27.04.2017

Superpastoralraum Aargauer Limmattal

Von Andreas C. Müller

Am 15. Mai 2017 dürften die Kirchgemeinden dem Projekt ihren Segen geben. Doch dem grössten Aargauer Pastoralraum drohte die Blockade. Und noch längst nicht alle sind zufrieden.

Mit sechs Kirchgemeinden und gesamthaft 26 000 Gläubigen wird der Pastoralraum «Aargauer Limmattal» die grösste Seelsorge-Einheit des Kantons Aargau. Am 15. Mai 2017 finden in Baden-Ennetbaden, Killwangen, Neuenhof, Spreitenbach, Wettingen und Würenlos ausserordentliche Kirchgemeindeversammlungen statt. Verabschiedet werden soll ein Zusammenarbeitsvertrag – die Basis für die Errichtung des Pastoralraums am 2. Juli 2017.

Aufstand in Würenlos

Noch vor wenigen Wochen sah es so aus, als würde das Projekt in der Kirchgemeinde Würenlos blockiert werden. Anlass für den Unmut in der Gemeinde war «die Weigerung der Projektleiterin Ulrike Zimmermann», die Zelebranten der jeweiligen Gottesdienste im Pastoralraum öffentlich zu machen. «Die Würenloser wollen wissen, wer der Zelebrant ist. Dafür kämpfen wir seit zwei Jahren», so Kirchenpflegepräsident Alfred Koller gegenüber Horizonte. Mit der Verweigerung des Zusammenarbeitsvertrages – de facto ein «Nein» zum Pastoralraum – ersann die Kirchenbasis ein mögliches Mittel, ihr Anliegen noch einmal mit Nachdruck vorzubringen. «In Würenlos sind die Leute aufgestanden und haben erklärt, dass man so nicht mitmache», erinnert sich Alfred Koller.

Bereits hatten die Kirchgängerinnen und Kirchgänger einen Antrag zuhanden der ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung vorbereitet, der verlangte, dem Projekt die Unterstützung zu verweigern. Kirchenpflege-Präsident Alfred Koller dazu: «Wir haben die Zusicherung, dass ab Mai die Namen der Zelebranten der Gottesdienste veröffentlicht werden. Der vorbereitete Antrag der Kirchgänger für die ausserordentliche Kirchgemeindeversammlung im Mai kann somit in der Schublade versorgt werden.»

Projektleiterin dementiert Druck von aussen

Auch Ulrike Zimmermann, Gemeindeleiterin von Wettingen-Würenlos und Projektverantwortliche für den Pastoralraum «Aargauer Limmattal» bestätigt: «Im Zuge eines gemeinsamen Vorgehens in den Pfarreien des zukünftigen Pastoralraums und der Aufschaltung der neuen Homepage des Pastoralraums wurden vom Pastoralraumteam verschiedene Entscheidungen getroffen. Unter anderen, dass für Sonntagsgottesdienste die Namen von Zelebranten, Prediger und Mitwirkenden an Sonntagsgottesdiensten erwähnt werden.» Ulrike Zimmermann bestreitet, dass dies auf äusseren Druck hin erfolgte: «Nein, das stimmt nicht! Das ist eine pastorale Entscheidung, eine unter mehreren. An den ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlungen, die zeitgleich in allen sechs Kirchgemeinden stattfinden, wird nicht über pastorale Fragen, sondern über den Zusammenarbeitsvertrag der Kirchgemeinden und die Finanzierung abgestimmt werden.»

Das Schlimmste, ein Scheitern des ambitionierten Pastoralraumprojekts, dürfte somit abgewendet sein. Dennoch brodelt es an verschiedenen Orten, auch in Wettingen. Die Kirchgänger vermissen nicht nur die Information darüber, wer Gottesdienste hält, sondern sie ärgern sich auch über anstehende Personalwechsel. Mit den Abgängen von Pastoralassistent Stephan Lauper und der Pfarreisekretärin in St. Anton hat sich die Situation weiter verschärft. «Wir haben keine feste Ansprechperson mehr», beklagt sich Heinz Bürgler.  Und die ehemalige Pfarreiratspräsidentin und Lektorin Annemarie Frey ergänzt: «Wir hatten keinen Seelsorger mehr, der länger als 5 Jahre in der Pfarrei geblieben ist. Wenn eine Beerdigung ansteht, schauen die Leute sich mittlerweile anderweitig um, wer die Abdankung übernehmen kann.» Ulrike Zimmermann habe bis anhin keine verbindlichen Antworten geben können, kritisiert Heinz Bürgler: «Die Projektleiterin für den Pastoralraum ist aus diesem Grund für mich nicht mehr glaubwürdig.» Dem hält Ulrike Zimmermann entgegen: «Im zukünftigen Pastoralraum werden Koordination und Vernetzung von Personal verbessert werden.»

Unterschriftensammlung an den Bischof

Gleichwohl haben 250 enttäuschte Kirchgängerinnen und Kirchgänger eine Petition unterschrieben, die nach Solothurn geschickt wurde. In dieser wird verlangt, dass in der Pfarrei St. Anton «endlich eine offizielle Ansprech- und Be­zugsperson eingesetzt wird, die gewillt ist, das Pfarreil­eben zu unterstützen und die Traditionen zu pflegen und zu erhalten.» Eine Telefonnummer allein genüge nicht. «Die Zustimmung auf die Unterschriftensammlung war gross», so Initiant Andreas Egloff gegenüber Horizonte. Man habe die Sache auch gegenüber der Gemeindeleiterin Ulrike Zimmermann offengelegt. «Wir haben die Hoffnung, dass diese Aktion doch noch etwas bewirken kann, nachdem viele Leute vergebens mit der Gemeindeleiterin das Gespräch gesucht haben», so Andreas Egloff.

Sorgen bereitet vielen Menschen an der Kirchenbasis aber auch die Dimension des Unterfangens. «Es ist schon die Befürchtung da, dass das einen Wasserkopf gibt«, äussert sich beispielsweise Annemarie Frey gegenüber Horizonte. «Ziel des Pastoralraumkonzepts ist es, auf die veränderten Bedürfnisse der Menschen in der heutigen Zeit Antwort zu geben und den Glauben ins Spiel zu bringen», ist Ulrike Zimmermann überzeugt. «Auf Ebene Pastoralraum entstehen ausser einer 30 Prozent-Sekretariatsstelle, die vor allem für Koordination und Kommunikation zuständig ist, keine neuen Stellen, sondern wir arbeiten mit eigenen Kräften. Die Koordination von Diensten und Projekten, die mit fast demselben Aufwand anstatt für eine Pfarrei für acht Pfarreien durchgeführt werden können, ist in jedem Fall ein grosser Gewinn für alle.»

Die Kirchengemeinden sparen erst in drei Jahren

Die Kosten für den neuen Pastoralraum beziffert Beatrice Eglin auf gesamthaft ungefähr 160 000 Franken. «Darin enthalten sind alle Personal- und Sachkosten», so die Präsidentin der Arbeitsgruppe für die Zusammenarbeit unter den Kirchgemeinden. Beatrice Eglin betont, dass man versuche, «die Kosten für diesen grossen Pastoralraum so niedrig wie möglich zu halten».

Kritiker monieren gern, dass sich der vielfach versprochene Pastoralraum-Spareffekt aufgrund von Synergien letztlich erst spät – wenn überhaupt – einstellt. Beatrice Eglin räumt ein, dass «in einer ersten Phase von ein bis drei Jahren die Kosten eher etwas ansteigen dürften. Erst wenn die Zusammenarbeit in den pastoralen Schwerpunkten in einen routinierten Ablauf mündeten, dürften sich Ersparnisse für die einzelnen Kirchgemeinden ergeben. Die Kosten, so die Präsidentin der Arbeitsgruppe für die Zusammenarbeit unter den Kirchgemeinden, würden – wie in anderen Pastoralräumen –nach einem dreistufigen Verteilschlüssel verrechnet: «Jede Kirchgemeinde bezahlt einen Sockelbeitrag, alle Personalkosten werden nach Anzahl Katholiken ausbelastet und alle Sachkosten werden nach Finanzkraft ausbelastet». Dies ermögliche ein faires Verteilen der Kosten auf alle partizipierenden Kirchgemeinden.

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