29.08.2022

Strassenexerzitien in Luzern sind auch oder gerade für Aargauer interessant
Auf der Strasse Gott begegnen

Von Marcus Schmid

  • Vom 18. bis 25. September 2022 gibt es in Luzern wieder Strassenexerzitien.
  • Ein Angebot, das vor allem Nicht-Luzerner gerne nutzen, sagt Theologe Marco Schmid.
  • Schmid, der die Strassenexerzitien in Luzern organisiert, hat mit Exerzitienbegleiterin Elisabeth Buddeus-Steiff über das Besondere am Exerzieren in der Stadt gesprochen.

Marco Schmid von der Peterskapelle Luzern leitet zusammen mit Elisabeth Buddeus-Steiff die Strassenexerzitien in der Leuchtenstadt. Er sagt, dass die Leute lieber in einer Stadt Strassenexerzitien machen, in der sie nicht selber wohnen, weil sie bei sich zuhause viele Leute kennen würden. Alle Aargauerinnen und Aargauer sind also herzlich zu den Exerzitien nach Luzern eingeladen.

Frau Buddeus, was kann man sich unter Strassenexerzitien vorstellen?
Elisabeth Buddeus: Bei Strassenexerzitien ist die Strasse der Ort der Begegnung – mit Menschen, mit mir selbst und mit Gott. Wo und wie kann mir Gott in meinem Leben begegnen? Wer mit dieser Frage unterwegs ist, ist bei Strassenexerzitien richtig. Ich bin überzeugt, Gott möchte uns in vielfältiger Weise begegnen, uns berühren und vieles mehr. Strassenexerzitien laden uns ein, dieser Spur im Alltag, auf der Strasse nachzugehen, sich dort einzulassen, sich zu öffnen und neu zu erleben.

Soll man dabei eine andere Rolle spielen als sonst im Leben?
Nein, auf gar keinen Fall. Genau das Gegenteil. Man soll ganz bei sich, ganz in der Gegenwart sein. Man soll den Mut haben, mit anderen Augen, mit offenem Herzen, mit Aufmerksamkeit und Wachheit einfach auf der Strasse zu sein. In diesem Zustand passiert auf jeden Fall etwas.

Was kann passieren?
Wenn ich in der eben beschriebenen Art unterwegs bin, dann schaue ich in einer anderen Haltung auf das Geschehen in der Stadt. Ich nehme die Menschen anders wahr, lasse das Urteilen, das Beurteilen und meine Vorurteile sein. Ich versuche, mich hineinzufühlen in den Menschen, der mir gerade begegnet. Oder ich lasse mich durch einen Werbeschriftzug, durch Worte ansprechen. Das und noch viel mehr kann passieren. Wenn das nicht die Anbahnung einer Got-​teserfahrung ist! Gott zeigt sich im Alltag, wenn ich ganz bei mir und ganz bei meinem Gegenüber bin, wobei Offenheit und Vertrauen Voraussetzungen sind.

Strassenexerzitien ​in Luzern
Datum und Anmeldung

Sonntag, 18. September, ab 17 Uhr, bis Sonntag, 25. September, mittags. Kosten: keine, man kann sich an einer Kollekte beteiligen.

Anmeldung bis 31. August 2022 via Mail an: marco.schmid@kathluzern.ch (spätere Anmeldung auf Anfrage möglich).

Die Strassenexerzitien werden in Kleingruppen durchgeführt, um eine optimale Betreuung zu bieten. Auf Anfrage steht Marco Schmid auch zu anderen Zeiten nach Absprache für Einzelexerzitien auf der Strasse zur Verfügung.

Informationen bei: marco.schmid@kathluzern.ch oder Tel. 041 229 90 53.

Wie kann eine solche Gotteserfahrung beim Exerzieren gelingen?
Christian Herwartz, der als erster Strassenexerzitien begleitete, beschreibt das so: «Bevor ich in die Achtsamkeit komme, muss ich innerlich meine ‹Schuhe› der Distanz und der Vorurteile ausziehen.» Was er damit meint, ist: Der spirituelle Einstieg in die Strassenexerzitien ist die Geschichte vom brennenden Dornbusch, den Moses in der Wüste entdeckte. Gott wies ihn an, seine Schuhe auszuziehen und zuzuhören, was jetzt dran ist. Das heisst, offen werden, die Distanz zur Wirklichkeit abbauen. Dieses Über-Grenzen-Gehen gehört zum Glauben und auch zu den Strassenexerzitien. Wir gehen über Grenzen der Bürgerlichkeit, der Religionen, Sprachen und Stadtgrenzen.

Was ist das Besondere an dieser doch eher ungewohnten Exerzitienform?
Es ist nicht wie bei Einzelexerzitien, wo eine Begleitperson dem Übenden zuhört. Bei den Strassenexerzitien hören wir uns in der Gruppe zu. Das gibt einen grösseren Effekt, weil ein vielstimmiger Resonanzkörper von unterschiedlichen Menschen da ist. Zudem kann die Gruppe mit Anregungen und Fragen auf den Einzelnen eingehen. Das findet in einem intimen Rahmen statt. Oftmals haben Aussagen in dieser Runde eine starke Bedeutung und lösen beim Gottsuchenden etwas Nachhaltiges aus.

Wohin werden die Teilnehmer bei den Strassenexerzitien in Luzern geführt?
Zentral ist hier immer diese oben genannte Offenheit, damit sich Menschen zu etwas hinführen lassen, was sie innerlich bewegt. Das ist eine ganz eigene innere Landkarte. Es kann sein, dass ein Exerzitienteilnehmer vor einem Kunstwerk stoppt und mit einem Obdachlosen redet, der dort bettelt, oder sich neben ihn hinsetzt. Dann sieht er oder sie diese Welt aus einer ganz anderen Perspektive. Um diesen Perspektivwechsel geht es bei den Strassenexerzitien.

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