01.06.2021

Autorenlesung und Gespräch mit Usama Al Shahmani im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Leselust»
«Die Sprache muss einen Geschmack haben und Farbe und Klang»

Von Christian Breitschmid

  • Usama Al Shahmani ist ein wahrer Senkrechtstarter auf dem Schweizer Büchermarkt. Nach seinem preisgekrönten Erstling, hebt nun auch sein zweiter Roman, «Im Fallen lernt die Feder fliegen», so richtig ab.
  • Am 4. Juni liest Usama Al Shahmani im Kirchgemeindehaus Rampart in Frick aus seinem neuen Buch vor und stellt sich anschliessend, wie im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Leselust» gewohnt, den Fragen des Publikums.
  • Der aus dem Irak geflüchtete Autor versteht es ausgezeichnet, die Erzählkunst seiner Muttersprache auch in der deutschen Sprache auszuleben.


Asylanten nennen viele Schweizer die Menschen, die in Asylunterkünften wohnen und auf den Entscheid warten, ob sie in unserem Land bleiben dürfen oder nicht. Dabei spielt es für diese Schweizer kaum eine Rolle, aus welchem Land und auf welche Weise die sogenannten Asylanten eingereist sind. Sie interessieren sich in der Regel auch nicht dafür, aus welchem Grund diese Männer, Frauen und Kinder ihr eigenes Land verlassen haben, um in der Schweiz Zuflucht zu suchen.

Nur wenige Schweizer kennen die Unterschiede zwischen den verschiedenen Aufenthaltsausweisen B-Flüchtling, F-Flüchtling und F-Ausländer. Usama Al Shahmani aber kennt sie, denn der gebürtige Iraker floh vor 19 Jahren in die Schweiz, weil er ein Theaterstück geschrieben hatte.

Packend und berührend

Nicht jeder, der die Flucht ergreift, hat die Fähigkeit, seine Erlebnisse so packend und berührend in Worte zu fassen wie Al Shahmani. Aber es sind Menschen wie er, die all jenen eine Stimme und Sprache verleihen, die ansonsten dazu verdammt sind, ihre erdrückende Last aus Todesangst, Verlusten, Ungewissheit, Verloren-, Anders- und Unerwünschtsein unter lauter Fremden ganz allein mit sich herumzutragen.

Erfolgreicher Erstling

Usama Al Shahmani wurde als Schriftsteller im Irak verfolgt und musste fliehen. | Foto: Limmat Verlag
Vor 50 Jahren in Bagdad geboren, studierte Al Shahmani arabische Sprache und moderne arabische Literatur und publizierte drei Bücher über arabische Literatur, bevor er 2002 wegen eines Theaterstücks fliehen musste und so in die Schweiz kam. Hier arbeitet er heute als Dolmetscher und Kulturvermittler und übersetzt ins Arabische.

Seinen ersten Roman in deutscher Sprache veröffentlichte er 2018 unter dem Titel «In der Fremde sprechen die Bäume arabisch». Das Buch wurde ein Riesenerfolg. Es erscheint dieses Jahr schon in der siebten Auflage, und Literaturkritikerin Elke Heidenreich schwärmte im SRF Literaturclub: «Ich bin total verliebt in dieses Buch.» Ein Gefühl, das man sofort teilt, nachdem man die ersten Seiten dieses oder auch des zweiten Romans gelesen hat. Al Shahmani malt Sprachbilder, die beim ersten Lesen haften bleiben wie Blütenpollen am Bienenbein. Er vermittelt Gefühle und persönliche Eindrücke ohne je schwülstig oder gar kitschig zu werden, aber mit einer Intensität, die die Erzählung zum Selbsterlebnis macht.

Poetische Sprache

Der zweite Roman von Usama Al Shahmani erzählt von der Schwierigkeit, Unaussprechliches zu erzählen. | Foto: Sabine Ibing
Sein zweiter Roman, erschienen im August 2020 und wie schon der erste im Limmat Verlag Zürich, knüpft inhaltlich und vom Erzählstil her nahtlos an den Vorgänger an. «Im Fallen lernt die Feder fliegen» ist gleichsam Titel und Programm der Literatur, die Al Shahmani pflegt: «Die Sprache der Literatur muss einen Geschmack haben und Farbe und Klang. Sie muss Poesie enthalten. Das sind die Aspekte, die einen Text gut machen.»

Durch das Schreiben findet auch Aida, die Hauptfigur des Romans, einen Weg, über ihre Heimat zu sprechen. Im Schreiben, und somit im Erzählen, verschmilzt die arabische Kultur mit derjenigen der neuen Heimat. Das ist auch die grosse Kunst, die das Schreiben Al Shahmanis auszeichnet. Er passt damit hervorragend in die Veranstaltungsreihe «Leselust – Romane zu Migration und Integration», die von der Fachstelle Bildung und Propstei der Aargauer Landeskirche zusammen mit 18 Kooperationspartnern organisiert wird (siehe Kasten unten). Wer Usama Al Shahmani hört und liest, wird nie mehr leichtfertig das Wort Asylanten in den Mund nehmen.

Noch mehr Leselust

In der Veranstaltungsreihe «Leselust» tritt Usama Al Shahmani insgesamt dreimal auf. Die Übersicht über alle Lesungen findet sich auf dem Flyer des Veranstalters. Weitere Auftritte von Usama Al Shahmani listet die Website des Limmat Verlages auf.

Die Lesung mit Schauspielerin Valérie Cuénod, die am 22. April in Laufenburg hätte stattfinden sollen, wird auf den Herbst 2021 verschoben. Weitere Auskünfte zum Leselustprogramm erteilt Myroslava Rap, Fachstelle Bildung und Propstei, via Mail myroslava.rap@kathaargau.ch oder Tel. 056 438 09 40.

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