15.05.2023

Jessica Krämer begleitet die Schweizergarde mit ihrer Kamera
Den Vatikan vor der Linse

Von Eva Meienberg

  • Jessica Krämer ist Fotografin für die Schweizergarde in Rom.
  • Mit Leidenschaft, Ausdauer und ihrem Können hat sie sich einen Platz in dieser Männerdomäne erarbeitet.
  • Die Frau mit der italienischen Seele setzt sich im Vatikan auch für Ökumene ein.

In Begleitung von Jessica Krämer kommen wir problemlos am Schweizergardisten an der Porta Sant’Anna der Vatikanstadt vorbei. Die Deutsche kommt aus Dreieich, einem Vorort von Frankfurt, und sagt von sich, dass sie eine italienische Seele habe. Mit ihrem blonden Kurzhaarschnitt und den blauen Augen fällt die offizielle Gardefotografin auf, auch wenn sie zum Betrieb gehört, wie sie sagt.

Sehnsuchtsort Rom

«Dir würde Rom gefallen», habe ihre Grossmutter ihr vor dreissig Jahren prophezeit. Tatsächlich wurde Rom zu einem Sehnsuchtsort für die Enkelin. Heute ist die Heilige Stadt Jessica Krämers zweite Heimat. Mehrmals im Jahr reist sie in das Zentrum der katholischen Kirche. «Dabei bin ich nicht mal katholisch», sagt die 45-Jährige. Sie gehört der neuapostolischen Kirche an und dokumentiert seit Jahren das Geschehen ihrer Kirche mit der Fotokamera. Bereits als Teenager habe sie sich auch für andere christliche Konfessionen interessiert. Für die ökumenische Gruppe der neuapostolischen Kirche suchte sie den Kontakt zu den Kardinälen Walter Kasper und Kurt Koch. «Das ökumenische Gespräch zwischen unseren Kirchen habe ich initiiert», sagt Jessica Krämer. Heute ist sie weiterhin als Delegierte im Arbeitskreis Christlicher Kirchen (ACK Frankfurt) für ihre Kirche engagiert.

Ungewohnte Position: Jessica Krämer steht für einmal nicht nur hinter, sondern gleichzeitig auch vor der Kamera von Oliver Sittel. | Foto: mca

Kleinster gemeinsamer Nenner

«Musik ist der kleinste gemeinsame Nenner, den wir als Glaubensgemeinschaften haben», zitiert die gläubige Christin Kardinal Giovanni Lajolo, der das Verbindende der Musik in einer Predigt in Sankt Paul vor den Mauern auf Punkt gebracht habe. Damals war der «KonzertChor SüdHessen» der neuapostolischen Kirche Westdeutschland auf Konzertreise in Rom. «Das war ein unvergessliches Erlebnis», auch darum engagiere sie sich, sagt Jessica Krämer. Für den Chor hat sie inzwischen zahlreiche Konzerte in Rom organisiert, etwa im Vatikan oder im Pantheon.

Als Fotografin hat sich Jessica Krämer 2014 zum ersten Mal für die Vereidigung der Gardisten akkreditieren lassen. Von da an war sie immer im Pulk der Fotografinnen und Fotografen, die den publikumswirksamen Anlass dokumentieren. Nach und nach sei man bei der Garde auf ihre Bilder aufmerksam geworden. 2019 wurde daraus ein offizieller Auftrag und Anfang dieses Jahres stellte Gardekommandant Christoph Graf sie seinen Gardisten mit den folgenden Worten vor: «Diese Frau werdet ihr jetzt öfter sehen.» Nun war Jessica Krämer in der Garde angekommen.

Zukunft in Rom

Hauptberuflich hat sie die vergangenen Jahre als Mediengestalterin in einer Werbeagentur in Offenbach gearbeitet. Ihre Expertise kann sie nun auch bei der Garde einbringen. Den Garde-Kalender 2024 hat Jessica Krämer gestaltet. Und seit ein paar Tagen gibt es im Shop ein Garde-Memo zu kaufen. In der Zukunft macht sich Jessica Krämer vielleicht ganz als Fotografin selbständig. «Ich kann mir vorstellen, einen zweiten Wohnsitz in Rom zu haben», sagt sie. Zu tun gibt es für sie dort einiges. Auf die Schweizergarde kommen mit dem Neubau der Kaserne grosse Veränderungen zu. Auch dieses Kapitel wird die Fotografin mit ihrer Kamera dokumentieren.

Von den jungen Gardisten, die sich mit Ernsthaftigkeit ihrer Aufgabe stellen, den Papst zu beschützen, hält sie viel. «Die Jungs lernen schnell, viel Verantwortung zu übernehmen, sie sind reflektiert und diszipliniert», sagt Jessica Krämer. Mit ihren Bildern will sie die Schweizergardisten noch bekannter machen. Als Frau in dieser Männerwelt habe sie sich nie ausgeschlossen gefühlt. Vielleicht sei es manchmal sogar ein Vorteil gewesen, sagt sie lachend. Dass Jessica Krämer fliessend Italienisch spricht, hat zu ihrem Erfolg beigetragen.

Vereidigung

Hinter ihr liegt ein intensives Wochenende mit der Vereidigung der 23 neuen Gardisten. Im blauen Hosenanzug bewegte sich die Fotografin unauffällig mitten im Geschehen. Heute ist sie nicht mehr im Pulk, im abgetrennten Pressebereich, sondern darf sich frei bewegen. Die grossen Teleobjektive erlaubten es ihr, den gebührenden Abstand zu ihren Protagonisten zu halten. Das sei wichtig im Vatikan, sagt die Fotografin.

Zu den Höhepunkten im Vatikan gehört die Wahl von Papst Franziskus am 13. März 2013. Das Datum weiss sie auswendig. Den Moment, als sie in der Menschenmenge auf dem Petersplatz den weissen Rauch aus dem Kamin aufsteigen sah und die Menge schrie, wird sie niemals vergessen. Ihre Grossmutter hat Recht behalten. Rom, der Vatikan und die Schweizergarde gefallen Jessica Krämer sehr.

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Abonnieren Sie unseren Newsletter. Er erscheint alternierend zur Printausgabe alle zwei Wochen – immer mit den aktuellsten Horizonte-Geschichten und oftmals spannenden Verlosungen.