09.11.2020

100. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl

Von kath.ch, Barbara Ludwig

Am 8. November 1920 trat der erste Nuntius des Vatikans in Bern sein Amt an. Anlässlich des 100. Jahrestags zeichnet kath.ch in einem Artikel die Chronik der Ereignisse nach. Der Entsendung des Nuntius vorhergegangen war fast ein halbes Jahrhundert, in denen die Beziehung zwischen der Schweiz und dem Heiligen Stuhl brachlag, weil es im frostigen Klima des Kulturkampfes zum Kontaktabbruch gekommen war. Doch auch nach der Wiederaufnahme 1920 waren die diplomatischen Beziehungen weit vom Courant normal entfernt. Der Heilige Stuhl hatte eine ständige Vertretung in Bern eröffnet – die Schweiz war nicht bereit, ihrerseits einen Botschafter nach Rom zu entsenden. Der Historiker und Theologe Urban Fink weiss, warum: «Die Schweiz war noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts stark freisinnig und protestantisch geprägt. Es gab deshalb Widerstände, gleichwertige diplomatische Beziehungen aufzunehmen.»

Doch im Verlauf der Jahre habe «die Offenheit von beiden Seiten» zur Qualität des Verhältnisses beigetragen, erklärt Urban Fink. Laut Historiker Lorenzo Planzi erwies sich die Nuntiatur in Bern während des Zweiten Weltkrieges «als vorteilhaft sowohl für diplomatische Verhandlungen als auch in Bezug auf humanitäre Massnahmen». Eine weitere Annäherung brachte das Zweite Vatikanische Konzil, als die römisch-katholische Kirche positive Signale in die Welt sandte. Die Wende brachte aber erst die Ernennung von Wolfgang Haas zum Bischof im Bistum Chur. Um den Religionsfrieden in der Schweiz zu erhalten, setzte der Bundesrat 1991 den Diplomaten Jenö Staehelin als Gesandten in Sondermission ein. Erstmals seit 1920 erhielt der Nuntius ein Gegenüber. Erst 2004 bekam die Schweiz einen ordentlichen Botschafter beim Heiligen Stuhl. In diesem Jahr besuchte der polnische Papst Johannes Paul II. zum zweiten Mal die Schweiz. Den Anstoss für die weitere Aufwertung der diplomatischen Beziehungen hatte der katholische Bundesrat und damalige Bundespräsident Joseph Deiss gegeben. Urban Fink ist überzeugt: «Dieser Schritt war ein Geschenk an den Papst anlässlich seiner insgesamt zweitletzten Auslandreise, die in die Schweiz führte.» 

Ein letzter Schritt steht auch nach 100 Jahren noch aus: Die Schweiz hat nur einen nicht-residenten Botschafter beim Heiligen Stuhl: Der Schweizer Botschafter in Slowenien vertritt von Ljubljana aus Schweizer Interessen beim Vatikan. Dies könnte sich ändern. Die Schweiz prüfe «auf Wunsch des Vatikans» die Errichtung einer ständigen Botschaft in Rom, sagte Bundesrat Ignazio Cassis Ende Oktober 2020 in einem Interview mit kath.ch.