29.09.2015

Christus segne dieses Haus

Von Marie-Christine Andres Schürch

Vier Königinnen sind versammelt. Aus ihren Gesichtern spricht heitere Vorfreude, aber auch heiliger Ernst. Denn sie wissen um ihre Verantwortung als Vermittlerinnen eines wertvollen Brauchs. Am Samstag, 28. November leiten sie das erste Schweizer Sternsinger-Forum.

Susanne Andrea Birke, Claudia Mennen und Claudia Nothelfer, Mitarbeiterinnen der Fachstelle Bildung und Propstei, organisieren zusammen mit Kathrin Staniul von Missio das erste Schweizer Sternsinger-Forum in der Propstei Wislikofen. Pfarreiangehörige, die in irgendeiner Form für das Sternsingen verantwortlich sind, haben am 28. November Gelegenheit, einen Tag lang Ideen zu tanken und Wissen auszutauschen. In der Schweiz machen sich jedes Jahr über 10000 Sternsinger-Kinder und mehrere tausend erwachsene Ehrenamtliche in den Tagen um Weihnachten und Neujahr auf den Weg. Sie gehen zu den Menschen, verkünden singend die Botschaft der Heiligen drei Könige und segnen die Häuser mit dem Spruch 20 * C + M + B + 16. Die Buchstaben können sowohl als Abkürzung für die Namen Caspar, Melchior und Balthasar interpretiert werden, aber auch für den lateinischen Spruch: «Christus mansionem benedicat», auf Deutsch:«Christus segne dieses Haus». Der Segen, den die Sternsinger bringen, ist für Susanne Andrea Birke wesentlicher Teil des Brauchs: «Der Gedanke des Segenbringens ist schön und wichtig – der Segen kommt zu allen. Er dringt direkt in den Alltag ein.»

Missio koordiniert schweizweit
Das Sternsingen hat eine lange Tradition. Es beruht auf der Erzählung von den Weisen aus dem Osten im Matthäusevangelium. Schon im Mittelalter verbreiteten so genannte Mysterienspiele die Geschichte. In der heutigen Gestalt gibt es das Sternsingen aber erst seit 26 Jahren, als Missio den Brauch schweizweit zu koordinieren begann. Missio ist der schweizerische Zweig des gleichnamigen internationalen Missionswerkes, das in über 120 Ländern tätig ist. Die Theologin Kathrin Staniul leitet den Bereich Kinder und Jugend bei Missio in Freiburg. Sie erklärt: «Missio hat das Sternsingen mit dem Solidaritätsgedanken angereichert.» Seither bringen die Sternsinger nicht nur Gottes Segen zu den Menschen, sondern sammeln Spenden für Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Friedensarbeit und Ernährung von Kindern und Jugendlichen weltweit. Jedes Jahr steht ein Gastland exemplarisch im Vordergrund. Dieses Jahr sammeln die Sternsinger insbesondere für Bolivien. Das Gastland begleitet Missio während eines ganzen Jahres, angefangen mit dem Weltmissionstag, der dieses Jahr am 18. Oktober 2015 begangen wird.

Kinder helfen Kindern
Claudia Mennen, Leiterin der Fachstelle Bildung und Propstei, ist überzeugt: «Im Sternsingen verbindet sich so einiges, was wertvoll ist: Wertschätzung für den Einsatz der Kinder, Wertschätzung für das Haus; eine Kirche, die zu den Menschen geht und Solidarität.» Dazu sei das Sternsingen ein sehr niederschwelliges Angebot, das auf einfache Art eine Verbindung zur Kirche schaffe. Die Sternsinger überbringen die Kernbotschaft «Wir kommen zu euch». Claudia Mennen ergänzt: «Auch das Motto ‚Kinder helfen Kindern’ ist wunderbar. Kinder sind sich nämlich sehr wohl bewusst, dass sie mit ihrer Sternsing-Aktion Gleichaltrigen in einem anderen Land helfen.» Kathrin Staniul ist es wichtig, dass das Helfen nicht abstrakt bleibt. So vermittelt Missio mit seinen Unterlagen und via Webseite die Lebensrealität der Kinder im Gastland.

Spenden steigen stetig
Sternsinger-Gruppen sind nicht verpflichtet, für Missio zu sammeln. «Aber natürlich versuchen wir, die Pfarreien vom Solidaritätsgedanken zu überzeugen.», sagt Kathrin Staniul. Und das Sternsingen entwickelt sich positiv. Seit Beginn sind die gesammelten Spenden stetig gestiegen, im Jahr 2005 überschritten sie erstmals die Millionengrenze. Letztes Jahr nahmen die Sternsinger landesweit 1,5 Millionen Franken ein. Auch gebe es immer mehr reformierte Pfarreien, die sich fürs Sternsingen interessierten, weiss Kathrin Staniul.

«Machst du mit?»
Herausforderungen bilden die zunehmend internationale Bevölkerung in der Schweiz mit ihren verschiedenen Religionszugehörigkeiten und Kulturen. Kinder, die an der Haustüre läuten, werden nicht immer verstanden. Claudia Nothelfer weiss aus Erfahrung, dass es nicht immer einfach ist, genügend Leute für das Sternsingen zu gewinnen: «Viele Familien können sich nicht Wochen im Voraus auf Termine in der Weihnachtszeit festlegen.» Eines der Ateliers am Sternsinger-Forum widmet sich diesem Thema: «Machst du mit?» heisst es und zeigt auf, wie die Verantwortlichen in den Pfarreien Kinder gewinnen, motivieren und gut vorbereiten können. Aber auch die theologischen Hintergründe des Sternsingens und Ideen für Gewänder oder Lieder sind Teil der Ateliers, aus denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auswählen können. Das erste Schweizer Sternsinger-Forum ermöglicht den Austausch mit den Verantwortlichen aus anderen Pfarreien und gibt Impulse für die Organisation und die Durchführung der Sternsing-Aktion. Die Organisatorinnen sind sich einig: «Wer am Sternsinger-Forum teilnimmt, entdeckt, dass Sternsingen ein Fest der Freude und der Solidarität ist.»

 

Sternsinger-Forum in Wislikofen
Am Samstag, 28. November 2015, 9.45 bis 16 Uhr, Propstei Wislikofen. Leitung: Dr. Claudia Mennen, Theologin; Claudia Nothelfer, Theologin und Kontemplationslehrerin Via Integralis; Susanne Andrea Birke, Theologin, Shibashi- und JSJ-Selbsthilfelehrerin. Kosten: 50.- plus Mittagessen 26.50 Franken. Das Seminar wird in Kooperation mit Missio durchgeführt. Infos und Anmeldung auf www.propstei.ch / www.missio.ch

 

 

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