27.04.2014

Vier Päpste – zwei neue Heilige

Von Horizonte Aargau

Die katholische Kirche hat zwei neue Heilige. Bei einer grossen Messe mit 800.000 Gläubigen auf dem Petersplatz und Umgebung hat Papst Franziskus am Sonntag seine Vorgänger Johannes XXIII. (1958-63) und Johannes Paul II. (1978-2005) offiziell in das Verzeichnis der Heiligen eingetragen.

Zur Messe mit 150 Kardinälen, 1.000 Bischöfen und 5.000 Priestern verliess auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. sein vatikanisches Kloster und trat zum zweiten Mal seit seinem Rücktritt in die Öffentlichkeit. Er gehörte zu den sechs Konzelebranten der Festmesse, trat aber nicht an den Papstaltar, sondern begleitete die zweistündige Zeremonie von seinem Sessel neben den Kardinälen aus. Was nicht nur seinem Alter von 87 Jahren geschuldet war, sondern vielleicht auch dem Wunsch, mögliche Irritationen über zwei Päpste nebeneinander am Altar zu vermeiden.

Mutige Männer
Es war der besondere Wunsch von Papst Franziskus, seine beiden sehr unterschiedlichen Vorgänger bei einer Feier gemeinsam zur Ehre der Altäre zu erheben. Beide seien mutige Männer gewesen, die die Tragödien des 20. Jahrhunderts erlebt hätten, von ihnen aber nicht überwältigt worden seien, betonte er in seiner Predigt. Beide hätten sich in Zusammenarbeit mit dem Heiligen Geist bemüht, die Kirche «entsprechend ihrer ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen und zu aktualisieren», umriss er die Gemeinsamkeiten. Und beiden hätten unauslöschlich zu Entwicklung der Völker und zum Frieden beigetragen. Dabei würdigte er Johannes XXIII. als Papst des Konzils, der die Kirchenversammlung in Folgsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist einberufen hatte. Den Polen Johannes Paul II. bezeichnete Franziskus als «Papst der Familie» – vielleicht etwas überraschend, weil andere Aspekte wie seine Missionstätigkeit durch die Reisen oder seine «politischen» Erfolge für Frieden und Freiheit ungenannt blieben. Der Wojtyla-Papst solle die Kirche bei den beiden nächsten Bischofssynoden zur Familienpastoral in besonderer Weise vom Himmel aus begleiten und unterstützen, sagte Franziskus.

Prominenz und Pilger
Die Heiligsprechung der beiden Päpste war für die Kirche zweifellos das «Ereignis des Jahres». Die 1,2 Milliarden Mitglieder zählende Weltkirche hat zwei neue Heroen, deren Erhebung der Vatikan in einer würdigen und symbolkräftigen Zeremonie proklamierte. Mit einer Feier, bei der auch die beiden durch Wunder des heiligen Wojtyla-Papstes geheilten Personen mitwirkten. Es war ein internationales Ereignis, bei dem die Weltkirche feierte. Auf dem Petersplatz und der umliegenden Zone, wie auf den zahlreichen Riesenbildschirmen an Knotenpunkten der Stadt sah man Fahnen, Transparente und Spruchbänder aus aller Welt. Besonders dominierten die rot-weissen Banner aus Polen. Die Landsleute des neuen Heiligen hatten zum Teil strapaziöse Nachtreisen per Bus auf sich genommen, um bei der Feier im Vatikan mit dabei zu sein. Mehr als hundert politische Delegationen von Königen, Präsidenten, Regierungschefs und Ministern belegten zudem das Ansehen, das die beiden Kirchen-Heroen auch ausserhalb des kirchlichen Bereichs geniessen.

Reibungsloses Rom
Die Stadt Rom, die ihrerseits eine Teilnehmerzahl von einer Millionen nannte, hat die Mammutveranstaltung mit Routine bewältigt. Immerhin konnte sie in den vergangenen Jahren mehrfach Erfahrungen im organisatorischen und sicherheitstechnischen Umgang mit Menschenmassen sammeln, etwa 2011 bei der Seligsprechung von Johannes Paul II., oder im vergangenen Jahr zum Pontifikatswechsel. Die Lenkung der Pilgerströme, die schrittweise Absperrung und Öffnung von Strassenzügen und Stadtvierteln, die Sicherung der VIPs wie auch die medizinische Betreuung verliefen weitgehend reibungslos. Fast ein Wunder war unterdessen, dass den Teilnehmern die prognostizierten Unwetter erspart blieben. Am Samstagabend fiel kurz etwas Regen, bei der Papstmesse am Sonntagvormittag gab es nur wenige Tropfen. Das Kirchenereignis wurde zu einer friedlichen Invasion und einem grossen bunten Fest, das Papst Franziskus mit einer Fahrt im offenen «Papamobil» über den Petersplatz abschloss. Rom wurde wieder einmal zum Mittelpunkt des (katholischen) Erdkreises.    kipa/aj

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