03.11.2014

Was isst ein Schweizergardist?

Von Horizonte Aargau

Über Schweizergardisten kann man ziemlich viel in Reiseführern nachlesen: Dass ihre bunte Uniform nicht von Michelangelo stammt etwa, oder dass man mindestens 1,74 Meter sein muss, um in der Wachtruppe Dienst zu tun. Doch was so ein Schweizergardist gerne isst, darüber war bislang so gut wie nichts bekannt. Man konnte allenfalls vermuten, dass jemand, der fünf Stunden mit einer schweren Hellebarde in der Hand unter der römischen Sonne still stehen muss, eine solide Grundlage braucht. Diese Wissenslücke wird nun gefüllt.

Das Kochbuch mit dem Titel «Buon Appetito», das am Dienstagabend im Vatikan vorgestellt wurde, bietet dem Leser die Lieblingsgerichte von Offizieren der Schweizergarde sowie die Rezepte von alltäglichen Speisen aus der Kantine der Wachtruppe. Auch Prominente im Vatikan wurden nach ihren kulinarischen Vorlieben gefragt; Erzbischof Georg Gänswein, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und der Schweizer Kardinal Kurt Koch.

Gute Grundlage
Dass die Verpflegung für die Schweizergarde ganz und gar nicht nebensächlich ist, machte ihr Kommandant Daniel Anrig gleich zu Anfang der Präsentation deutlich: «Eines ist klar, ein Soldat kann nur kämpfen und Krieg führen, wenn er vorher ordentlich gegessen hat». Das gelte auch für die Schweizergarde. Wer fünf Stunden in der Sonne Wachdienst schieben müsse, der brauche vorher ein kräftiges Frühstück. So gesehen behandle das Kochbuch ein Thema, das für die Schweizergarde «fundamental» sei, sagte Daniel Anrig. Das Werk wolle nicht nur eine Rezepte-Sammlung sein, sondern wolle auch die Schweizergarde und ihren Dienst vorstellen, erklärte der Kommandant. Er verwies auf die Informationen über den Alltag der Garde ausserhalb der Kantine, die zwischen den Rezepten eingeschoben sind.

«Gnocchi al Vaticano»
Eine Kostprobe von Seite 57: «Gnocchi al Vaticano». Man nehme für die Gnocchi 600 Gramm blaue Kartoffeln, zwei Eier, zwei Eigelbe, 200 Gramm Weissmehl. Dazu 80 Gramm geriebenen Parmesankäse und 80 Gramm weiche Butter. Ein selbst gemachtes Basilikum-Pesto und eine Sosse mit Speckwürfeln und Zwiebeln, deren Herstellung ebenfalls beschrieben wird, ergeben das vatikanische Aroma. Das Gericht steht unter dem Namen von Pietro Parolin. Der aus Norditalien stammende Kardinalstaatssekretär hatte angegeben, dass er gerne Gnocchi esse. Das spezielle Rezept hat sich dann allerdings einer der drei Herausgeber des Buchs, der Schweizergardist David Geisser, überlegt. Der in Zürich geborene David Geisser hat in seiner Heimat eine Kochlehre absolviert und bereits mit einigem Erfolg zwei Kochbücher veröffentlicht.

Verschiedene Geschmäcker
Georg Gänswein bekennt sich übrigens ebenfalls zur italienischen Küche: Der Privatsekretär von Benedikt XVI. gab Saltimbocca alla Romana als Lieblingsessen an, Kalbsschnitzel mit luftgetrocknetem Schinken und Salbei. Kurt Koch hingegen outete sich als Wiener-Schnitzel-Fan. Doch was ist der normale Gardist tagein tagaus? Auffallend wenig heimatliche Gerichte, dafür umso mehr Italienisches: Rezepte für Minestrone und vor allem für Nudeln in allen Variationen, aber auch geschmorter Schweinehals und Kabeljau werden in der Rubrik «Alltag in der Schweizergarde» aufgeführt.

«Grittibänz»
Wenn die Speisen tatsächlich auch nur annähernd so appetitlich angerichtet auf den Kantinentisch kommen, wie sie in dem Kochbuch nach mehrstündigem Fotoshooting optisch präsentiert werden, müsste man sagen: Davon könnten sich die meisten Betriebskantinen eine Scheibe abschneiden. Die alltägliche Verpflegung der Garde liegt allerdings nicht mehr in italienischen Händen, sondern ist von fünf polnischen Ordensschwestern übernommen worden. Eine typische Schweizer Spezialität mit einem ebenso typischen Namen gibt es aber doch in dem Kochbuch: die sogenannten «Grittibänz». Insgesamt bestätigt der Speiseplan der Schweizergardisten dennoch die Einschätzung von Wachtmeister Erwin Niederberger, einem der Herausgeber des Buches: «Es ist gut, dass der heilige Petrus in Rom gestorben ist und nicht irgendwo anders». kipa/aj

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