21.04.2020

«Das ist es, was ich machen will: mein Bestes»

Von Christian Breitschmid

  • Am 1. Mai tritt der bisherige Pastoralraumpfarrer von Zuchwil, Dr. Valentine Koledoye, die Nachfolge von Christoph Sterkman als Bischofsvikar von St. Urs an.
  • Seine Einsetzungsfeier war für den 14. Mai in der Kirche St. Franz Xaver Münchenstein anberaumt. Doch aufgrund der Coronapandemie muss diese Feier verschoben werden.
  • Dennoch startet der geborene Nigerianer Valentine Koledoye zuversichtlich in sein neues Amt und verrät im Horizonte-Interview, in welchem Geist er seine Aufgabe meistern will.

 

Herr Pfarrer, bald amten Sie als Stellvertreter unseres Diözesanbischofs Felix Gmür mit allen bischöflichen Rechten und Pflichten im Bischofsvikariat St. Urs. Was bedeutet Ihnen dieser Karriereschritt?
Valentine Koledoye:
Zuerst möchte ich Ihnen für Ihr Interesse an einem Interview mit mir, noch vor der Übernahme meiner Aufgaben als Bischofsvikar ab dem 1. Mai, danken. Bevor ich Ihre Frage beantworte, bitte ich Sie, mir ein Wort zur Sorge wegen des gegenwärtigen Coronavirus‘ zu erlauben. Ich möchte den Familien der Betroffenen mein Beileid aussprechen und ich bete um die Gesundheit und Sicherheit für alle. Als Christen sollten wir nicht vergessen, dass der Herr versprochen hat, bei uns zu sein und er wird uns nicht im Stich lassen. Am Ende jedes dunklen Tunnels gibt es Licht. Wir hoffen auf baldige Lösungen mit Gottes Hilfe.

Vielen Dank! Aber nun gern zu Ihnen…
Ich sehe die Ernennung nicht als eine Beförderung in meiner Karriere. Für mich ist das Priester- oder Seelsorgeamt keine Karriere, sondern eine Berufung im Dienst Gottes und der Mitmenschen.  Ich sehe also die Berufung zum Bischofsvikar als Herausforderung, den Menschen Gottes im Vikariat St. Urs mehr zu dienen, insbesondere als Vertreter des Diözesanbischofs Felix Gmür. Es bedeutet viel Arbeit, die Anliegen der Menschen zum Bischof und die Anliegen des Diözesanbischofs zu den Menschen in der Region zu bringen.

Bitte beschreiben Sie für unsere Leser in wenigen Sätzen ihren bisherigen Lebenslauf, beginnend mit Ihrer Geburt in Nigeria.
Wie Sie erwähnen, wurde ich vor 52 Jahren in Nigeria in einer christlichen Familie geboren. Ich habe in Nigeria, den Vereinigten Staaten, Rom und Innsbruck studiert. Vor 26 Jahren wurde ich zum Priester geweiht und habe zuerst in Nigeria gearbeitet. Den grössten Teil meines Priesterlebens aber habe ich in der Schweiz, in Arbon, Oberrohrdorf, Niederrohrdorf und in Zuchwil verbracht, wo ich Leiter des Pastoralraumprojekts und Pastoralraumpfarrer war. Ich war auch Dekan des ehemaligen Dekanats Solothurn und wirkte als Vizepräsident des Diözesanpriesterrates mit.

Welches war in Ihrem Leben das bislang einschneidendste, im Sinne von traurigstem, Erlebnis?
Jedes Mal, wenn ich die Beerdigung eines jüngeren Menschen feiern musste oder wenn ich sehe, dass Menschen unter den Schmerzen unheilbarer Krankheiten leiden, bin ich traurig. Als Priester fühle ich, was die Menschen fühlen.

Welchen Moment würden Sie hingegen gerne noch einmal erleben und warum?
Den Tag, an dem ich zum ersten Mal ein Kind getauft habe. Es handelte sich um eine besondere spirituelle Erlebnisreise, die man mit Worten nicht beschreiben kann.

Welche Art von Bischofsvikar wollen Sie sein?
Meine Grossmutter hat mir damals gesagt, dass das Werk eines Priesters das Werk Christi ist. Jesus ging zu den Menschen in ihren Städten und Dörfern. Er brachte ihnen die gute Nachricht, heilte ihre Krankheiten, tröstete sie in ihren Sorgen, war ihnen nahe und lebte mit ihnen. Jesus ist deshalb die Art von Person, die ich, unter der Leitung des Bischofs und in Zusammenarbeit mit allen Seelsorgenden und den Menschen der Region St. Urs, sein möchte.

In unserer Kirche scheint es zwei Lager zu geben, deren Fronten sich zunehmend verhärten: die sogenannt Progressiven oder auch Liberalen und die Konservativen bis hin zu Vorkonziliaren. Wo würden Sie sich einordnen in diesem Gefüge?
Uff! Mir gefällt die Einstellung von Papst Franziskus und unserem Bischof Felix zum Glauben und der Moral. Ich weiss nicht, ob sie progressiv oder konservativ ist. Ich schätze ihre Kirchenführung und ich sehe mich in der Linie ihrer Vorgehensweise, jeden Menschen in seinem eigenen Glaubensverständnis zu unterstützen. Also ich sehe mich nicht als Liberalen oder Konservativen, sondern als jemanden, der in der Nachfolge Christi sein möchte und den Menschen dort begegnen, wo sie sind.

Im Seelsorgeverband Birmenstorf-Gebenstorf-Turgi tobt ein offener Konflikt. Pfarreimitglieder liegen im Clinch mit dem Kirchenpflegepräsidenten von Gebenstorf-Turgi und dem verantwortlichen Priester. Ihr Vorgänger hinterlässt Ihnen diesbezüglich ein Schlachtfeld. Wie gedenken Sie, diese Situation zu lösen?
Eine Antwort darauf kann ich Ihnen vielleicht in einem Jahr oder später geben! Allerdings glaube ich, dass der Bischof, der Bischofsvikar und der Bischofsrat viel getan haben und weiterhin tun für die Harmonie überall dort, wo es Auseinandersetzungen gibt.

Als Bischofsvikar haben Sie ganz andere Aufgaben als bisher. Sie werden weniger frei sein in Ihrem Wirken als jetzt. Sie werden mehr Manager als Seelsorger sein dürfen. Wie erstrebenswert ist dieser Karrieresprung angesichts des Preises, den Sie als Seelsorger dafür bezahlen?
Nein, nein, hier gibt es keinen Preis zu zahlen. Die Arbeit als Bischofsvikar ist in gewissem Sinne auch eine pastorale Arbeit. Auch wenn es um viel administrative Aufgaben im Auftrag des Bischofs geht, ist der Ansatz seelsorgerisch. Zudem bietet mir meine Stellung als Bischofsvikar die Gelegenheit, an den Firmungsfeiern jungen Menschen und deren Familien zu begegnen.

Sie sind der erste afrikanische Priester in der Leitung des Bistums Basel. Welche Erwartungen spüren Sie da auf sich lasten, sei es von aussen oder auch von Ihnen selbst?
Die Ernennung ist ein Vertrauen, das mir Bischof Felix entgegenbringt. Sie zeigt die Offenheit unseres Bischofs und der Schweizer Bürgerinnen und Bürger gegenüber anderen Kulturen. Sie verlangt von mir eine echte Antwort der Wertschätzung für grossartige Dienste. Für mich war es immer wichtig, mein Bestes mit der Hilfe Gottes zu tun.  Genau das ist es, was ich machen will: mein Bestes.

Was wollen Sie als Bischofsvikar von St. Urs für das Vikariat und das Bistum aber auch für Sie selbst als Beauftragten in der Leitung dieses Bistums erreichen?
Als Bischofsvikar bin ich ein Vertreter des Bischofs in der Region St. Urs. Was also der Bischof und das Bistum erreichen möchten, ist auch mein Schwerpunkt mit meinem Talent und meinen Charismen. Die Harmonie und die gute Zusammenarbeit in den bereits bestehenden Pastoralräumen, wie auch die Unterstützung in den noch nicht errichteten Pastoralräumen, ist für mich wichtig. Die gute Zusammenarbeit mit den Landeskirchen, den Fachstellen und Kommissionen, den speziellen seelsorgerischen Stellen, der Ökumene in der Region sind ebenfalls wichtig. Darüber hinaus möchte ich die Zusammenarbeit mit den anderssprachigen Missionen in ihren jeweiligen Pastoralräumen in unserer Region fördern.

Wie geht es weiter? Sie sind noch jung – da läge doch nach der Zeit als Bischofsvikar auch die Ernennung zum Bischof mit der Verantwortung für eine eigene Diözese durchaus im Bereich des Möglichen…
Ich möchte Ihre Frage mit einem bekannten Sprichwort beantworten: «Gestern ist Vergangenheit, Heute ist ein Geschenk, aber Morgen ist ein Geheimnis.» Wir wissen nicht, wie das Morgen aussehen wird, und so überlasse ich es Gott, zu entscheiden. Ich versuche, nicht zu viel über Probleme, Sorgen und Enttäuschungen von Vergangenheit oder den Kummer von morgen nachzudenken. Was die Zukunft bringt, überlasse ich Gott, zu seiner Zeit und nach seinem Willen zu entscheiden.

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