Jonas bestücken Teller mit Muffins und Nutella-Plätzchen, rühren Orangenpunch an. Selina und Stella mischen sich damit unters Volk. Neben Verkaufsständen und Unterschriftensammlern kein einfaches Unterfangen, doch die Jugendlichen lassen sich nicht entmutigen. «Wer stehen bleibt, ist meist ganz überrascht, dass das, was ich ihnen anbiete, nichts kostet», so Stella. Es sei in der Tat ungewöhnlich, bestätigt ein Paar, das die Nutella-Kekse probiert hat. «Dass man einfach so etwas bekommt.» Die Leute seien zunächst erstaunt, freuen sich dann aber, bestätigt auch Beat Schalk.

2 000 Jugendliche in 9 Kantonen
Mit dieser und anderen Ideen wollen Schülerinnen und Schüler als Teil der kirchlichen Aktion Angel Force in 9 Kantonen dem Negativ-Image von Jugendlichen entgegen wirken und zeigen, dass junge Leute durchaus sozial interessiert und engagiert sind. Jahr für Jahr im Herbst findet eine Angel Force-Aktionswoche statt, in diesem Jahr zwischen dem 16. – 21. November 2015. Gemäss Angel Force-Webseite sind in diesem Jahr über 2 000 Jugendliche beteiligt. Getragen wird Angel Force von den kirchlichen Fachstellen für Jugendarbeit, beziehungsweise Jugendseelsorge sowie direkt von einzelnen Landeskirchen.

Glücksbotschaften aus dem Internet
Für die 14 Jugendlichen aus Aarau, Biberstein und Küttigen – allesamt Siebtklässler – ist die Teilnahme an der Aktion eine Premiere. «Herr Schalk hat uns im Religionsunterricht das Projekt vorgestellt», erklärt der 12-jährige Synes. «Hernach haben wir uns in Gruppen überlegt, was wir genau tun wollen.» Bald war klar, es sollte eine Standaktion geben. Als Vorlage dienten Ideen aus vergangenen Jahren von anderen Aktionen. Abgeben wollten die Jugendlichen aber nicht nur Ess- und Trinkbares, sondern auch «Glücksbotschaften. «Dafür haben wir am meisten Zeit gebraucht», erklärt Selina. An mehreren Nachmittagen haben wir das Internet durchsucht und von Hand Zettel beschriftet und verziert.»

Vorurteile zimmern Bild der Jugend
Für Beat Schalk war klar: Die Jugendlichen sollten sich nicht hinter ihrem Stand verschanzen, sondern aktiv auf die Leute zugehen. «Eine Schülerin kannte die Aktion bereits», erinnert sich der Seelsorger. «Sie hat ihre Mitschülerinnen darauf vorbereitet, dass es Mut braucht, Leute einfach anzusprechen.» Umso willkommener ist es den Jugendlichen, wenn sie in der Menge ein bekanntes Gesicht erkennen und von vornherein Goodwill ernten. Wer die Reaktionen der Menschen auf die Aktion Angel Force beobachtet, erkennt bald: Für ihren Ruf, sei dieser nun gut oder schlecht, können die Jugendlichen nur bedingt etwas. Es kommt vielmehr darauf an, inwieweit Erwachsene bereit sind, jungen Menschen unvoreingenommen zu begegnen.

 

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