23.05.2022

Seelsorgerin im Bundesasylzentrum Brugg
«Das Belastende an Gott weitergeben»

Von Ruedi Kümin, Reformierte Kirche Aargau

  • Die Arbeit des Ökumenischen Seelsorgedienstes für Asylsuchende OeSA mit Sitz in Basel hat viele Aspekte: zuhören, Krisen auffangen, beten, religiöse Rituale begleiten, Kontakte mit Kirchen, Moscheen und anderen Organisationen vermitteln.
  • Zwei akkreditierte Seelsorger der Landeskirchen haben Zugang zu den Bundesasylzentren BAZ in Basel, Allschwil und Flumenthal. 2021 kam das Bundesasylzentrum in Brugg dazu.
  • Im BAZ Brugg werden die Asylsuchenden von der Seelsorgerin Susy Mugnes betreut. Ihre zehn Stellenprozente werden von der reformierten und der römisch-katholischen Kirche im Aargau finanziert.

Susy Mugnes, wie sind Sie zur Seelsorgearbeit beim OeSA gekommen?
Susy Mugnes: Ich gehöre dem Säkularinstitut der Scalabrinimissionarinnen der katholischen Kirche an. Wir sind Frauen unterschiedlicher Kulturen, Sprachen und Herkunft. Was uns verbindet, ist die Berufung, Jesus «auf den Wegen des Exodus» nachzufolgen. Bei der OeSA habe ich 2002 als freiwillige Helferin einmal in der Woche angefangen. 2009 wurde ich mit einem Pensum von 30 Prozent angestellt.

Wie leben die Menschen im Bundesasylzentrum Brugg?
Das BAZ Brugg ist eine umgebaute Militärhalle und bietet im Notfall Platz für 230 Asylsuchende. Im Erdgeschoss befinden sich die Schlafsäle, im ersten Stock die Küche und die Ess- und Aufenthaltsräume. Zurzeit sind in Brugg 50 bis 60 Männer aus Kurdengebieten, aus Afghanistan, Syrien, der Türkei und Afrika untergebracht. Sie warten auf einen Entscheid des Staatsekretariats für Migration. Jene mit einem negativen Entscheid warten die Rückreise in ein Land gemäss Schengen/Dublin-Abkommen oder in ihr Heimatland ab. Der Aufenthalt im BAZ sollte nicht länger als 140 Tage dauern.

Spenden gesucht

Der Ökumenische Seelsorgedienst für Asylsuchende OeSA wird von den Landeskirchen der Nordwestschweiz, der Evangelisch-methodistischen Kirche Basel-Stadt sowie Kirchgemeinden und Pfarreien getragen und von privaten Mitgliedern und Spenden unterstützt. Gesucht sind aktuell Herrenkleider, Rucksäcke oder Taschen, die direkt beim BAZ Brugg abgegeben werden sollten. Für die Übergabe kontaktieren Sie Susy Mugnes: 061 262 11 20; assunta.mugnes@oesa.ch / Spendenkonto IBAN CH35 0900 0000 7068 9031 4, Verwendungszweck: BAZ Brugg.

Die «Organisation for Refugee Services» (ORS) stellt die professionelle Betreuung von der Unterbringung bis zur Integration sicher. Die Asylsuchenden sind eingeladen, in der Küche, beim Putzen oder in der Wäscherei mitzuhelfen, was mit einem symbolischen Taschengeld entlöhnt wird. Daneben werden Aktivitäten wie Deutschkurse, Werk- und Spielnachmittage, Brotbacken oder Ausflüge angeboten. Die Bewohner dürfen das BAZ werktags von 9 bis 17 Uhr verlassen, an Wochenenden, mit passender Übernachtungsmöglichkeit, bis Sonntagabend.

Wie können Sie den Menschen in einem Bundesasylzentrum beistehen?
Als OeSA-Seelsorgerin kann ich am Tagesrapport teilnehmen. Die Zusammenarbeit ist aufmerksam und freundlich, und mein Seelsorgeangebot wird den Neuankömmlingen vorgestellt. Bei meinen wöchentlichen Besuchen betreibe ich aufsuchende Seelsorge. Ich gehe durchs Zentrum und spreche Einzelne direkt an, wenn sie mir besonders traurig oder bedrückt vorkommen. Dann höre ich zu und bin einfach für sie da. Daraus entstehen manchmal kurze oder längere Gespräche. Mit einigen habe ich auch schon Kirchen in Brugg aufgesucht. Ausserdem bin ich auch für die ORS-Mitarbeitenden da und kann bei Unklarheiten vermittelnd wirken. Es kommt auch vor, dass Mitarbeitende mich auf Asylsuchende, die Gesprächsbedarf haben, aufmerksam machen.

Sie treffen bei Ihrer Arbeit auf belastende Situationen. Wie gehen Sie damit um?
Nach aufreibenden, sehr persönlichen Erzählungen über Elend, Trennungen oder Gewalt in der Familie bedanke ich mich zuerst bei der Person für ihr Vertrauen zu mir. Ich habe gelernt, all das Belastende im Gebet an Gott weiterzugeben. Auch der Austausch mit den anderen Seelsorgenden im Team des OeSA tut mir gut. Ihre Sicht und ihre Ideen zur weiteren Unterstützung in diesen tragischen Schicksalen sind wertvoll.

Viele Freiwillige möchten helfen. Was empfehlen Sie ihnen?
Das Wichtigste ist, Geduld zu haben und die Unverbindlichkeit dieser oft hoffnungslosen Menschen auszuhalten. Oft sind sie in Gedanken mit ihrer ungewissen Zukunft beschäftigt. Umso wichtiger ist es, Angebote wie spazieren gehen oder Fussball spielen einige Wochen aufrechtzuerhalten, auch wenn nur wenige kommen. Die Freiwilligen nehmen hier eine wichtige Brückenfunktion zwischen der Unterkunft und den Angeboten ein und erlösen die Betroffenen wenigstens für einige Stunden aus ihren sich immer wieder um dieselben Fragen drehenden Gedanken.

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