27.03.2023

Herbert Haag Preis für Theologie
Wider den Autoritätsglauben, für Freiheit in der Kirche!

Von Eva Meienberg

  • Am Sonntag, 26. März, hat die Preisverleihung der Herbert Haag Stiftung in der Luzerner Lukaskirche stattgefunden.
  • Der Herbert Haag Preis 2023 ging an Julia Enxing und das theologische Online-Feuilleton Feinschwarz.
  • Mit der Vergabe wird das Bemühen der Preisträgerinnen und Preisträger gewürdigt, den innenkirchlichen Bereich zu überwinden und Theologie in säkularen Kontexten zu betreiben, schreibt die Herbert Haag Stiftung.

Herbert Haag gründete die gleichnamige Stiftung 1985. Damals sei die Kirche von einer Hoffnung auf Wandel durch das Zweite Vatikanische Konzil getragen gewesen, sagte Irmtraud Fischer, Mitglied des Stiftungsrates und Professorin an der Universität Graz in ihrer Laudatio auf Feinschwarz. Darum engagierte sich Herbert Haag für die Freiheit in der Kirche, denn er sah sie durch das Lehramt bedroht. Der Bibelwissenschaftler lehrte ab 1960 gemeinsam mit Hans Küng während 20 Jahren an der Universität Tübingen. Nach seiner Emeritierung engagierten sich die Freunde während 20 Jahren in der Herbert Haag Stiftung.

Achtung für das Leben an sich

Als eine der stärksten Stimmen der Deutschsprachigen Schöpfungstheologie wurde die Preisträgerin Julia Enxing von Stiftungsrätin Ute Leimgruber gewürdigt. Seit 2020 ist Julia Enxing Professorin für Systematische Theologie am Institut für Katholische Theologie an der Technischen Universität Dresden. Ihre oberste Maxime sei die Achtung für das Leben an sich: «Die Würde jeder Kreatur ist unantastbar», zitierte Ute Leimgruber die Preisträgerin in ihrer Laudatio. Julia Enxings Verbundenheit mit der Schöpfung sei nicht nur theoretischer Natur, sondern gehöre auch zu ihrem Alltag. So erreichte die Theologin die Nachricht vom gewonnenen Preis erst nach einigen Tagen, weil sie gerade mit ihrer Hündin in Tschechien am Biwakieren war. Unterwegs in freier Natur, für niemanden erreichbar, die Nacht unter dem Sternenhimmel verbringend ohne Zelt zum Schlafen.

Sturm gegen Gottesbilder

Julia Enxing ist geprägt von der Prozesstheologie. Diese Theologie spreche nicht von einem statischen Gott, sondern von einem «Gott im Werden», sagt Ute Leimgruber. Damit wende sich Julia Enxing gegen Gottesbilder, die durch Interessenpolitik, Machtversessenheit, Skrupellosigkeit, Insensibilität oder einfach nur Ahnungslosigkeit Gott in ein Bild pressten. Gegen solche Bilder rufe Julia Enxing zum Sturm auf.

Preisträgerin Julia Enxing (li) während ihrer Laudatio gehalten von Ute Leimgruber, Stiftungsrätin der Herbert Haag Stiftung | Foto: Eva Meienberg

Ihre Theologie sei im besten Sinne liberal, weil sie die Freiheit liebe, aus der Freiheit komme und Freiheitsräume schaffe, sagte die Rednerin. Und damit entlarve die Preisträgerin illiberale Theologien, die Gehorsam einer Amtsautorität gegenüber als Freiheit maskiere. Julia Enxings Theologie sei auch Ethik und bleibe daher nicht ohne aktivistische Konsequenz.

Führendes theologisches Online-Medium

Die Preisträgerin konnte am vergangenen Sonntag zweimal aufs Podest steigen. Denn Julia Enxing ist auch Mitglied der Redaktion des theologische Online-Feuilletons Feinschwarz. Das dreizehnköpfige Redaktionsteam aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ist mit seinen Artikeln seit 2015 online und wurde nun mit dem Herbert Haag Preis ausgezeichnet. Die Redaktorinnen und Redaktoren arbeiten ehrenamtlich und erreichen nach eigenen Angaben rund 100’000 Leserinnen pro Monat. Sie sind damit eines der führenden Online-Medien im kirchlich-theologischen Bereich im deutschsprachigen Raum. Das Portal wird mit Spenden finanziert.

Anderer Meinung als die kirchlichen Hierarchien

In aller Freiheit entschieden die Theologinnen und Theologen bei Feinschwarz, welche Themen anstünden und wer dazu seine Meinung äussern solle, ob sie theologisch begründet völlig anderer Meinung seien, als die kirchlichen Hierarchen, sagte Stiftungsrätin Irmtraud Fischer in ihrer Laudatio: «Sie nehmen für sich die Freiheit des Lehramtes der Theologie in Anspruch, freilich nicht aus autoritativem Anspruch, sondern vielmehr scharf diagnostiziert, gut durchdacht, sozial- und humanwissenschaftlich sauber argumentiert.»

Theologie als Stütze und Ermutigung

In einer Zeit, in der die Kirche als gesellschaftsrelevante Stimme immer leiser wird, will die Redaktion «Theologie unters Volk» bringen, wie sie selbst sagt. Irmtraud Fischer zählt vor allem Dozierende und Studierende zur Leserschaft von Feinschwarz. Aber auch kirchliche Mitarbeitende und interessierte Laien fänden in den Texten Stütze und Ermutigung für die pastorale und theologische Realität und die Arbeit in ihrer Praxis.

Die gut besuchte Preisverleihung wurde musikalisch umrahmt von Lana Kostic, die mit dem Cello und ihrer Stimme dem Anlass einen feierlichen und besinnlichen Rahmen gab.

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