16.10.2022

Die Anliegen der liturgischen Feiern vor der Kirchentür sind unvermindert aktuell
Akt der Solidarität und des Widerstands

Von Marie-Christine Andres Schürch

  • Seit Juli 2019 findet jeden Monat am 22. eine liturgische Feier vor einer Kirchentür irgendwo im Aargau statt.
  • Die Feiern machen den Skandal sichtbar, dass noch immer viele Menschen aus der katholischen Kirche ausgeschlossen werden.
  • Zu Beginn auf ein Jahr ausgelegt, gehen die Feiern vor der Kirchentür bereits ins vierte Jahr. Weil das Anliegen unvermindert aktuell ist, aber auch, weil die Feiern dichte Momente der Zuversicht schaffen.


Mit Blick auf den lauschigen Innenhof vor dem ökumenischen Kirchenzentrum in Ehrendingen sagt Claudia Mennen: «Heute Abend ist es zwar kein Opfer, draussen zu feiern. Aber es ist ein Zeichen.» 25 Menschen sitzen auf den Bänken vor der Kirchentür, ein Drittel davon Männer. Marlene Moritz und Iris Kaufmann haben die Feier vorbereitet, mitgestaltet wird sie von Claudia Mennen von der Fachstelle Bildung und Propstei der Aargauer Landeskirche.

Die «liturgischen Feiern vor der Kirchentür» finden seit Juli 2019 jeden Monat am 22. vor der Kirchentür einer Aargauer Kirche statt. Manchmal finden gar mehrere Feiern parallel statt, wie an diesem Abend: «Wir beten heute zusammen mit den Menschen im Kloster Fahr, die mit Priorin Irene und Su-​sanne Andrea Birke die gleiche Feier im Laudato si‘-Garten abhalten», hält Claudia Mennen fest. Ihre Fachstelle hatte die Feiern ins Leben gerufen, um zusammen mit anderen Initiativen wie «Gleichberechtigung. Punkt. Amen», «Maria 2.0» oder dem «Gebet am Donnerstag» der Forderung nach einer Kirche umfassender Gleichwertigkeit Nachdruck zu verleihen.

Draussen vor der Kirchentür


Jeweils am 22. des Monats finden Feiern vor einer anderen Kirchentür im Aargau statt:

Sa, 22. Oktober, 17.30 Uhr vor der kath. Kirche St. Martin in Wittnau.

Di, 22. November, 18 Uhr vor der kath. Kirche in Neuenhof.

Do, 22. Dezember, 18 Uhr vor der kath. Kirche in Koblenz. 

Weitere Daten und Informationen:

www.maria-von-magdala

Viele sind noch immer ausgeschlossen

Claudia Mennen ruft in Erinnerung: «Dass wir vor der Kirchentür feiern, ist ein Akt der Solidarität und des Widerstands. Solidarität mit den Menschen, die aus unserer Kirche noch immer ausgeschlossen sind: wiederverheiratete Geschiedene, gleichgeschlechtlich Liebende oder Frauen, die sich in ein Weiheamt berufen fühlen.»

Schutzpatronin der Feiern ist Maria von Magdala. Sie wurde 2016 von Papst Franziskus offiziell als «Apostelin der Apostel» in den Kirchenkalender erhoben, ihr Festtag ist der 22. Juli. Iris Kaufmann teilt ihre Gedanken zu Maria Magdalena mit den Feiernden in Ehrendingen: «Bis zum Ende bei Jesus am Kreuz auszuhalten, brauchte unvorstellbar viel Mut und Kraft. Als Maria Magdalena den auferstandenen Jesus und er sie beim Namen nennt, glaubt sie einfach. Maria von Magdala beweist bedingungslose Liebe und Vertrauen.»

Glauben an die Veränderung

Ebenso viel Vertrauen und Mut brauche es, um an Veränderungen in der katholischen Kirche zu glauben und für die Gleichwertigkeit aller zu kämpfen. Die Frauen und Männer in Ehrendingen bringen ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die katholische Kirche mit der Synode im Oktober 2023 einen entscheidenden Schritt vorwärts macht: «Der Papst wird dann die ersten Diakoninnen weihen», sagt eine Anwesende.

Getragen von Musik und Gebet spürt die in Ehrendingen versammelte Gemeinschaft ein Stück des Vertrauens, das Maria von Magdala vorgelebt hat. Die drei Frauen schliessen mit den Worten: «In diesem Vertrauen werden wir vorwärts gehen. Wir werden nicht aufgeben und nicht nachlassen.»

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