23.03.2014

Zeit der Umkehr

Von Horizonte Aargau

Gewohnheiten sind zäh und langlebig. Sie lassen sich nicht so schnell vertreiben. Wer eine schlechte Gewohnheit los werden will, sollte an ihre Stelle eine gute Gewohnheit setzen. Das braucht Zeit.

Die Kirche bietet vor Ostern eine Zeit der Einübung an. Sie nennt sie Zeit der Umkehr. Umkehren meint: Sich in eine positive Richtung verändern, um mehr Freude und Sinn im Leben zu gewinnen. Es geht darum, einen weiteren Schritt zu tun auf dem Weg zur Lebensfülle, die Christus allen Menschen eröffnet hat, und die wir an Ostern feiern. Während der österlichen Vorbereitungszeit wird Christinnen und Christen die Gelegenheit gegeben, als Einzelne, als Familie oder als kirchliche Gemeinschaft, Tag für Tag ganz bewusst etwas Bestimmtes zu tun oder zu lassen. Das Eingeübte soll zu einer guten Gewohnheit werden, so dass wir an Ostern nicht wieder zum «alten Menschen» zurückkehren, sondern eine neue, Christus gemässere Haltung gewinnen und als «neue Menschen÷ leben (Röm 6,4; Eph 4,22-24).

Fasten ist nur eine Möglichkeit
Wir nennen die Zeit vor dem grossen christlichen Fest üblicherweise Fastenzeit. Dabei ist Fasten nicht die einzige Möglichkeit, diese Zeit zu gestalten. Als eigentliche Fast- und Abstinenztage gelten in der katholischen Kirche nur Aschermittwoch und Karfreitag. An diesen Tagen sollen die Gläubigen weniger und bewusster speisen, insbesondere auf Fleisch und Wein verzichten. An den Freitagen (des ganzen Jahres) soll gefastet oder auf andere Weise Verzicht geübt werden.

Vierzig-Tage-Zeit
Seit dem vierten Jahrhundert nennt man die Vorbereitungszeit auf Ostern schlicht «Vierzig-Tage-Zeit», lateinisch: Quadragesima. Vom sechsten Sonntag vor Ostern bis zum Gründonnerstag, dem Beginn des dreitägigen Hochfestes (Triduum), waren es genau 40 Tage. Als im Mittelalter das Fastenmotiv in den Vordergrund trat, nannte man die ganze Vorbereitungszeit auf Ostern Fastenzeit. Da die Sonntage nicht als Fastentage galten, verschob man den Beginn der Fastenzeit auf den Aschermittwoch und zählte Karfreitag und Karsamstag dazu. So kam man auf genau 40 Fastentage. Nach heutiger Regelung dauert die Quadragesima von Aschermittwoch bis Gründonnerstag. Zählt man die Sonntage mit, sind es 44 Tage, zählt man sie nicht dazu, sind es nur 38. Die Zahl 40 wird damit zwar rechnerisch nicht erreicht, doch sie hat vor allem symbolische Bedeutung. In der Bibel kommt sie häufig vor: 40 Tage und Nächte dauerte die Sintflut (Gen 7,4). 40 Jahre lang wanderte das Volk Israel durch die Wüste (Gen 16,35; Jos 5,6). 40 Tage und Nächte verbrachte Mose auf dem Berg Sinai in der Gegenwart Gottes (Gen 24,18; 34,28). Der Weg des Propheten Elja zum Berg Horeb dauerte 40 Tage und Nächte (1 Kön 19,8). Die Bewohner von Ninive hatten 40 Tage Zeit umzukehren und Busse zu tun, um die Zerstörung ihrer Stadt abzuwenden (Jona 3). Jesus verbrachte 40 Tage in der Wüste, um sich auf seine Aufgabe vorzubereiten (Mk 1,13; Mt 4,2; Lk 4,1). Vierzig Tage lang erschien der auferstandene Jesus den Aposteln, bevor er in den Himmel aufgenommen wurde (Apg 1,3).

Gott neu begegnen
Die Zahl Vierzig markiert in der Bibel einen längeren Zeitraum, der einzelnen Personen oder Gemeinschaften die Gelegenheit gibt, Gott neu zu begegnen, ihre Lebensweise zu überdenken und grundlegend zu ändern. Die Zahl Vierzig steht für Wandel und Erneuerung. Die 40er-Geschichten in der Bibel laden ein, sie aufzuschlagen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Josef-Anton Willa, Liturgisches Institut der deutschsprachigen Schweiz

www.liturgie.ch

Themen Theologisches
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