11.12.2017

Am Heiligabend keine «Einkaufsschlacht» im Aargau

Von Anne Burgmer

  • Dieses Jahr fällt der Heiligabend auf einen Sonntag. Im Gegensatz zum Aargau haben in den Kantonen Zürich, Basel-Landschaft und Zug die Geschäfte an jenem Tag geöffnet.
  • Die Schweizer Bischöfe und verschiedene Gruppierungen rufen dazu auf, die Läden an Heiligabend geschlossen zu halten.
  • Die in den letzten Tagen teils sehr emotional geführte Debatte zum Thema Sonntagsverkauf an Heiligabend zeigt: Viele Menschen haben Angst, dass Weihnachten nicht mehr zählt, sondern nur noch der Konsum.

 

Dieses Jahr fällt der 24. Dezember auf einen Sonntag. Die Kirchen riefen die Geschäftsinhaber auf, christliche Werte hochzuhalten und an Heiligabend auf den Sonntagsverkauf zu verzichten. Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK), der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) und die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) veröffentlichten je eine Medienmitteilung.

Bischöfe wollen weniger vorweihnachtliche Sonntagsverkäufe

«Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) fordert, nicht alle vorweihnachtlichen Sonntage für den Verkauf zu öffnen. Dies gilt umso mehr, wenn der vierte Adventssonntag auf den Beginn des Weihnachtsfestes fällt. Die SBK ermutigt Geschäftsinhaber, insbesondere auf diesen Sonntagsverkauf zu verzichten», heisst es in der Medienmitteilung. Verschiedene Medien nahmen das Thema auf: az-Medien, Blick, Tagesanzeiger, 20 Minuten oder auch die Südostschweiz berichteten. Entweder druckten die Blätter Auszüge aus den Medienmitteilungen oder beriefen sich auf den Kampf der Unia gegen eine Ausweitung der Sonntagsarbeit.

Kanton Aargau erlaubt zwei Sonntage im Jahr

Die Sonntagsarbeit ist gesetzlich geregelt. Mit dem 1. Juli 2008 trat ein neuer Absatz zum bestehenden Gesetz über die Sonntagsarbeit in Kraft: Die Kantone erhielten die Kompetenz und Erlaubnis, bis zu vier bewilligungsfreie Sonntagsverkäufe im Jahr festzulegen. Längst nicht alle Kantone schöpfen diese Möglichkeit aus: Im Aargau ist beispielsweise per Gesetz geregelt, dass nur zwei Sonntage im Jahr bewilligungsfrei für den Verkauf verwendet werden dürfen. Festgelegt für das Jahr 2017 sind der 10. Und der 17. Dezember. «Die Daten der Sonntagsverkäufe sind bindend. Gesuche für Sonntagsverkäufe an anderen Daten werden nicht bewilligt», heisst es lapidar auf den Webseiten des Kantons.  – Der Verkauf am Heiligabend ist schlicht kein Thema im Kanton.

Widerstand im zürcherischen Wallisellen

Anders hingegen in den Kantonen Basel-Landschaft, Zug und Zürich: Dort haben die Geschäfte dieses Jahr am 24. Dezember geöffnet, wenngleich in den Kantonen Zug und Zürich nicht alle Gemeinden diese Möglichkeit nutzen.

In Wallisellen hatten überdies die 300 Angestellte des Einkaufszentrums Glatt vergeblich darum gerungen, dass am 24. Dezember die Läden geschlossen bleiben. Im gesamten Kanton Zürich nutzen von 168 politischen Gemeinden nur 84 Gemeinden die Möglichkeit, an bis zu vier Sonntagen im Jahr die Läden offen zu halten. Und nur 52 Gemeinden haben 2017 auch den vierten Adventssonntag als verkaufsoffen festgelegt.

Trotz Begehrlichkeiten: Akzeptanz im Aargau

Auch wenn es im Aargau kein Thema ist: Die verschiedenen Akteure sind wachsam, wenn es um den Sonntagsverkauf geht. Von der Römisch-Katholischen Landeskirche im Aargau heisst es, dass man hinter dem Aufruf der Bischöfe stehe. Ebenfalls gegen eine Ausweitung oder Aufweichung des Status quo sprechen sich die Gewerkschaften aus. «Wir Gewerkschaften werden keine Hand bieten für eine Änderung dieser Gesetze», schreibt Florian Vock, Präsident des Aargauischen Gewerkschaftsbundes (AGB).

Im Amt für Wirtschaft und Arbeit streitet niemand ab, dass die Handhabe in den Nachbarkantonen bei manchem Grossverteiler Begehrlichkeiten wecke. Doch die Gesetzeslage sei klar, eine Änderung nicht so einfach möglich. Anfänglich hätten die Gewerbetreibenden gemurrt, als im Aargau 2011 nur zwei von möglichen vier Sonntagen durchkamen, doch mittlerweile habe man sich daran gewöhnt.

Konsum statt Religion?

Die Diskussion betrifft also nicht alle gleich und erregt dennoch die Gemüter. Der «Talk täglich» vom 7. Dezember 2017 auf telezüri fächerte die verschiedenen Aspekte auf. Gregor A. Rutz, Zürcher SVP-Nationalrat und Präsident IG Freiheit, diskutierte mit Markus Flückiger, Pfarrer und SEA-Vorstandsmitglied, über Ruhezeiten für das Verkaufspersonal, den höheren Lohn für die Sonntagsarbeit, der von Aushilfskräften wie Studenten geschätzt werde oder darüber, dass andere Berufsgruppen wie Ärzte, Pflegepersonal, Polizisten oder auch Pfarrer beim Thema kaum beachtet würden.

Die Kommentare verschiedener Anruferinnen und Anrufer brachten weitere Facetten und vielleicht die grundlegende Problematik ins Spiel: Weihnachten, dass zähle heute einfach nicht mehr, diese Zeiten seien vorbei. Es gehe mittlerweile nicht mehr um Religion, sondern um Konsum.

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