20.07.2016

Wie ein Engel aus der Ferne

Von Fabrice Müller

Aus einer privaten Initiative heraus entstand in der Kirchgemeinde Eggenwil-Widen ein Verein, der ein Kinderheim für Strassenkinder in Manila unterstützt. Für den ersten Teil seiner diesjährigen Sommerserie begab sich Horizonte nach Eggenwil-Widen und traf dort zwei engagierte Frauen, die sich im Vorstand des Vereins engagieren und regelmässig auf die Philippinen reisen.

Überbevölkerung, Armut, Korruption, eine hohe Arbeitslosigkeit und weit verbreitete Kriminalität, aber auch alljährliche Taifune und Überschwemmungen mit verheerenden Auswirkungen: Die Menschen auf den Philippinen sind wahrlich nicht zu beneiden, allen voran viele Kinder, die in den Slums der grossen Städte wie etwa Manila als Waisen und Verwahrloste leben und nicht selten in die Prostitution und Kriminalität abdriften. Esther Bänziger, Präsidentin des Patronatskomitee des Vereins zur Unterstützung des Kinderheims St. Martin de Porres ausserhalb von Manila, besuchte das Land in den letzten Jahren bereits mehrere Male, um sich ein Bild der Kinder in der Hauptstadt zu machen. «Diese Tristesse in den Slums rund um Manila ist kaum auszuhalten», schildert die ehemalige SP-Grossrätin aus Eggenwil in knappen Worten ihre Eindrücke. Auf die prekäre Situation vieler Kinder und Jugendlicher in Manila stiessen Esther Bänziger sowie andere Gleichgesinnte über den Schweizer Vertreter der Stiftung John D.V. Salvador, die 50 Kilometer ausserhalb von Manila ein neues Zuhause für obdach- und elternlose Strassenkinder betreibt. Ins Leben gerufen wurde das Kinderheim vom Mönch Father Boyet, der auf den Philippinen laut Elisabeth Sailer, Präsidentin des Vereins zur Unterstützung des Kinderheims St. Martin de Porres ein hohes Ansehen geniesst.

18 000 Franken Spendengelder jährlich

Die Mission der Stiftung liess die damals noch lose Gruppe rund um die Gründungsmitglieder aus der katholischen Kirchgemeinde Eggenwil-Widen nicht mehr los. Mit dem Ziel, die Stiftung in Manila finanziell zu unterstützen, wurde ein Verein ins Leben gerufen. Obwohl politisch und konfessionell neutral, wurde der Verein von den katholischen Kirchenverantwortlichen und mehreren Lehrpersonen stets überaus wohlwollend unterstützt, wie die Vereinspräsidentin Elisabeth Sailer berichtet. Das sei auch heute noch so. Mittlerweile zählt der Verein 45 Mitglieder, die grösstenteils aus dem Freiamt, teilweise aber auch aus den Kantonen Luzern und Bern stammen. Ein fünfköpfiger Vorstand leitet den Verein und steht in regelmässigem Kontakt mit der Stiftung und dem Kinderheim. Einmal jährlich im Juni treffen sich die Mitglieder zur Generalversammlung, wo über die vom Vorstand vorgeschlagenen Unterstützungsleistungen zugunsten des Kinderheims diskutiert und entschieden wird. Pro Jahr werden gegen 18 000 Franken gespendet. Das Geld stammt aus Spenden von den Mitgliedern, von zahlreichen Gönnerinnen und Gönnern, wie auch von Kirchgemeinden und anderen Institutionen.

Therapie und Stipenden

Das gespendete Geld ist für ganz konkrete Projekte und Personen vorgesehen, die jedes Jahr vom Vorstand je nach Bedarf neu festgelegt werden. «Die Hauptverantwortung der Stiftung liegt bei einem Schweizer. Dadurch haben wir einen direkten Draht ins das Kinderheim und können sicher sein, dass unsere Gelder unseren Vorstellungen entsprechend eingesetzt werden», betont Esther Bänziger. Die Leiter und Leiterinnen des Kinderheims berichten regelmässig über den Einsatz der Gelder und die Situation vor Ort. Wofür werden die Gelder eingesetzt? Für die verschiedenen Wohnhäuser, wo die Kinder untergebracht sind, spendete der Verein beispielsweise kleine Küchen.

Weil viele der Kinder auf eine traumatische Vergangenheit zurückblicken, sind sie auf psychologische Betreuung angewiesen. Mit dem Geld aus der Schweiz werden auch zwei Psychologinnen bezahlt, die die Kinder betreuen, ebenso eine Lehrerin für das Mädchenhaus.

Briefe der Kinder und Jugendlichen

Weiter bezahlt der Verein für die älteren Kinder Stipendien, dank derer sie in der Stadt eine Ausbildung absolvieren können. Beliebt sind Informatik-, Buchhaltungs- und Matrosenausbildungen. Im Gegenzug verlangt der Verein, dass die Jugendlichen den Vereinsverantwortlichen einmal pro Jahr über ihre Situation berichten. «Die Kinder und Jugendlichen sind unglaublich dankbar für unsere Hilfe und schreiben uns regelmässig», freut sich Esther Bänziger, «und sie wundern sich, dass jemand in einem so weit entfernten Land an sie denkt. Sie vergleichen es mit einem Engel, der aus der Ferne ein gütiges Licht auf sie scheinen lässt.»

Horizonte-Sommerserie aus aktuellem Anlass

An der diesjährigen Sommer-Session stritt Bundesbern im Rahmen seiner Spardebatte auch über Kürzungen bei der Entwicklungshilfe. Das nahm Horizonte zum Anlass, im Rahmen seiner Sommerserie für einmal in die Ferne zu reisen. Aber nicht in die Ferien, sondern an Orte, wo sich Kirchgemeinden, katholische Verbände und die katholische Jugendarbeit in verschiedenen Projekten engagieren. Im ersten Teil geht’s auf die Philippinen, wo ein Heim mit Freiämter Unterstützung Kindern und Jugendlichen eine neue Perspektive gibt.

www.stmartinporres.ch

 

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