01.08.2014

Zwischen Bistum und Basis und Kirche und Staat

Von Anne Burgmer

Drei Kennzeichen werden den neuen Domherren bei ihrer Einsetzung übergeben: das Brevier, das Brustkreuz und die violette Mozzetta. Dieser kleine Schultermantel wird über der schwarzen Soutane und dem weissen Chorhemd getragen. Am 15. Januar 2014 wird auch Josef Stübi, Pfarrer der Stadtpfarrei Maria Himmelfahrt in Baden, als neuer Domherr des Standes Aargau diese Insignien überreicht bekommen.

«Mir ist wichtig, dass die Leute verstehen, was ein Domherr ist und macht», so Josef Stübi. «Es kommen immer wieder mal entsprechende Fragen.»

Residierende und nicht-residierende Domherren
Seit dem 1. Oktober 2013 ist der 52-Jährige Mitglied des achtzehnköpfigen Domkapitels, das dem Bischof beratend zur Seite steht. Die Bistumskantone Aargau, Bern, Luzern und Solothurn entsenden je drei, Baselland, Basel-Stadt, Jura, Schaffhausen, Thurgau und Zug je einen Domherrn in das Domkapitel. Unterschieden wird in residierende und nicht-residierende Domherren. Erstere, insgesamt sechs, haben ihren Wohnsitz in Solothurn und erfüllen verschiedene Aufgaben am bischöflichen Ordinariat. Die nicht-residierenden Domherren, zu denen Josef Stübi gehört, sind in den meisten Fällen als Pfarrer im jeweiligen Bistumskanton tätig. Es sind Priester mit Berufserfahrung und gutem Lebenswandel, die angefragt werden. Ein Mindestalter für Domherren oder eine Amtszeitbeschränkung gibt es nicht. Verlässt ein Domherr den Kanton, für den er berufen wurde, erlischt sein Amt, und ein neuer Domherr muss gesucht werden. Ebenso, wenn dem Bischof mit Erreichen des kirchlichen Pensionsalters von fünfundsiebzig Jahren die Demission angeboten wird.

Weltkirchliche Besonderheit im Bistum Basel
Der «Senat des Bischofs», wie das Domkapitel auch genannt wird, unterstützt den Bischof nicht nur in der Leitung der Diözese, er steht ihm auch mit Rat und Tat zur Seite und trifft sich dafür in regelmässigen Abständen mit ihm. Die Mitglieder des Domkapitels gelten ferner als Bindeglieder zwischen dem Bischof und den jeweiligen Kantonsregierungen. Die weltkirchliche Besonderheit im Bistum Basel ist jedoch, dass das Domkapitel im Fall einer Vakanz des Bischofsstuhls den Bischof frei aus den zum Bistum gehörenden Priestern wählen kann. In einer Vernehmlassung werden mögliche Kandidaten geprüft und eine Wahlliste erstellt, die von der Diözesankonferenz «gegengelesen» wird, bevor dann das Domkapitel den neuen Bischof wählt. Während der Vakanz liegt es zudem in der Verantwortung des Kapitels, den Diözesanadministrator zu wählen, dem bis zur Einsetzung des neuen Bischofs die Bistumsleitung anvertraut wird. «Es ist auch eine Ehre, zum Domherrn ernannt zu werden», freut sich Josef Stübi über die bischöfliche Anfrage, die er gerne mit «Ja» beantwortet hat.

Zum Beispiel die Firmspendung
Die Wurzeln des Amtes reichen weit zurück in die Vergangenheit. Schon im neunten Jahrhundert gab es geistliche Gemeinschaften, die den Bischofskirchen angegliedert waren und aus denen heraus sich die Domkapitel entwickelten. Sie waren das Organ, welches die Kontinuität in der Bistumsleitung gewährleistete. Die Domherren waren ausserdem für die Durchführung der Liturgien an den Bischofskathedralen zuständig. Heute obliegt ihnen beispielsweise die Firmspendung, für die sie durch den Bischof beauftragt werden.

Diplomatie und Erfahrung
Josef Stübi überlegt genau, wie viele Anfragen für Firmungen er annimmt, denn sein normales Tagesgeschäft als Pfarrer der Stadtpfarrei läuft weiter. «Das gesamte Domkapitel trifft sich zwischen drei und fünf Mal im Jahr», beschreibt er die zusätzlichen Termine. Aus seiner Zeit im Priesterrat weiss Josef Stübi, dass das Domkapitel, zumindest das Residentialkapitel, zu unterschiedlichsten Themen angefragt wird: Von den Veränderungen von Pfarreigrenzen bis hin zu Fragen im Zusammenhang mit Veräusserungen von Landbesitz oder der Verwendung von Stiftungsgeldern. Neben der Bindegliedfunktion zwischen Kirche und Staat ist der Domherr in Josef Stübis Verständnis auch Bindeglied zwischen dem Bistum und den Pfarreien vor Ort. Eine Funktion, die nicht nur ein hohes Mass an Diplomatie und Erfahrung in den Bereichen Pastoral und Seelsorge, sondern auch strukturelles Verständnis verlangt. Eine Aufgabe, die Josef Stübi mit Überzeugung angetreten hat.

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