09.09.2014

Vom Kaiseropfer zum Messopfer

Von Horizonte Aargau

In Augusta Raurica, der wenige Jahrzehnte vor Christi Geburt gegründeten römischen Kolonie, überlappten sich die Religionen. Zu den religiösen Traditionen der in der heutigen Nordwestschweiz ansässigen Kelten kamen mit den Römern neue Kulte und über das römische Netzwerk schliesslich auch das Christentum. Wann genau die ersten Christen kamen, weiss man jedoch nicht.

Im Jahr 44 v. Chr. gegründet, erhielt die römische Kolonie auf dem Terrassensporn zwischen Ergolz und Violenbach knapp drei Jahrzehnte später von Kaiser Augustus ihren noch heute gültigen Namen. In der Blütezeit zwischen 100-240 n.Chr. lebten bis zu 20 000 Menschen in Augusta Raurica. Mit dem Aufschwung Basels im 7. Jahrhundert verlor Augusta Raurica an Bedeutung und wurde zu einem kleinen Fischerdorf. Seit 1803 ist Kaiseraugst Teil des Kantons Aargau.

Illegale Christen
Sichtbar wurde das Christentum in Augusta Raurica im vierten Jahrhundert. Dass keine Funde aufgetaucht sind, welche die frühere Präsenz von Christen belegen könnten, hängt vermutlich damit zusammen, dass das Christentum erst mit dem Ende der Christenverfolgungen und dem Toleranzedikt von Kaiser Galerius 311 und der Mailänder Vereinbarung der Kaiser Konstantin dem Grossen und Licinius im Jahr 313 zur offiziell erlaubten Religion wurde. Vorab war es quasi «illegal», Christ zu sein. «Mit der Zeit wurde es dann aber chic, Christ zu sein, auch im Kaiserhaus», so der katholische Theologe Matthys Klemm aus Augst. «Das Christentum war plötzlich salonfähig, und Privaträume genügten nicht mehr für die Zusammenkünfte. Es brauchte grössere Räume, die ersten christlichen Sakralbauten entstanden.» In Kaiseraugst soll sich schliesslich auch die Residenz eines Bischofs befunden haben. «Die aus dem 4. Jahrhundert stammende Kirche, deren Überreste man unterhalb der Gallus-Kirche direkt am Rhein besichtigen kann, war bis zum Bau des Haito-Münsters in Basel die grösste der Region.

Weihrauch aus dem Kaiserkult
Die Christianisierung des römischen Imperiums blieb nicht ohne Wirkung auf die Entwicklung des Christentums. «Der Gottesdienst wurde zu einem offiziellen Staatsakt, und Personen mit staatlichen Ämtern übernahmen religiöse Aufgaben», so Matthys Klemm über den Prozess der gegenseitigen Anpassung. «Weihrauch, Kerzen, prächtige Gewänder – was für die katholische Kirche als typisch gilt, hat mit dem frühsten Christentum nichts zu tun, sondern stammt aus dem Kaiserkult.»

Abgekupferte Religion
Auf den Ruinen des Schönbühltempels in Augusta Raurica schildert Matthys Klemm den Ablauf einer römischen Opferzeremonie und weist auf die offenkundigen Parallelen zum christlichen Ritual hin. Der Opfernde wäscht die Hände, das eigentliche Opfern übernehmen Hilfspriester. Auch die Römer haben Elemente fremder Kulte übernommen. So erinnert ihre Götterwelt stark an jene der Griechen.

Regula Vogt-Kohler

 

 

Ausflugstipp

Idealerweise geht’s mit Zug via Olten-Basel nach Kaiseraugst und in die Ruinen der Römerstadt Augusta Raurica. Vom Bahnhof aus zu Fuss weiter den Wegweisern entlang nach Augusta Raurica. Der Ausflug lässt sich auch mit einer Schifffahrt und einem Besuch in Basel verbinden. Die Basler Personenschifffahrtsgesellschaft fährt täglich (ausser Montag) von Basel nach Rheinfelden. Von Rheinfelden aus fährt der Zug innert weniger Minuten nach Kaiseraugst.

www.augusta-raurica.ch

 

 

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